Arzneimittel und Therapie

Frühes Mammakarzinom

Prämenopausale Therapie mit LHRH-Agonisten als Ergänzung

In einer Meta-Analyse wurde die Therapie mit LHRH-Agonisten bei Frauen vor der Menopause mit einem frühen Mammakarzinom positiv bewertet: Bei prämenopausalen Frauen mit hormonempfindlichem Brustkrebs kann ein zusätzliches LHRH-Analogon eine sinnvolle Ergänzung sein. Über die optimale Behandlungsdauer herrscht noch Unklarheit.

Die Mehrzahl aller Mammakarzinome zeigt ein Estrogen-abhängiges Wachstum. In diesen Fällen wird eine endokrine Therapie durchgeführt, die sich nach dem Menopausenstatus richtet. Nach der Menopause, wenn die Ovarialfunktion erloschen ist, werden bevorzugt Aromatase-Hemmer oder Tamoxifen eingesetzt; vor der Menopause bietet sich eine Unterdrückung der Ovarialfunktion an. Eine Kastration, das heißt eine chirurgische Entfernung der Ovarien zur Unterdrückung der Hormonproduktion wurde bereits vor mehr als 100 Jahren durchgeführt. Heute wird der Hormonentzug medikamentös induziert. Dies kann durch eine Blockade des Estrogenrezeptors mit Hilfe selektiver Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs) wie etwa Tamoxifen oder durch eine Downregulation des Estrogenspiegels mit Hilfe von LHRH-Analoga erfolgen. Ob sich die medikamentöse Ovarialablation tatsächlich in einem Benefit für die Patientin niederschlägt, wurde in zahlreichen Einzelstudien untersucht und wird bis heute unterschiedlich beurteilt. Um klarere Aussagen über den Stellenwert einer prämenopausalen Therapie mit LHRH-Agonisten treffen zu können, führte eine englische Arbeitsgruppe eine Meta-Analyse mit den entsprechenden Studien durch. Primäre Studienendpunkte waren das Wiederaufteten des Tumors und der Tod aufgrund der Krebserkrankung.

Insgesamt konnten aus 16 Studien die Daten von 11.906 prämenopausalen Frauen mit einer frühen Brustkrebserkrankung ausgewertet werden, die nach unterschiedlichen Therapieschemata behandelt worden waren, so etwa:

  • LHRH-Agonisten als alleinige Therapie
  • LHRH-Agonist plus Tamoxifen und/oder plus Chemotherapie
  • LHRH-Agonist versus Chemotherapie

Die Meta-Analyse der Studien führte zu folgenden Ergebnissen:

  • Durch die alleinige Therapie mit LHRH-Agonisten wurden Rezidiv- und Todesrate nicht signifikant reduziert. So nahm die Rezidivrate zwar um 28,4% (p = 0,08) und die Mortalitätsrate nach Rezidiv um 17,8% (p = 0,49) ab, erreichte aber keine statistische Signifikanz.
  • Die Zugabe von LHRH-Agonisten zu Tamoxifen, Chemotherapie oder beidem reduzierte die Rezidivrate um 12,7% (p = 0,02) und die Todesrate nach Rezidiv um 15,1% (p = 0,03).
  • Im Vergleich zur Chemotherapie waren die LHRH-Agonisten gleich effektiv. Die Rezidivrate nahm um 3,9% zu, die Mortalitätsrate nach einem Rezidiv um 6,7% ab.
  • In keiner Studie wurden LHRH-Agonisten plus Tamoxifen versus Chemotherapie plus Tamoxifen miteinander verglichen.
  • LHRH-Agonisten zeigten bei Hormonrezeptor-negativen Tumoren keine Wirkung.
  • Der Benefit einer systemischen Therapie mit LHRH-Agonisten war bei jüngeren Frauen größer als bei Frauen über 40 Jahren.

Konsequenzen für die Praxis

Zwei Kommentatoren befassen sich ausführlicher mit dem Ergebnis dieser Meta-Analyse und unterstreichen dabei den Nutzen einer Therapie mit LHRH-Agonisten bei Vorliegen eines Hormonrezeptor-positiven Tumors. Doch wie soll man in der Praxis vorgehen? Therapie mit LHRH-Agonisten alleine? Endokrine Therapie statt Chemotherapie? LHRH-Agonisten zusammen mit Tamoxifen und einer Chemotherapie? Die Entscheidung wird individuell getroffen werden müssen. Für Frauen mit einem geringen Risiko kann die Gabe eines LHRH-Agonisten eine Alternative zur Chemotherapie sein, zumal die endokrine Therapie besser verträglich ist. Bei Frauen mit einem hohen Risiko sollte einer Chemotherapie, gefolgt von der Tamoxifengabe der Vorzug gegeben werden. Bleibt unter der Therapie der Prämenopausenstatus bestehen, kann zusätzlich ein LHRH-Agonist eingesetzt werden. Über die optimale Behandlungsdauer besteht noch kein Konsens.

Quelle

Cuzick J., et al.: Use of luteinising-hormone-releasing hormone agonists as adjuvant treatment in premenopausal patients with hormone-receptor-positive breast cancer: a meta-analysis of individual patient data from randomised adjuvant trials. Lancet 369, 1711-1723 (2007).

Wilcken N., et al.: Ovarian suppression for early breast cancer. Lancet 369, 1668-1669 (2007).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
  • Luteinisierendes Hormon-Releasing-Hormon (LHRH) - weitere Bezeichnungen sind Gonadorelin oder Gonadotropin releasing hormone (GnRH) - wird im Hypothalamus gebildet und gelangt über den portalen Kreislauf zum Hypophysenvorderlappen und löst dort die Freisetzung der Gonadotropine LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) aus.
  • LHRH-Agonisten führen zu einer Überstimulation der Gonadorelin-Rezeptoren mit nachfolgender Desensibilisierung der Zellen und Reduktion der FSH- und LH-Freisetzung. Die pathologische Rezeptorstimulation zeigt zu Beginn eine agonistische Wirkung, die sich in einer vermehrten Bildung von Sexualhormonen zeigt. Anschließend nimmt die Empfindlichkeit des Rezeptorsystems ab, es kommt zur Hormonblockade, und die Werte der Sexualhormone (Testosteron, Estrogen) sinken auf Kastrationsniveau. LHRH-Analoga werden unter anderem beim Prostatakarzinom, bei Brustkrebs und bei einer Endometriose eingesetzt.
  • Goserelin (Zoladex®) ist ein Gonadorelin-Analoga mit einer höheren Rezeptoraffinität und stärkerer biologischer Wirkung als Gonadorelin. Nach einem anfänglichen Anstieg der Testosteron- und Estrogenwerte wird durch Downregulation die Estrogen- und Testosteronbildung unterdrückt.
  • Hormonrezeptoren Beim Mammakarzinom finden sich die klassischen Hormonrezeptoren für Estrogen und Progesteron (ER- und PgR-Rezeptoren). Estrogenrezeptoren werden wiederum in Estrogen-alpha- und Estrogen-beta-Rezeptoren unterteilt. Daneben gibt es den HER-2-neu Rezeptor und verschiedene Rezeptorproteine mit unklarer klinischer Relevanz. Prämenopausal weisen ungefähr 50 bis 60% der Tumoren der Patientinnen, postmenopausal 70 bis 80% Estrogenrezeptoren auf. Ein rezeptorpositiver Status ist prognostisch günstiger als ein negativer Status. Bei einem Hormonrezeptor-negativen Status ist eine endokrine Therapie nutzlos; ein hoher Rezeptorstatus bedeutet eine höhere Ansprechwahrscheinlichkeit auf antihormonelle Therapien.
Mammakarzinom Die Produktion von Östrogenen kann das Wachstum von Brustkrebszellen fördern. Das im Hypophysenvorderlappen produzierte Luteinisierende Hormon (LH) stimuliert die Ovulation sowie die Östrogenproduktion. LHRH-Agonisten imitieren diese Moleküle: Sie binden am selben Rezeptor der Hypophyse und hemmen somit das Signal zur Östrogenproduktion in den Ovarien.
Foto: Novartis

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