Feuilleton

Rezension

Grenzgänge – Albert Hofmann zum 100. Geburtstag

Fällt der Name Albert Hofmann, so denken wohl die meisten an den Entdecker des LSD, vielleicht auch an die ersten Selbstversuche Hofmanns und an seine eindrückliche Wiedergabe der psychedelischen Erfahrungen. Doch Leben und Arbeit des nunmehr über Hundertjährigen umfassen ein weit größeres Spektrum als die Chemie der Mutterkornalkaloide.

In der vorliegenden Festschrift zu seinem 100. Geburtstag berichten Freunde und ehemalige Mitarbeiter über den persönlichen Werdegang und die wissenschaftliche Laufbahn von Alfred Hofmann. Bereits die Zusammenstellung der Beiträge, die sich mit kunsthistorischen, philosophischen und chemischen Themen befassen, weist auf die vielseitigen Interessen Hofmanns hin.

Der Mikrobiologe Frank Petersen gibt einen Überblick über die Naturstoffforschung bei Sandoz (später Novartis), die sich von den Mutterkornalkaloiden über die Cyclosporine bis hin zu den Epothilonen (Tubulindepolymerisations-Inhibitoren) in der Krebstherapie erstreckt. Die Chemiker Günter Engel und Rudolf Giger berichten über die Forschungstätigkeit Hofmanns bei Sandoz und wie diese zur Entdeckung des LSD führte.

Der Naturfreund

Zu einem Einblick in das private Leben und biographische Umfeld Hofmanns verhilft der langjährige Weggefährte Werner Huber, der während einiger Jahre in der Abteilung Hofmanns arbeitete und ihn später auf vielen Spaziergängen und botanischen Exkursionen begleitete. Von ihm erfahren wir von der genauen Beobachtungsgabe Hofmanns und seiner Achtung vor der Kreatur und der Schöpfung.

Zwei seiner engen Freunde, der Mediziner und Psychologe Rolf Verres und der Musiker Volker Biesenbender, erläutern die philosophischen Gedanken und die Weltanschauung Hofmanns, die versucht, Mystik und Naturwissenschaft zu verbinden.

Das Antoniusfeuer in der Kunst

Eine kunsthistorische Untersuchung zur bildlichen Darstellung des Mutterkorns im Mittelalter von Günter Engel beschließt das Buch. Dieser letzte Beitrag der Festschrift trägt den Titel "Das Antoniusfeuer in der Kunst des Mittelalters: die Antoniter und ihr ganzheitlicher Therapieansatz". Er erläutert zum einen die Darstellung des Ergotismus ("Antoniusfeuer") in der Kunst mit Beispielen aus den Werken von Hieronymus Bosch und Matthias Grünewalds und geht zum andern auf die therapeutischen Ansätze der Antoniter ein, eines Krankenpflegeordens, der sich insbesondere der Betreuung von Patienten mit Ergotismus widmete. Und hier könnte man eine kleine Parallele zu Hofmann sehen: Wie die Antoniter ein ganzheitliches Therapiekonzept verfolgt haben, so befasst sich auch Hofmann mit den stofflichen und spirituellen Seiten der Natur – ein Grenzgänger.

Die reich bebilderte und in englisch und deutsch verfasste Festschrift gibt nicht nur Einblicke in das reiche Leben eines berühmten Chemikers, sondern streift neben Fakten zur Arzneimittelgeschichte und wissenschaftlichen Fragen auch kunst- und medizinhistorische Themen, was ihren besonderen Reiz ausmacht. <

Dr. Petra Jungmayr
Günter Engel und Paul Herrling (Hrsg.)
Grenzgänge – Albert Hofmann zum 100. Geburtstag.
Exploring the frontiers – in celebration of Albert Hofmann‘s 100th birthday.
228 Seiten, 118 Abb., 33,50 Euro
Schwabe Verlag, Basel 2006. ISBN 3-7965-2210-6
Albert Hofmann – eins mit der Natur. Gemaltes Porträt des LSD-Entdeckers.

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