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- DAZ 47/2007
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Kongresse
4. Mistelsymposium
Die Mistel in der komplementären Tumortherapie
Mistelpräparate gehören zu den wichtigsten Arzneimitteln der komplementären onkologischen Therapien. Auf dem 4. internationalen und interdisziplinären Mistelsymposium in Nonnweiler präsentierten und diskutierten Experten den aktuellen Stand der "Mistel in der Tumortherapie".
Die Tagung fand trotz der unterschiedlichen Standpunkte der Referenten in einer konstruktiven Atmosphäre statt. Ärzte – gleich ob in der Praxis oder Klinik tätig –, Apotheker und Vertreter der Krankenkassen hatten die Gelegenheit, sich ein Bild vom aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über Mistelextrakte in Grundlagenforschung und Therapie zu machen. Zudem förderte die Tagung den Dialog zwischen den Wissenschaftlern und regte sie zu weiteren Forschungen an.
Die Beiträge beschäftigten sich mit Themen aus Biologie, Pharmazie, Pharmakologie und Klinik. Dabei handelte es sich im Einzelnen um Wirkungen verschiedener Inhaltsstoffe der Mistel, immunologische Studien und Berichte der praktischen Anwendung bis hin zu klinischen Studien mit dem Ziel, die Wirksamkeit von Mistelpräparaten nachzuweisen.
Wie bei den vorangegangenen Tagungen waren Fortschritte sowohl auf dem naturwissenschaftlichen als auch auf dem medizinischen Gebiet auszumachen. Hervorzuheben ist die Teilnahme einer Reihe junger Forscher. Der Schwerpunkt der acht Übersichts- und 33 Kurzreferate sowie der zehn Poster lag auf klinischen Themen.
Besonders erfreulich war, dass erstmals bei diesem Symposium das BfArM mit einem Vortrag von Dr. Christiane Kirchner über die "Regulatorische Einordnung von Mistelpräparaten" vertreten war.
Erfahrungen aus der therapeutischen Praxis
Prof. Dr. Stefan F. Martin, Universitätsklinikum Freiburg, sprach über die duale Rolle der Entzündung bei Krebs. Die chronische Entzündung fördert eher das Tumorwachstums, während die akute Entzündung sich therapeutisch nutzen lässt, wobei auch Mistelpräparate eine Rolle spielen. Die Kliniker Dr. Boris Müller-Hübenthal, Filderstadt, und Dr. Peter Holzhauer, Brannenburg, beleuchteten den Stellenwert der Mistel in der Onkologie aus den Blickwinkeln der anthroposophischen Medizin bzw. der Phytotherapie. Weitere Referenten erörterten Fragen der Dosierung und berichteten über pharmakokinetische Untersuchungen.
Der Einfluss von Mistelextrakten auf Leukämien und Lymphome war ein weiterer Schwerpunkt, wobei erneut – klinisch und präklinisch – dargestellt wurde, dass bei der Anwendung von Mistelextrakten keine Risiken erkennbar sind. Auch über die Misteltherapie bei pädiatrisch-onkologischen Erkrankungen wurde berichtet.
Klinische Prüfungen
Mehrere Untersuchungen befassten sich mit der Wirksamkeit und sicheren Anwendung von Mistelpräparaten – allein oder begleitend zu onkologischen Standardtherapien (Operation, Chemotherapie, Radiotherapie) mit dem Ziel, die durch die Standardtherapien bedingte Immunsuppression günstig zu beeinflussen. Es handelte sich um kontrollierte (randomisierte und nicht randomisierte) klinische Studien und Kohortenstudien, aber auch um Anwendungsbeobachtungen, Kasuistiken und Erfahrungsberichte, und zwar überwiegend bei Patientinnen mit Mammakarzinom. Die Mistelpräparate verbesserten in vielen Fällen die durch die Krankheit und die Standardtherapie geminderte Lebensqualität der Patienten.
Problematik des Wirksamkeitsnachweises
Einige Vortragende beschäftigten sich mit methodologischen Fragen. So stellte Dr. Matthias Rostock, Freiburg, Ergebnisse des Cochrane-Reviews vor, einer Metaanalyse von 21 randomisierten klinischen Studien. Dr. Gunver S. Kienle, Bad Krozingen, gab eine weitere Übersicht über Studien, wobei sie betonte, dass es bei der kritischen Bewertung einer Therapie vor allem auf methodische Qualität, medizinische Sinnhaftigkeit und Praxisrelevanz ankomme. In der Diskussion wurde deutlich, dass beim Vergleich von Studien auch die Unterschiedlichkeit der geprüften Mistelpräparate berücksichtigt werden muss.
Randomisierte klinische Studien mit Mistelpräparaten durchzuführen ist deshalb so schwierig, weil viele Patienten verständlicherweise nicht bereit sind, sich randomisieren zu lassen, d. h. ihre Therapie dem Zufall zu überlassen, und weil Patienten in der Nicht-Mistel-Gruppe häufig doch ein Mistelpräparat nehmen. Ferner werden Mistelpräparate üblicherweise individuell dosiert, weshalb ein starres Dosierungsschema innerhalb einer Studie nicht den Bedingungen in der Praxis entspricht.
Dass die auf pharmakoepidemiologischen Daten beruhende Versorgungsforschung besser zur Beurteilung der Wirksamkeit der Misteltherapie geeignet ist als randomisierte klinische Studien, legte Dr. Harald Matthes, Berlin, in seinem Übersichtsbeitrag dar.
Neue Mistel-spezifische Instrumente der klinischen Prüfung sind der Cancer-Fatigue- und der Interne-Kohärenz-Fragebogen. Eine epidemiologische Datenbank über die Anwendung von Mistelpräparaten befindet sich im Aufbau.
Grundlagenforschung und Galenik
Den nicht-klinischen Teil des Symposiums teilten sich Pharmazie/Biologie und präklinische Pharmakologie. Im pharmazeutischen Teil berichtete Prof. Dr. Wolfgang Kreis, Erlangen, über Fortschritte bei der Strukturaufklärung von Inhaltsstoffen der Mistel. Weitere Berichte betrafen die Interaktionen verschiedener Mistelinhaltsstoffe und galenische Weiterentwicklung von Mistelpräparaten, u. a. auch die Verpackung des Extraktes in Liposomen.
Die Biologie war mit chronobiologischen und Spezies-spezifischen Fragestellungen zu den Wirtsbäumen der Mistel vertreten. In der Präklinik gab Prof. Dr. Reinhild Klein, Tübingen, eine Übersicht über "Effekte von Mistelextrakten auf immunkompetente Zellen in vitro und in vivo", während in Kurzreferaten und Postern Apoptose, Zytotoxizität und erneut der Ausschluss von Tumorstimulation durch Mistelextrakte thematisiert wurden.
Aufgrund des Erfolgs dieser Tagung waren sich die Teilnehmer und Veranstalter einig, dass im November 2011 wieder ein Mistelsymposium in Nonnweiler stattfinden soll.
Dr. Rainer Scheer, Niefern-Öschelbronn rainer.scheer@carus-institut.de
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