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HIFU: Tumorzerstörung nach dem "Brennglasprinzip"

Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU) ist beim Prostatakarzinom eine schonende Alternative zur radikalen Prostatektomie und Strahlentherapie. Es kann ambulant durchgeführt werden und wird seit etwa fünf Jahren verstärkt angeboten. Was noch fehlt, sind Langzeitdaten. Professor Dr. Rolf Muschter, Direktor der Urologie am Diakoniekrankenhaus Rotenburg/W., sieht jedoch in dieser Methode ein Verfahren der Zukunft.

Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung beim Mann. Jahr für Jahr wird das Karzinom in Deutschland bei etwa 49.000 Männern diagnostiziert. Einzig Positives: Das Prostatakarzinom wächst langsam und ist zunächst auf die Prostata begrenzt. In diesem Stadium ist eine kurative Therapie möglich und erfolgreich. Standardmethoden sind dann die radikale Prostatektomie und die Strahlentherapie. Seit einigen Jahren steht eine weitere Option als Alternative zur Verfügung: der HIFU (hochintensiver fokussierter Ultraschall). Das Prinzip: Mittels einer Ultraschallsonde, die in das Rektum eingeführt wird, wird nach dem "Brennglasprinzip" die ausgesandte Ultraschallenergie in der Prostata auf einem Punkt gebündelt. Durch diese Bündelung wird eine Temperatur zwischen 80 und 100 C erzeugt, die das Gewebe zerstört. Bei der Behandlung lassen sich so nach und nach das gesamte Prostatagewebe und der darin wachsende Tumor zerstören. Die eingeführte Ultraschallsonde dient dabei gleichzeitig zur Bildgebung. Das gesamte Verfahren ist zwar computergesteuert. Bei der Visually-Directed-HIFUTM -Methode überwacht, kontrolliert und regelt jedoch der Arzt den Vorgang am Monitor und kann gegebenenfalls auch modifizierend eingreifen. Das zerstörte Gewebe wird zum Teil vom Körper abgestoßen und kann im Urin als Partikel sichtbar sein. Die HIFU-Methode wird ambulant durchgeführt. Eine Narkose ist notwendig, da der Patient längere Zeit absolut ruhig liegen muss.

Urologen, die HIFU anbieten, nutzen das Gerät in der Regel gemeinsam mit anderen Kollegen, um das Verfahren wirtschaftlich anbieten zu können. Möglich wird dieser dezentrale Einsatz durch die mobile Geräteeinheit. Eine Option ist die HIFU laut Dr. Richard Berges, Köln, insbesondere für Patienten, die keine Operation oder Strahlentherapie wünschen oder bei Hochrisikopatienten, die dringend behandelt werden müssen. Patienten, die diese Methode wahrnehmen wollen, sollten sich vorab mit ihrer Krankenkasse wegen der Kosten in Verbindung setzen. Wir haben mit Professor Dr. Rolf Muschter über die Wirksamkeit und Sicherheit des neuen Verfahrens gesprochen.

DAZ

Der hochintensive fokussierte Ultraschall (HIFU) ist ein neues alternatives Verfahren zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Ist das Konzept technisch ausgereift?

Muschter: Die ersten Veröffentlichungen mit klinischen Prototypen gab es 1991. In der Klinik wird HIFU für die Behandlung des Prostatakarzinoms seit etwa fünf Jahren verstärkt eingesetzt. Inzwischen gibt es zwei ausgereifte Systeme auf dem Markt, die das HIFU-Prinzip anbieten, aber in ihrer technischen Ausführung unterschiedlich sind. Auch konzeptionell ist die Methode im Wesentlichen ausgereift.

DAZ

Standard in der Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms sind die radikale Prostatektomie und die Strahlentherapie. Sind Wirksamkeit und Sicherheit der HIFU diesen etablierten Verfahren vergleichbar?

Muschter: Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen, da uns die notwendigen Langzeitdaten über mindestens zehn Jahre fehlen. Die kann es noch gar nicht geben. Deshalb handelt es sich bei HIFU zwar nicht mehr um eine experimentelle Therapie, aber noch immer um eine Therapie in der Erprobung. Der Patient muss vor der Behandlung darüber aufgeklärt werden, dass es sich nicht um ein Standardverfahren handelt.

DAZ

Welche Vorteile kann der HIFU dem Patienten bieten?

Muschter: HIFU braucht zwar eine Narkose, kann aber ambulant durchgeführt werden. Der Eingriff ist unblutig und zeigt intraoperativ praktisch keine Komplikationen. Vor allem aber besteht nur ein sehr geringes Risiko für eine Inkontinenz, die bei Operation und Strahlentherapie häufiger auftritt. Dagegen ist die Gefahr der Impotenz bei Operation und HIFU vergleichbar, weil mit beiden Verfahren bei einer kompletten Behandlung der Prostata auch das Nervengefäßbündel zerstört wird. Inzwischen gibt es die Konzepte der nerv- und potenzerhaltenden Operation, aber auch der "fokalen" nerverhaltenden HIFU. Der Nervenbereich wird bei dieser Form der Behandlung ausgespart, die Potenz kann dadurch häufig erhalten werden. Je nach Ausbreitung des Tumors besteht bei der unvollständigen Behandlung der Prostata die Gefahr, dass Tumorgewebe unbehandelt zurückbleibt. Der unschlagbare Vorteil der HIFU ist allerdings, dass dann nochmals mit hochfrequentem Ultraschall behandelt, die Therapie also vervollständigt werden kann. Aber wie bei einem Lokalresiduum nach einer Prostatektomie kommen auch die Nachbestrahlung oder Hormontherapie in Frage.

DAZ

Gibt es Studien, die dieses alternative Verfahren genauer untersuchen?

Muschter: Studien im engeren Sinne werden derzeit leider nicht durchgeführt. Es gibt jedoch eine prospektive Datensammlung, in die die Daten aller Patienten einfließen, die mit HIFU behandelt werden.

DAZ

Bei dem HIFU wird die gesamte Prostata entfernt. Besteht auch die Möglichkeit der gezielten Abtötung von Tumorgewebe?

Muschter: Das derzeitige Konzept ist die Entfernung der gesamten Prostata, weil wir Urologen hier die Operation als Vorbild haben. Wir versuchen sozusagen, die Operation zu simulieren. In Großbritannien gibt es jedoch bereits Untersuchungen, die ein Konzept zur fokalen Therapie verfolgen – nicht nur mittels HIFU, sondern auch mit anderen Verfahren. Bei dieser "Targeted therapy" geht es im Prinzip darum, nur den Tumor zu behandeln, obwohl dieser mit den bildgebenden Verfahren nicht zweifelsfrei lokalisierbar ist. Der Nachteil für den Patienten ist, dass er sich im weiteren Verlauf erneut biopsieren lassen muss.

DAZ

Wo können sich Patienten darüber informieren, welche Zentren HIFU anbieten?

Muschter: Am besten geht das über die Internetseiten der Geräteanbieter Misonix und Edap (www.edap-hifu.de; www.misonix.com). Dort finden sich auch ausführliche Informationen über die Methode selbst.

DAZ

Herr Prof. Muschter, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Gespräch führte Dr. Beate Fessler

Quelle

Pressekonferenz "Mobiler HIFU-Service zur Behandlung lokaler Prostatakarzinome als Angebot vernetzter Urologenkooperationen und ihrer Prostatazentren", Berlin 27.9.2007 (Veranstalter: Misonex)
Alternative HIFU Mit hochintensivem fokussierten Ultraschall kann ein lokal begrenztes Prostatakarzinom entfernt werden. Das Verfahren befindet sich noch in der Erprobung, könnte aber in Zukunft eine Alternative zur Operation und Strahlentherapie bieten.
Foto: Ablatherm® HIFU
Prof. Dr. Rolf Muschter, Rotenburg/W.

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