Randnotiz
Dass Dextromethorphan (DXM) kein harmloser Hustenstiller ist, ist nicht neu. Ältere Kollegen werden sich gut daran erinnern, dass sich in Deutschland stationierte amerikanische Soldaten gerne mit Dextromethorphan-Hustensaft ins Land der Träume begeben haben. Und auch aus Amerika kommen die wirklich beunruhigenden Meldungen über millionenfachen Missbrauch durch amerikanische Jugendliche, Todesfälle inklusive. Doch wie ist die Situation in Deutschland? Um zu erfahren, wie gut deutsche Jugendliche über die besonderen Eigenschaften des leicht und billig zu beschaffenden Hustenmittels informiert sind, genügt ein Blick ins Internet. Darüber haben die klinische Pharmakologin Professor Stefanie Laer und ihre Mitarbeiter Anfang August in der Deutschen Apotheker Zeitung berichtet (DAZ Nr. 31/2007, S. 42ff). Eine systematische Erfassung von Dextromethorphan-Missbrauchsfällen, so ein Ergebnis ihrer Recherche, findet man in Deutschland nicht.
Nachfragen bei verschiedenen Giftnotrufzentralen in Deutschland im Juni 2007 hatten ein sehr heterogenes Bild ergeben:
In Bonn waren im vergangenen Jahr 122 Anfragen zu Dextromethorphan eingegangen, es gab jedoch nur fünf Meldungen zu einem Missbrauch. Andere Giftnotrufzentralen sprachen von einzelnen Meldungen, ohne eine Zahl angeben zu können.
Nun hat die Sendung Panorama das Thema aufgegriffen. In der am 18. Oktober ausgestrahlten Sendung schilderten zwei deutsche Jugendliche mit DXM-Erfahrung, wie leicht diese Droge zu beschaffen ist und berichteten über ihre Rauscherlebnisse. Eingeblendet wurde die gesamte Präparatepalette, angefangen bei Silomat DMP®
über NeoTussan Hustensaft®
, ratiopharm-Hustenstiller®
bis hin zu Wick MediNait®
• Auch Frau Professor Laer kam zu Wort, sie durfte vor den Gefahren warnen.
Aber auch Panorama hatte das Problem, keine verlässlichen Zahlen zum Missbrauch in Deutschland vorlegen zu können. Die Leiterin des Berliner Giftnotrufs, Ingrid Koch, berichtete in der Sendung von einer neuen Erhebung, nach der jährlich zehn bis 15 Patienten mit massiven DXM-Vergiftungserscheinungen in Kliniken eingeliefert würden. Sie geht von einer hohen Dunkelziffer aus.
Ob die Zahlen nun 100- oder 1000-fach höher sind, darüber lässt sich trefflich spekulieren. In jedem Fall sieht Frau Koch in der Verschreibungspflicht von Dextromethorphan die Lösung des Problems. Auch das BfArM, so war zu erfahren, wolle sich der Problematik annehmen und die Rezeptpflicht prüfen. Denn in den Apotheken sei es kein Problem, die bedürftige Tante oder Oma vorzuschieben, um das gewünschte Präparat zu erhalten. Das war die Botschaft!
Kein Wort darüber, dass die Jugendlichen sich ganz problemlos DXM über das Internet beschaffen können. Selbst wenn es verschreibungspflichtig wäre, es wird sich schon eine Internetapotheke finden, die auf die Rezeptvorlage verzichtet. Das zeigen die zahllosen Beispiele von Viagra bis hin zu Dopingmitteln. Hier kann nur ein Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einen Riegel vorschieben.
In der Apotheke können wir nicht auf solche Gesetzesänderungen warten. Die Jugendlichen müssen schon jetzt vor den Gefahren gewarnt werden, die Beschaffung muss ihnen zumindest in der Apotheke erschwert werden! Unsere Botschaft kann nur sein: Keine Abgabe von Dextromethorphan-haltigen Hustenmitteln an Kinder und Jugendliche!
DAZ-Redaktion
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