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DAZ aktuell
Landessozialgericht Hamburg
Enge Grenzen für Informationen über Versandapotheken
HAMBURG (tmb). Am 1. August hatte das Landessozialgericht Hamburg ein Urteil des Hamburger Sozialgerichts bestätigt, das der City BKK untersagt, für die Versandapotheke DocMorris zu werben (siehe DAZ Nr. 32/2007, S. 30). Die inzwischen vorliegenden Urteilsgründe verdeutlichen die Unterschiede zwischen zulässiger Information und unzulässiger Werbung und setzen den Krankenversicherungen dabei enge Grenzen.
Obwohl das streitgegenständliche Schreiben der CityBKK aus dem September 2001 stammt, zog das Gericht den am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen neuen Hamburger Arzneiliefervertrag für die Primärkassen als Prüfungsmaßstab heran. Denn die Verurteilung zur Unterlassung eines bestimmten Handelns sei in die Zukunft gerichtet. Im neuen Arzneiliefervertrag heißt es: "Die Versicherten und Vertragsärzte dürfen weder von den Apotheken hinsichtlich der Verordnung bestimmter Mittel noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken oder anderer Lieferanten mittelbar oder unmittelbar beeinflusst werden."
Davon ausgehend stellt die Urteilsbegründung wesentlich auf den Begriff der Beeinflussung ab. Dazu führt das Gericht aus: "Eine Beeinflussung setzt weder Willkür voraus noch erfordert sie eine Sanktionsmöglichkeit, wenn ihr nicht gefolgt wird; vielmehr ist sie schlicht ein Tun, das auf die Steuerung des Verhaltens eines Dritten zielt. Mit der werbenden Nahelegung aktiver Mithilfe bei der Kostenreduzierung durch den Bezug von Medikamenten durch Apotheken im Ausland und dem konkreten Hinweis auf DocMorris handelt es sich vorliegend sogar in diesem Sinne um eine unmittelbare Beeinflussung der Versicherten zugunsten von DocMorris." Der Bezug bei DocMorris werde im Einzelnen erläutert, zudem würden die Versicherten durch den Verzicht auf Zuzahlungen motiviert. Der abschließende Hinweis auf die freie Apothekenwahl sei dagegen nur eine Selbstverständlichkeit und nehme der Beeinflussung nichts von ihrer Deutlichkeit. Zudem fehle ein Hinweis, dass deutsche Apotheken nicht auf die Zuzahlung verzichten dürfen. Die Beeinflussung sei vertragswidrig. Die Loyalitätspflicht beschränke sich nicht darauf, Hinweise auf einzelne Hamburger Apotheken zu unterlassen, sondern es gehe "um den Schutz der vom Vertrag erfassten Apotheken schlechthin vor den mit einer Marktmacht ausgestatteten Krankenkassen".
Das Gericht verwarf die von der beklagten Krankenkasse angeführten Rechtfertigungsargumente. So sei es unerheblich, ob der Hinweis auf den Versandhandel zur Kostenreduzierung nützlich sei. Außerdem sei "nicht ersichtlich, woraus eine gesetzliche Pflicht der Beklagten folgen sollte, ihre Versicherten auf eine bestimmte, namentlich genannte Apotheke hinzuweisen". Die Zulassung des Arzneimittelversandhandels ändere nichts an der Vertragswidrigkeit der Beeinflussung. Es liege auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor. Denn die nunmehr zulässige Vereinbarung der beklagten Krankenkasse mit DocMorris besage nichts für die Frage, ob eine vertraglich vereinbarte Verpflichtung, beeinflussende Hinweise zu unterlassen, rechtswidrig sei. Die getroffene Entscheidung untersage der Krankenkasse hingegen nicht, "ihre Versicherten darüber zu informieren, sie habe mit DocMorris oder einer anderen Apotheke einen Vertrag geschlossen." Untersagt werde ihr "eine Beeinflussung ihrer Versicherten zum Erwerb von Arzneimitteln durch einen werbenden Hinweis auf DocMorris".
Verbände gestärkt
Das Verfahren war vom Hamburger Apothekerverein angestrengt worden. Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, erklärte gegenüber der DAZ, das Gericht habe mit seiner Entscheidung ausgehend vom Rechtsgrundsatz "pacta sunt servanda" die Vertragshoheit der Verbände gestärkt. Er verwies auf die große Bedeutung der Wohlverhaltensklausel, die in die neue Fassung des Arzneiliefervertrages übernommen wurde. Als günstig habe sich auch die Position des Vereins erwiesen, mit allen Primärkassen weiterhin nur einen gemeinsamen Liefervertrag abzuschließen. Peter Brinkmann, Geschäftsführer des Hamburger Apothekervereins, hob die Deutlichkeit der Formulierungen in der Urteilsbegründung hervor. Da die Kammer unter dem Vorsitz des Präsidenten des Landessozialgerichts stand, sollte das Urteil auch für andere Bundesländer Orientierung bieten.
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