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Aus Kammern und Verbänden
Apothekerverband Schleswig-Holstein
Ausschreibungen behindern die Versorgung
Die drohenden Veränderungen der Versorgungslandschaft durch Ausschreibungen auf Hersteller- und Apothekenebene bildeten einen Schwerpunkt bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein am 3. November in Kiel. Außerdem wurden die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung präsentiert, die dem Verband eine sehr hohe Zufriedenheit seiner Mitglieder bescheinigen.
Der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese hob in einem Lagebericht die "gelebte Versorgung vor Ort" durch die Apotheken im Land hervor. Die Versorgung sei "individuell, patientennah, maßgeschneidert, am Markt entwickelt und manchmal auch auf plattdeutsch". Dagegen plane der Gesetzgeber eine Versorgung mit Rabattverträgen, Ausschreibungen und Vergaberecht nach den Vorstellungen von Technokraten, bei der Menschlichkeit durch Bürokratie ersetzt werde.
Ausschreibungen nach dem k.o.-Prinzip gemäß Verdingungsverordnung würden das Gesundheitssystem von Grund auf umkrempeln. Die Vorstellung der Politiker, solche Regelungen für Teile des Marktes neben das bestehende Kollektivvertragssystem stellen zu können, sei "platt und falsch". Denn das angeblich wettbewerbsbehindernde Kollektivvertragssystem sei der Garant für die flächendeckende Versorgung und mache diese besser und letztlich wirtschaftlicher. Außerdem informieren die Verbände die Mitglieder über die gesetzlichen und vertraglichen Regeln. Einzelverträge könnten allenfalls dann Wettbewerb bringen, wenn sie nach kollektiv vereinbarten Regeln abliefen.
Das problematische Konzept der Ausschreibungen trifft bereits jetzt die pharmazeutischen Hersteller bei den Rabattverträgen. Die Märkte werden aufgemischt und Existenzen grundlos vernichtet, weil der Gesetzgeber es versäumt hat, gleichzeitig mit den neuen Regelungen ein Gesundheitskartellrecht zu schaffen. Es sei dabei auch für die Krankenkassen problematisch, ihre Marktmacht anwenden zu müssen.
Die volle Wucht der Ausschreibungen droht die Apotheker bei den Hilfsmittelausschreibungen zu treffen. Die bürokratischen Anforderungen werden den Anbieterkreis klein halten, was die flächendeckende Versorgung in Frage stellt.
Hoffnung auf klärende Verträge
Froese zeigte jedoch vorsichtigen Optimismus, einige Probleme des Ausschreibungskonzeptes für die schleswig-holsteinischen Apotheken durch Verhandlungen mit den Krankenkassen zu mildern. So werde über die Zytostatika-Versorgung und mit der AOK des Landes über begleitende Regeln zur Umsetzung der Rabattverträge verhandelt. Außerdem würden Zielpreise angestrebt, die aber konzeptionell nicht mit Rabattverträgen kompatibel seien. Insgesamt müssten die politischen Anstrengungen verstärkt und Alternativen zur staatlichen Bürokratie entwickelt werden. Die Dienstleistung für die Patienten solle die Grundlage für die Honorierung der Apotheker bilden.
In der Diskussion wurde die Bedeutung einheitlicher Qualitätsanforderungen an Apotheken betont. Die Arbeit mit einem Qualitätsmanagementsystem sei eine Eingangsvoraussetzung, um überhaupt an Ausschreibungen teilnehmen zu können. Auf die Frage nach dem Verhandlungsstand hinsichtlich der Austauschbarkeit von Darreichungsformen gemäß Rabattverträgen erklärte Verbandsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich, das ZAPP der ABDA solle die einzelnen jeweils austauschbaren Darreichungsformen ermitteln und in der EDV darstellen. Froese betonte, die Apotheker sollten sich an der EDV orientieren. Sie seien in dieser Frage vor rückwirkenden Retaxierungen geschützt.
Als weitere Verhandlungsziele des Verbandes im Zusammenhang mit den Rabattverträgen nannte Friedrich die Substitution im Notdienst, die Berücksichtigung pharmazeutischer Aspekte bei der Arzneimittelauswahl und die Möglichkeit von Aufzahlungen der Versicherten, für die wiederum ein Basispreis als Bezugsgröße definiert werden müsse.
In seinem Geschäftsbericht beschrieb Friedrich die Verbandsarbeit im Berichtszeitraum von der Öffentlichkeitsarbeit über Mitgliederinformationen bis zu den Retaxationen. Bei 727 Apotheken im Land sei die Zahl der Mitgliedsapotheken mit 701 konstant geblieben, durch die Filialisierung sei die Zahl der Selbstständigen aber rückläufig. Hinsichtlich des kartellrechtlichen Verfahrens wegen angeblicher Eingriffe in die Preisbildung bei der Freigabe der OTC-Preise sprach die Mitgliederversammlung dem Vorstand das Vertrauen aus und stellte fest, dass die kritisierten Veranstaltungen der Mitgliederinformation dienten.
Mitglieder sind zufrieden mit ihrem Verband
Einen weiteren Schwerpunkt der Mitgliederversammlung bildete der Bericht über die Mitgliederbefragung. Die Forum Marktforschung GmbH hatte aufgrund einer telefonischen Befragung von 200 Mitgliedern deren Einschätzung über den Verband ermittelt und im Rahmen der Benchmarkingstudie "Mitgliederfocus Deutschland 2007" mit der Situation in anderen Unternehmensverbänden verglichen. Die langfristig geplante Befragung hatte im Mai und Juni während der ersten problematischen Phase der Rabattverträge stattgefunden.
Stefan Eser, Mainz, stellte die Methoden und Ergebnisse vor. Aussagekräftiger als die Zufriedenheit sei die emotionale Bindung, die anhand von Bindungsindikatoren gemessen wird. Dazu gehören Weiterempfehlungsbereitschaft, Vertrauen, Alleinstellungsanspruch und die Inanspruchnahme von Leistungen. Insgesamt erreichte der Apothekerverband Schleswig-Holstein einen Bindungsindex von 71 Prozent. Der beste bei einem Verband ermittelte Wert beträgt 76 Prozent, der Durchschnittswert bei Institutionenverbänden 66 Prozent. Als besonders positive Eigenschaften wurden "sympathisch, kompetent und glaubwürdig" ermittelt, der größte Verbesserungsbedarf bestehe dagegen bei "Erfolg" und "Flexibilität", was immer die Mitglieder darunter verstehen. Die wichtigsten Anforderungen an den Verband seien die Interessenvertretung sowie Information und Beratung.
Bei der Gesamtzufriedenheit erreichte der Verband 67 Prozent, der beste untersuchte Verband 76 Prozent. Hinsichtlich der Fachkompetenz sowie der Aktualität, Regelmäßigkeit und Verfügbarkeit von Informationen bot der Verband die besten Werte, die überhaupt bei einer untersuchten Organisation erzielt wurden. Weniger gut waren die Werte für die Interessenvertretung und den Mitgliedsbeitrag, wobei 69 Prozent der Befragten einen an der Ertragskraft der Apotheke orientierten Beitrag vorziehen. Eser hob die insgesamt sehr guten Ergebnisse hervor und empfahl, die Leistungen des Verbandes stärker zu kommunizieren.
tmb
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