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DAZ aktuell
Colloquium zu Rabattverträgen
"Zielpreisvereinbarungen sind keine sinnvolle Alternative"
BERLIN (ks). Die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen erhitzen weiterhin die Gemüter. Die mittelständischen Hersteller beklagen insbesondere die Portfolio-Verträge einiger Kassen mit vornehmlich großen Unternehmen. Aber auch die Wirkstoffausschreibungen der AOK passen vielen Mittelständlern nicht. Sie haben die zweite Ausschreibungsrunde vor die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt gebracht und rügen, dass das europäische Vergaberecht verletzt sei. Die AOK hält dagegen und spricht von "Verzögerungstaktik". In dem Vorschlag der Apotheker, Rabattverträge durch Zielpreisvereinbarungen zu ersetzen, können aber beide Seiten keine Alternative erkennen.
Beim Deutschen Generikaverband sieht man seine Klientel, die kleinen und mittleren Pharmaunternehmen, durch die Rabattverträge stark gefährdet. Nicht nur die Arbeitsplätze in den Firmen stünden auf dem Spiel, erklärte Hauptgeschäftsführer Dietmar Buchberger auf einem Colloquium seines Verbandes am 21. Oktober in Berlin. Mittelständische Generikahersteller leisteten auch einen "wesentlichen volkswirtschaftlichen Beitrag": Sie sorgten für Preiswettbewerb, der den Kassen zu Einsparungen verhelfe und damit letztlich die Lohnnebenkosten im Zaum halte. Buchberger monierte, dass der Gesetzgeber mit der durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz geänderten Aut-idem-Regel die Rabattverträge zwar "scharf gestellt", aber kaum Regeln zum wettbewerbskonformen Abschluss mitgeliefert habe. Die jetzt anhängigen Verfahren seien die Folge. "Ungewissheiten auf allen Seiten hat die Politik selbst zu verantworten", so Buchberger. Regionale Zielpreisvereinbarungen sind für ihn allerdings keine sinnvolle Alternative, da sie den generischen Wettbewerb nicht verbesserten. Vielmehr ist er überzeugt, dass die Apotheker wieder auf große Hersteller zurückgreifen würden, wenn eine solche Regelung bestünde.
Zumindest in diesem Punkt sind AOK und Deutscher Generikaverband auf einer Linie: Auch bei den AOKs sehe man Zielpreisvereinbarungen kritisch, erklärte Holger Bleß von der AOK Brandenburg. Für seine Kasse kann er sich ein solches Vorgehen gar nicht vorstellen. Bleß hat aber auch kein Verständnis für die Schelte der mittelständischen Hersteller an den AOK-Verträgen. Gerade die AOKs hätten sich um ein transparentes Ausschreibungsverfahren bemüht, während andere Kassen per "Handschlag" Verträge geschlossen hätten, die nach dem Zuschlag nicht mehr rechtlich angegriffen werden könnten. Bleß lässt sich jedoch den Glauben an die AOK-Verträge nicht nehmen und ist überzeugt: "Am 1. Januar wird das AOK-System nicht ohne Rabattverträge dastehen". Trotz des schwelenden Rechtsstreites in der zweiten Ausschreibungsrunde gibt es Bleß zufolge alternative "Gedankenspiele". Er wies zudem darauf hin, dass die einzelnen AOKs oftmals regionale Rabattverträge mit Herstellern geschlossen haben – teilweise laufen diese schon seit dem vierten Quartal 2005. Diese sind auch jetzt noch gültig, nehmen derzeit allerdings jene Wirkstoffe aus, die von den ersten bundesweiten AOK-Rabattverträgen umfasst sind.
BMG gibt sich zurückhaltend
Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) schweigt man indessen gänzlich zu den AOK-Rabattverträgen. Begründet wird dies mit dem von der EU-Kommission wegen der Rabatt-Regelung eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren: Zu laufenden Verfahren äußere sich das Ministerium grundsätzlich nicht, erklärte die Referentin für Arzneimittelversorgung, Silke Baumann. Auch die von der Kommission in diesem Zusammenhang eingeforderte Stellungnahme werde man erst nach dem 16. November abgeben, so Baumann. An diesem Tag soll die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt seine Entscheidung zu den Nachprüfungsverfahren treffen. Die Ministeriumsvertreterin deutete jedoch an, dass man am Sinn einer europaweiten Ausschreibung zweifeln könnte: Schließlich dürften ohnehin nur solche Arzneimittel unter Vertrag genommen werden, die in Deutschland zugelassen sind. Die unter der Hand geschlossenen Portfolio-Verträge einiger Kassen werden im BMG dagegen klar kritisch beäugt: Baumann erklärte, das Ministerium teile die Auffassung des Bundesversicherungsamtes (BVA), dass hier das (nationale) Vergaberecht Anwendung finden müsse. Ein Eingreifen ihres Hauses hält sie allerdings nicht für nötig, da das BVA und die Aufsichtsbehörden der Länder bereits aktiv sind. So soll dieser Tage eine Aufsichtsbehördentagung stattfinden, bei der die einzelnen Verträge geprüft werden sollen. Ziel sei eine einheitliche Aufsichtspraxis, so Baumann.
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