Rein pflanzlich, aber wirksam!

Der im Wesentlichen von dem bekannten Pharmazeutischen Biologen Heinz Schilcher erarbeitete "Leitfaden Phytotherapie" hat sich seit seinem ersten Erscheinen im Jahr 2000 schnell zu einem Standardwerk entwickelt, das im Unterschied zu vielen anderen Publikationen der "grünen" Medizin einer rational begründeten Phytotherapie verpflichtet ist. Die aktualisierte und erweiterte dritte Auflage des "Leitfaden" stellt sicher, dass er auch in den nächsten Jahren "der" Leitfaden schlechthin bleiben wird. Nachdem die Nachzulassung der Phytopharmaka beendet ist und in den Produktpaletten der Hersteller beträchtliche Änderungen eingetreten sind, haben die Autoren sämtliche Angaben zu den pflanzlichen Fertigarzneimitteln auf den neuesten Stand gebracht. Das gleiche gilt für die wissenschaftlichen Grundlagen der Phytotherapie: Die Autoren kennen, zitieren und interpretieren die wichtigen aktuellen Studien sowohl zur Pharmakologie der Arzneidrogen als auch zur Klinik bestimmter Präparate.

Das knapp 300 Seiten starke Kapitel "Pflanzenprofile" ist mehr als eine chemisch-pharmakologisch-therapeutische Charakterisierung der bei uns gebräuchlichen Arzneipflanzen; sie stellt auch eine kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Entwicklungen dar. Die Autoren haben hier z. B. auch den Rotklee wegen seiner östrogenen, antikanzerogenen Wirkungen mit aufgenommen, obwohl keine entsprechenden Arzneimittel zugelassen sind.

Der Hauptteil des Leitfadens besteht aus 13 Indikationsgebieten, die an Hand von Leitfarben leicht aufzufinden sind. In weiteren Untergliederungen sind die jeweils indizierten Arzneidrogen in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Diese Texte informieren über die Darreichungsformen und die Fertigarzneimittel (sofern vorhanden) und enthalten darüber hinaus bei den wichtigsten Drogen eine Fülle von Informationen, die übersichtlich präsentiert werden:

  • Achtung-Kästen enthalten Warnhinweise, z.B. bezüglich Kontraindikationen, Indikationseinschränkungen oder auch der Illegalität bestimmter Präparate, die hier nicht zugelassen, aber dennoch im Handel sind.
  • Tipp-Kästen geben Empfehlung für die therapeutische Anwendung. Die Autoren treten hier durchaus selbstbewusst und souverän auf: Sie widersprechen in gut begründeten Fällen den (stellenweise überholten) Monographien der Kommission E, z. B. wenn sie Schwangeren zur Einnahme von Ingwer gegen Erbrechen raten. Oder sie kritisieren (Fehl-) Entscheidungen des BfArM wie den Widerruf der Zulassung von Kava-Kava-Präparaten. Teilweise implizieren die Empfehlungen der Tipp-Kästen einen Warnhinweise, so etwa die Empfehlung von garantiert Pyrrolizidinalkaloid-freien oder -armen Zubereitungen anstelle von Präparaten fragwürdiger Qualität.
  • Volksheilkunde-Kästen verweisen auf bewährte volkstümliche Zubereitungen (z. B. Enzianwein) oder Anwendungen (z. B. Pfefferminzplätzchen bei Übelkeit), die der Apotheker kennen sollte, um sie gegebenenfalls weiterzuempfehlen.
  • Ein grüner Streifen am Seitenrand, der sich manchmal über zwei Druckseiten erstreckt, kennzeichnet Textpassagen, die die Ergebnisse von klinischen Studien, Anwendungsbeobachtungen und ähnlichen Untersuchungen zusammenfassen und im (meist) günstigen Fall die Anwendung der geprüften Präparate auf eine rationale Grundlage stellen.

Hin und wieder billigen die Autoren bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln, die gut dokumentierte Pflanzeninhaltsstoffe enthalten, einen therapeutischen Nutzen zu (was die Hersteller selbst nicht dürfen). Dieses Vorgehen ist vielleicht nicht legitim, aber sicher praxisnah und dürfte vielen Apothekern eine Hilfe bei der Gestaltung ihres Sortiments und bei der Beratung ihrer Kunden sein.

Neu in dieser Auflage ist ein 90 Seiten starkes Kapitel über typische Erkrankungen von Kindern. Es wurde deshalb konzipiert, weil die Phytotherapie in der Kinderheilkunde einen höheren Stellenwert besitzt und auch vom Gesetzgeber gefördert (oder nicht behindert) wird, wie die Verordnungsfähigkeit von Phytopharmaka zu Lasten der GKV zeigt. In diesem Kapitel empfehlen die Autoren ausdrücklich auch ethanolhaltige Präparate, denn die Erfahrung belegt deren Unbedenklichkeit auch für Kinder bei bestimmungsgemäßem Gebrauch.

Fazit: Der Leser findet in dem "Leitfaden" alle nötigen Informationen zur Phytotherapie und darüber hinaus viele wertvolle Tipps. Dieses Buch braucht keine Empfehlung, es empfiehlt sich selbst und wird die ihm gebührende Verbreitung finden.

Dr. Wolfgang Caesar, Stuttgart
Heinz Schilcher, Susanne Kammerer, Tankred Wegener
Leitfaden Phytotherapie

3. Auflage 2007, 1184 Seiten, 230 farb. Abb., 60 Tab., 74,95 Euro
Urban & Fischer, München/Jena. ISBN 978-3-437-55342-4
Per Post: Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart
Per Telefon: 0711 – 2582 341
Per Fax: 0711 – 2582 290
Per Freecall: 0800 – 2990 000 (zum Nulltarif mit Bandaufzeichnung)
Im Internet: www.dav-buchhandlung.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.