Deutscher Apothekertag 2007

Kurzes Gedächtnis

Erinnern Sie sich noch an die Demonstrationen unseres Berufsstandes im November 2006? Es ist noch nicht mal ein Jahr her, seit Tausende von Apothekenangestellten – auf ausdrücklichen Wunsch der Apothekenleiter und gemeinsam mit diesen – in Leipzig, München, Hamburg und Düsseldorf auf die Straße gingen. ABDA und ADEXA in einem Boot zu sehen – was für ein hoffnungsvolles Schlaglicht!
Leider scheint auf ABDA-Seite das Gedächtnis mega-kurz zu sein. Dass die Apothekengewerkschaft nicht nur nützlich ist, um die eigenen Interessen zu stärken, sondern vor allem ein Partner mit Signalwirkung an die Politik sein kann, war zumindest jetzt in Düsseldorf schon wieder vergessen. Oder wie ist es zu erklären, dass die ABDA gemeinsam mit zahlreichen Verbänden aus dem Bereich der Arzneimittelhersteller, der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine "Düsseldorfer Erklärung" (siehe Seite 24) unterzeichnete und nach außen trug, ohne den ADEXA-Vorstand auch nur zu fragen, ob man sich an der Initiative beteiligen wolle?
Überhaupt waren die mehr als 120.000 Apothekenmitarbeiter, mit denen man sich bei passender Gelegenheit gerne brüstet, der diesjährigen Hauptversammlung weniger als eine Diskussionsminute wert. Den einzigen Hinweis, man möge auch mal an die Situation weiblicher Approbierter denken, gab eine bayerische Delegierte in der Debatte um eine mögliche Weiterbildungspflicht für den Berufsnachwuchs (die letztlich abgelehnt wurde). Vermisst habe ich eine hinreichende Wertschätzung der Apothekenangestellten im Lagebericht des ABDA-Präsidenten Heinz-Günter Wolf und im Bericht des Hauptgeschäftsführers Dr. Hans-Jürgen Seitz. Zwar sprach Wolf den "Apothekern und den Mitarbeitern" kurz seine "Hochachtung" dafür aus, dass die im Zusammenhang mit den Rabattverträgen notwendigen Datensätze "in jedem akuten Einzelfall" angewendet und dem Patienten "fachkundig" vermittelt würden. Doch ausgedruckt waren das gerade mal zwei Zeilen auf einem elf Seiten umfassenden Redemanuskript. Auch Seitz erwähnte einmal die "Apothekenmitarbeiter vor Ort", die "die Hauptlast der Umsetzung der Rabattverträge tragen". Und immerhin bedankte er sich am Ende seines Berichts bei seinen Zuhörern, dass "Sie persönlich und Ihre Teams" einen entscheidenden Beitrag für die Positionierung der Apotheken in Politik und Gesellschaft leisten. Doch das war alles.
Zweimal verwies Seitz jedoch auf die über 140.000 steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, die Deutschlands Apotheken bieten, sowie ebenfalls zweimal auf den geringen (und sinkenden) Kostenanteil, den die Apotheken aus dem großen GKV-Kuchen für sich verbuchen. Gerechterweise müsste man hinzufügen, dass diese niedrigen Kosten nur möglich sind, weil überwiegend Frauen zu im Vergleich mit anderen Branchen extrem niedrigen Tarifen und zudem teilzeitbeschäftigt für Gehälter arbeiten, die in vielen Fällen keine eigenständige Lebensführung ermöglichen und nur deshalb toleriert werden, weil es sich um (die bei Frauen leider üblichen) "Zuverdienste" handelt. Dass auch die geringen Gehälter einmal auf den Prüfstand gehören, wenn es um die zurecht immer wieder geführte pharmazeutische Qualitätsdiskussion geht, ist ein weiterer Aspekt.
Ein paar Anerkennungsworte mehr, auch das gedankliche Einbeziehen der täglich erbrachten Leistung von Apothekenmitarbeitern in alle Diskussionen, kostet kein Geld, es verlangt nur eine mitarbeiterfreundliche Einstellung. Die hätte sowohl dem ABDA-Vorstand als auch der Hauptversammlung gut angestanden. Die zahlenmäßig stark dominierenden Apothekenleiter unter den Delegierten sollten mal daran denken, dass es ihre Angestellten sind, die ihnen ihr berufspolitisches Engagement, Ehrenämter und Ämterehren sowie Präsidenten- und Vorstandstitel erst ermöglichen. Die wenigen Angestellten, die sich in der Hauptversammlung verstecken, sollten dagegen mal Flagge zeigen. Und damit das Bild korrigieren, das das "Apothekerparlament" derzeit bietet: nämlich ein Forum von Selbstständigen zu sein, die hinsichtlich ihrer Mitarbeiter ein kurzes Gedächtnis haben.
Reinhild Berger

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