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DAZ aktuell
Raucherentwöhnung
Wer hilft denen, die aussteigen wollen?
Die Initiative Raucherentwöhnung im Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) versuchte in einer Umfrage zu klären, ob das Thema Raucherentwöhnung und entsprechende Hilfestellungen hierzu in unserer Gesellschaft ausreichend verankert sind. Befragt wurden öffentliche Institutionen aus dem Bereich Gesundheit, die mit dieser Thematik zu tun haben.
Am 1. September 2007 trat das viel diskutierte "Bundesnichtraucherschutzgesetz" in Kraft, und Rauchverbote für Gaststätten sollen durch möglichst einheitliche Länderregelungen ebenfalls sukzessive wirksam werden. Dies wird unter Hinweis auf relevante krankheitsreduzierende Erfolge in anderen europäischen Ländern schon seit Jahren von Gesundheitsexperten gefordert. Dass das Rauchen insgesamt und besonders bei Ju-gendlichen eingedämmt werden soll und Nichtraucher soweit wie möglich geschützt werden müssen, wird ohnehin von der Mehrheit unserer Bevölkerung befürwortet.
Dies kann man durch Verbote erreichen, aber Verbote allein lösen nicht das Problem derer, für die Rauchen zur Sucht geworden ist. Viele, die durch gesetzliche Regelungen oder aus eigener Einsicht das Rauchen aufgeben wollen, wissen nicht, wie sie es schaffen können. Hierin liegt ein weitgehend unterschätztes Problem. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten (z. B. Großbritannien, Frankreich u. a.), die Hilfestellungen bei der Raucherentwöhnung anbieten, gibt es derart geförderte Programme in Deutsch-land nicht. Dies wenn möglich zu ändern, also den Ausstiegsversuch zu erleichtern und den Ausstieg auch zu sichern, erscheint den Gesundheitsexperten nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Und sogar ökonomische Erwägungen sprechen für Maßnahmen, die den Ausstieg unterstützen. Nach aktuellen Untersuchungen von Professor Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen, spart der Ausstieg jedes einzelnen Rauchers unserem Gesundheitssystem 11.150 Euro (bezogen auf den Restlebenszyklus).
Dies war für die Initiative Raucherentwöhnung im Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller Anlass, zum Thema "Raucherentwöhnung" aufklärend tätig zu werden.
Um kommunikative Lösungsansätze zu entwickeln, erschien es zunächst wichtig, die Meinung derjenigen Personen und Organisationen in Erfahrung zu bringen, die mit dieser Thematik in vielfältiger Weise vertraut sind. Zu diesem Zweck wurden im Juni diesen Jahres 144 öffentliche Institutionen aus dem Bereich Gesundheit (Gesundheitsinstitutionen, Krankenkassen, Ärztekammern, Gesundheitsministerien des Bundes und der Länder) mit der Bitte angeschrieben, drei Fragen zum Thema Raucherentwöhnung zu beantworten.
In einem Zeitraum von zehn Wochen belief sich der Rücklauf auf 45 Briefe (31%), von denen in 37 Briefen konkrete Antworten auf die gestellten Fragen formuliert wurden.
Im Folgenden werden die drei gestellten Fragen und die Antworten hierauf wiedergegeben.
Frage 1: Allein durch Verbote kommen starke Raucher von ihrer Sucht nicht los. Glauben Sie, dass unser Gesundheitssystem derzeit den Betroffenen für den Ausstieg in ausreichendem Maße mit Aufklärungsmaßnahmen sowie mit therapeutischen Hilfen zur Seite steht?Antworten zu Frage 1:
Die Frage wurde von der Majorität der Befragten (82%) verneint, entweder in dem Sinn, dass keine Hilfen existieren, oder dass die existierenden nicht ausreichend oder nicht wirksam sind. Als Begründung für die Verneinung wurde u. a. angegeben:
- Die Hilfen sind zu wenig professionell.
- Die Angebote weisen keine Nachhaltigkeit auf.
- Die Patienten werden nicht erreicht.
- Die Hilfen sind zu global angelegt.
- Die Hilfen gehen nicht darauf ein, warum Betroffene rauchen.
Frage 2: Wie sollten Ihrer Meinung nach zukünftig effektive Unterstützungsmaßnahmen beschaffen sein, und welche Rolle sollen dabei die Gesundheitsberufe spielen?
Antworten zu Frage 2 (Gestaltung effektiver Maßnahmen):
Es werden sehr unterschiedliche Maßnahmen für notwendig erachtet, am meisten jedoch versprechen sich die Befragten von Prävention sowie von Verboten und anderen gesetzlichen Maßnahmen. Auffallend ist, dass der Unterstützung durch Pharmaka nur eine geringe Bedeutung beigemessen wird.
- Schwerpunkt Prävention (6)
- Gesetzliche Maßnahmen (Rauchverbot, Verbot von Suchtmittelwerbung, keine Automaten, Preiserhöhung) (6)
- Kurse über Krankenkassen von geschultem Personal (3)
- Pharmazeutische Unterstützung (3)
- Wohnortnahes, flächendeckendes Angebot (2)
- Kooperation aller Beteiligten, gute Infrastruktur der Angebote (2)
- Individuelle Bedürfnisse sollten berücksichtigt werden (3)
- Grad der Abhängigkeit dokumentieren (1)
- Anerkennung der Sucht als Erkrankung (1)
- Verhaltenstherapie (1)
- Angebote in allen Einrichtungen, in denen Raucher tätig sind (1)
Antworten zu Frage 2 (Rolle der Gesundheitsberufe):
Die Majorität der Befragten sieht die besten Chancen für einen Ausstieg und anhaltenden Erfolg in der individuellen Aufklärung, Betreuung und Motivation durch den Hausarzt, was auch in dem Vorschlag, Ärzte in der Rauchentwöhnungstherapie zu schulen, zum Ausdruck kommt.
- Aufklärung, individuelle Intervention und Motivation durch Hausarzt (16)
- Ausbildung von Ärzten in der Rauchentwöhnungstherapie (4)
- Hilfestellung durch Krankenhäuser und Suchtberatungsstellen (3)
- Niedergelassene Psychologen sollten intervenieren (2)
- Gesundheitsberufe sollten treibende Kraft sein (2)
- Apotheker sollten Beratung anbieten (1)
Frage 3: Von wem sollten die Kosten von wissenschaftlich etablierten, evidenzbasierten medikamentösen und anderen Entwöhnungstherapien bei Krankheiten wie KHK, Diabe-tes, COPD u. a., auf die sich das Rauchen bekanntlich negativ auswirkt, getragen werden?
Antworten zu Frage 3:
Die Majorität der Befragten sieht die Krankenkassen in der Pflicht, andere sind der Mei-nung, dass diese Frage bereits nach geltendem Recht geregelt ist.
- Krankenkassen (20)
- Regelt sich nach geltenden Recht / Klärung durch GBA (10)
- Steuererhöhung auf Tabakprodukte (4)
- Eigenverantwortung des Patienten (5)
- Arbeitgeber (1)
- Alle Bürger (Steuern) (1)
- Tabak und Werbeindustrie (Fonds) (1)
Fazit
Die meisten Befragten kommen zu dem Ergebnis, dass es Hilfen bei der Raucherentwöhnung entweder nicht gibt oder dass die Vorhandenen nicht angeboten werden. Die Notwendigkeit, dem Raucher beim Ausstieg aus dem Rauchen mit Hilfen zu unterstützen, wird mehrheitlich gesehen und bejaht, jedoch sind die Vorschläge, wie diese aussehen könnten, eher diffus, auch wenn ganz eindeutig dem Hausarzt die handelnde Rolle zugesprochen wird.
Bei der Frage nach der Kostenübernahme sind die einen der Meinung, dass dies durch geltende Gesetze bereits geregelt ist, die Frage sich also gar nicht stellt, während die meisten anderen meinen, dass die Kassen hierfür zuständig sind.
Insgesamt gesehen zeigt die Befragung deutlich, dass die Raucherentwöhnung auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe ist und stärker in Gesundheitsprogramme eingebettet werden sollte.
Prof. Dr. med. Klaus Heilmann
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