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- DAZ 33/2007
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Arzneimittelanwendung
Vom Trockensaft zum Heilmittel – (k)ein Kinderspiel
In die Gestaltung der Beratungshilfe flossen vor allem Erfahrungen aus der Apothekenpraxis ein, wo in erster Linie Eltern an genauen Informationen zu flüssigen Antibiotika ihrer Kinder interessiert sind. Da sich häufig gestellte Fragen nicht immer direkt mit einem Blick in die Fachinformation oder in den Computer klären lassen, ermöglicht die alphabetisch geordnete Übersicht schnelle Auskünfte und hilft, methodische Anwendungsfehler zu vermeiden.
Welches Antibiotikum vom Arzt zur Behandlung ausgewählt wird, richtet sich vorrangig nach der Art des Erregers. Der eigentliche Therapieerfolg wird jedoch auch ganz wesentlich durch Kinder mit beeinflusst, denn ungeliebte Aromen können bei den kleinen Patienten zu einer unzureichenden Compliance führen. Da das Geschmacksempfinden bereits in sehr jungen Jahren gut entwickelt ist, reagieren Kinder sensibel auf Bitterstoffe oder gesüßte Zubereitungen. Eine bundesweite Studie von Hoppe et al. aus dem Jahr 1999 macht deutlich, dass bis zu 30% der kleinen Patienten weigern, eine Antibiotikabehandlung fortzusetzen – nicht zuletzt aufgrund des vermeintlich ekligen Geschmacks. Annährend allen handelsüblichen Trockensäften sind heute kombinierte Frucht- oder Vanillearomen zugesetzt, wodurch die wirkstoffspezifischen Eigengerüche ausgeblendet und die kindliche Akzeptanz entsprechend den individuellen geschmacklichen Vorlieben gefördert werden soll.
Ganz ungerührt schütteln
Um die Haltbarkeit peroral anzuwendender Arzneistoffe in Wasser zu erhöhen und eine Ausbildung schwer aufschüttelbarer Sedimente zu vermeiden, sind Antibiotika-haltige Präparate für Kinder in den meisten Fällen als Trockensaft im Handel. Im Interesse einer besseren Dispergierbarkeit sind die Wirkstoffe häufig mikronisiert und sprühgetrocknet und werden durch Zugabe eines Lösungsmittels unmittelbar vor der ersten Anwendung in eine Suspension überführt. Dafür wird in der Regel als Flüssigkeitszusatz Wasser verwendet. Hier ist Leitungswasser geeignet, da es Raumtemperatur hat, kohlensäurearm ist und eine einwandfreie chemische und mikrobiologische Qualität aufweist. Je nach Präparat sind zum Auffüllen des enthaltenen Trockenpulvers unterschiedliche Volumina auf den Gefäßen gekennzeichnet, entweder als Ringmarkierung im Glas oder Strichbegrenzung am Etikett. Vereinzelt ist dem Trockensaft ein Messbecher mit entsprechender Markierung beigefügt. Aufgrund des meist hohen Schüttvolumens empfiehlt sich ein Aufschütteln des Pulverbettes vor der Zubereitung. Anschließend sollte das Wasser portionsweise bis zum vorgegebenen Endvolumen hinzu gegeben werden. So werden Lufteinschlüsse und damit Dosierungsfehler verhindert. Intensives Schütteln nach jedem Schritt ist Bedingung. Bilden sich mehr oder weniger stabile Schäume, so sollte vor einer Weiterverarbeitung abgewartet werden, bis sie sich aufgelöst haben, um Dosierfehler zu vermeiden. Besonders manche Amoxicillin-haltige Präparate neigen zur Ausbildung starker und stabiler Schüttelschäume. Erst wenn diese vollständig gebrochen sind, darf endgültig bis zur entsprechenden Markierung aufgefüllt werden. Dabei darf die entsprechende Strichmarkierung, die auf der Flasche oder auf dem Etikett angebracht sein kann, nicht mit den Linien verwechselt werden, die Teil des Etikettenlayouts sind.
Dosierhilfen als mögliche Fehlerquelle
Obwohl man heutzutage bei der Dosierung der Säfte nicht mehr auf die Benutzung von Haushaltslöffeln angewiesen ist, die in ihrem Fassungsvermögen doch stark variieren können, sind beim Abmessen der verordneten Antibiotikamengen mit den beigefügten Dosierhilfen auch viele Fehler möglich. So gestaltet sich der Einsatz von Messlöffeln als schwierig, da übliche Einmalgaben von 4 oder 5 ml häufig erst mit einer kompletten Füllung des Messlöffels bis zum Rand erreicht werden. Aus Angst, den vollen Löffel nicht zielgenau und ohne etwas zu verschütten in den Mund zu bringen, tragen die Anwender deshalb eher weniger Flüssigkeit auf den Löffel auf. So kann es zu einer Unterdosierung kommen.
Säfte mit hoher Oberflächenspannung bergen wiederum das Risiko der Überdosierung in sich, da sich aufgrund starker Kohäsionskräfte eine über den Löffelrand gewölbte Flüssigkeitsoberfläche bilden kann. Als vorteilhafter erweisen sich graduierte Messbecher. Sie sind meist standfester und gewährleisten eine geringere Streuung der abgemessenen Arzneimittelmengen um einen Sollwert. Allerdings beziehen sich die angegebenen Skalenwerte der Messbecher auf die in den Becher eingegossene Flüssigkeitsmenge und nicht auf die im Endeffekt bei der Einnahme ausfließende Saftmenge. Höher visköse Flüssigkeiten können im Messbecher verbleiben und werden daher oft unterdosiert.
Besonders genau und unabhängig von ihrer Beschaffenheit lassen sich kleine Suspensionsvolumina mit Hilfe von Einmalspritzen (ohne Kanüle) oder spezieller oraler Dosierspritzen abmessen. Gerade in der Pädiatrie sind oft minimale Mengen erforderlich, wobei gerade für kleinere Kinder Überdosierungen gefährlich sein können. Einige Hersteller Antibiotika-haltiger Trockensäfte haben ihren Präparaten daher entsprechende Dosierspritzen beigefügt. Teilweise sind diese mit zusätzlichen Flaschenadaptern und kindgerechtem Zubehör ausgestattet. Mittels Dosierspritze kann das flüssige Arzneimittel direkt in den Mund des Kindes gegeben werden. Dabei sollte die Dosierspritze an der Innenseite der Wange entleert werden, wodurch sich ein Würge- oder Hustenreiz mit sofortigem Ausspucken vermeiden lässt. Beim Einsatz ölhaltiger Fertigsuspensionen sollte auf das übliche Nachspülen mit wasserhaltigen Getränken verzichtet werden. Die lipophilen Grundlagen zeigen aufgrund der als Trägermedium enthaltenen mittelkettigen Triglyceride nur geringe Mischbarkeit mit hydrophilen Flüssigkeiten.
Nicht alle mögen‘s kühl
Wegen des hohen Wasseranteils der zubereiteten Trockensäfte ist ihre Haltbarkeit auf nur kurze Zeit begrenzt. Je nach Präparat bewegen sich die Aufbrauchsfristen zwischen fünf und 14 Tagen, wobei ihre Aufbewahrung in der Regel bei Temperaturen unter 8°C erfolgen sollte. Einige Antibiotika-haltige Suspensionen gehören jedoch nicht in den Kühlschrank, da durch Zusatz von Verdickungsmitteln (z. B. Aluminiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid) die Viskosität bei niedrigen Temperaturen ansteigt und ein ordnungsgemäßes Dosieren dann nicht mehr gewährleistet ist. Auch Säfte mit dem Wirkstoff Clarithromycin erfordern eine Lagerung bei Raumtemperatur, denn die Substanz löst sich vorzugsweise bei kühleren Werten und verbreitet einen bitteren Geschmack, sobald auch nur Spuren aus der mikroverkapselten Form in Lösung gehen. Die meisten antibiotischen Fertigpräparate mit öligen Grundlagen können bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Ihre Haltbarkeit beträgt meist mehrere Monate und liegt deutlich über der der wasserhaltigen Säfte.
Durch eine fachgerechte Unterweisung von Eltern junger Patienten können Anwendungsfehler vermieden und der Therapieerfolg mit flüssigen Antibiotika deutlich gesteigert werden. Neben der umfassenden Beratung bietet sich die korrekte Zubereitung der Suspensionen als eine Serviceleistung aus der Apotheke an.
QuelleKircher, W.: Arzneiformen richtig anwenden. 3. Auflg., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart (2007).
Beratungshilfe Antibiotika-Tabelle. Qualitätszirkel Pharmazeutische Betreuung München 2007.
Apothekerin Franziska Wartenberg- Manche Nasskeime wachsen in jeder Wasserqualität und können den Abbau von Arzneistoffen bewirken – daher bei der Zubereitung von Suspensionen nur frisch aus der Leitung entnommenes Wasser verwenden.
- Das Datum der Herstellung gehört auf die Flasche.
- Der Kunde sollte sowohl auf ein stetes Schütteln vor Gebrauch der Suspension als auch die begrenzte Haltbarkeit des zubereiteten Saftes hingewiesen werden. Genaue Anweisungen zur korrekten Lagerungstemperatur sind für die Wirksamkeit wichtig!
- Individuell verordnete Volumina lassen sich in der Apotheke auf Messbechern und Dosierspritzen gut mit einem wasserfesten Filzstift markieren.
- Kindersichere Verschlüsse haben ihren Sinn, auch wenn sie nicht selten den Erwachsenen Probleme beim Öffnen bereiten. Das Auswechseln des Originalverschlusses gegen einen einfachen Drehverschluss durch die Apotheke ist nicht gestattet.
- Präparate, deren Flaschen bis zu einer Volumenmarkierung mit Trinkwasser aufzufüllen sind,
- Präparate, bei denen die zuzugebende Menge Trinkwasser mit einem beigepackten Messbecher abgeteilt wird und
- Präparate, bei denen das zuzugebende wässrige Lösungsmittel oder die organische Trägerflüssigkeit beigepackt sind.
- eine Glasnoppe, eine ringförmige Rille oder eine weiße Strichmarkierung in oder auf der Flaschenwandung,
- ein auf das Papieretikett gedruckter Strich oder/und ein graphisches Element (z. B. Pfeil), der obere Rand des Etiketts.
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