Deutscher Apothekertag 2007

Stimmungsmache

Alarmsignale aus der GKV: Im ersten Halbjahr 2007 seien die Arzneimittelausgaben um 5,2% gestiegen. Potzblitz. Doch welche Stimmungsmache!
Erstens ist dabei nicht berücksichtigt, dass die Mehrwertsteuer auf Humanarzneimittel – ohnehin schon einer der Spitzenwerte in Europa – um weitere drei Prozentpunkte angehoben wurde. Das erklärt schon ziemlich genau die Hälfte der Mehrausgaben. Auf das Jahr hochgerechnet wird dabei die GKV mit gut 600 Mio. Euro belastet. Ihre Ausgaben würden in diesem Jahr allein durch die Mehrwertsteuermehrbelastung von 23,9 auf 24,5 Mrd. Euro steigen.
Zweitens sind die Minderausgaben durch die zwischen Kassen und Herstellern ausgehandelten Rabattverträge nicht eingepreist. Das ist allerdings auch schwierig. Denn es wird geheim gehalten, wie viel dadurch eingespart wurde und wird. Diese Intransparenz hat einen ganz besonderen haut goût.
Drittens fehlen der GKV Einnahmen, weil in vielen Fällen – vom Gesetzgeber ermöglicht und erwünscht – auf die Zuzahlungen durch die Patienten verzichtet wurde. Der Trend zur Reduktion der Selbstbeteiligung setzt sich in 2007 fort. 1998 trugen die Patienten noch mit einem Spitzenwert von 2,76 Mrd. Euro zur GKV-Arzneimittelfinanzierung bei, zwischen 2004 (2,31 Mrd. Euro) und 2006 (1,98 Mrd, Euro) sank der Wert schon beträchtlich.
In den GKV-Ausgaben für Arzneimittel (23,9 Mrd. Euro) steckten in 2006 noch 3,3 Mrd. Euro an Mehrwertsteuer. Durch die Erhöhung der MwSt. erhielte der Staat, wenn die GKV-Nettoausgaben für Arzneimittel unverändert blieben, schon 3,9 Mrd. Euro. Auf die Apotheken entfielen unter der gleichen Voraussetzung in 2006 ebenfalls gut 3,9 Mrd. Euro (2,6 % von 147,58 Mrd. GKV-Gesamtausgaben), die aber wegen der Erhöhung des Kassenrabattes (von 2 Euro auf 2,30 Euro je Packung) noch um 160 Mio. Euro auf knapp 3,8 Mrd. Euro zu reduzieren sind. Deshalb ist es nicht gewagt zu prognostizieren, dass der Rohertrag, den die Apotheken für die Versorgung ihrer GKV-Patienten erhalten, im Jahr 2007 erstmals unter dem Mehrwertsteueraufkommen liegen wird, das Väterchen Staat über die Arzneimittelausgaben für GKV-Patienten "verdient" – besser: abschöpft.
Klaus G. Brauer

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