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Arzneimittelversorgung
EVITA soll echte Innovationen erkennbar machen
BERLIN (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen wollen künftig schneller wissen, ob ein neues Arzneimittel tatsächlich auch innovativ ist. Ermöglichen soll dies EVITA (Evaluation Innovativer Therapeutischer Alternativen) – ein Instrument, das von deutschen und schwedischen Wissenschaftlern im Auftrag der GKV-Spitzenverbände entwickelt wurde. Mittels eines Punktesystems soll eine rasche Einschätzung erfolgen, ob ein neues Medikament der Standardtherapie überlegen ist. Der für GKV-Arzneimittelfragen federführende BKK-Bundesverband stellte EVITA am 20. November in Berlin vor.
Die Frage, ob ein neues Arzneimittel nur teurer oder auch besser ist, beschäftigt die Kassen naturgemäß sehr. Der Nachweis eines Zusatznutzens im Vergleich zur Standardtherapie muss für die Zulassung eines neuen Medikamentes allerdings nicht erbracht werden – es reicht, dass Studien seine Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit belegen. Daher haben die Spitzenverbände Prof. Norbert Schmacke von der Universität Bremen damit beauftragt, ein Verfahren zu entwickeln, das die Frage des Zusatznutzens rasch und transparent beantwortet. Herausgekommen ist dabei EVITA. Anders als das etablierte Klassifikationsschema von Fricke und Klaus richtet EVITA seine Aufmerksamkeit auf eine einzige "scheinbar triviale" Frage, erläuterte Schmacke: Gibt es ausreichend Belege dafür, dass ein neuer Wirkstoff für konkrete Indikationen einen therapeutischen Fortschritt gegenüber dem Standard darstellt? Nach Sichtung der wissenschaftlichen Literatur werden Punkte verteilt. Positive Bewertungspunkte gibt es für den therapeutischen Nutzen, negative für unerwünschte Wirkungen. Die Bewertung kann Schmacke zufolge schnell durchgeführt werden, da die Studienanzahl bei neuen Arzneimitteln in der Regel überschaubar sei. Dabei nimmt EVITA nicht für sich in Anspruch, abschließende Bewertungen vorzunehmen, wie sie etwa das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) durchführt. Vielmehr soll das System offen und flexibel sein: "Vergessene" oder später durchgeführte Studien könnten zeitnah und unkompliziert eingearbeitet werden, erläuterte Schmacke. Im kommenden Jahr soll eine Internetplattform für das Projekt gestartet werden, die das Verfahren transparent und für jedermann zugänglich darstellt.
Über die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln sagt EVITA nichts aus – gesundheitsökonomische Überlegungen sieht das System nicht vor. Die Spitzenverbände versprechen sich von EVITA aber eine Entscheidungshilfe, welches ihrer zahlreichen Steuerungsinstrumente sie für das bewertete Produkt am besten anwenden sollten. Überdies könne das neue Instrument hilfreich sein, um kassenindividuelle Positivlisten zu entwickeln. Dabei soll EVITA ausdrücklich keine Konkurrenz zu den Bewertungsverfahren des IQWiG sein, betonte BKK-Chef Wolfgang Schmeinck. Es handle sich vielmehr um ein "Vorfühlinstrument" der Kassen, bevor sich der "schwere Kreuzer" IQWiG in Bewegung setze. Bestenfalls werde "konstruktiver Druck" auf das Institut ausgeübt, so Schmeinck. Es erlaube den Spitzenverbänden im Gemeinsamen Bundesausschuss Aufträge an das IQWiG schneller und präziser als bisher zu fassen. Den Vorwurf einer überflüssigen Parallelbürokratie auf Kosten der Beitragszahler will sich der BKK-Chef nicht gefallen lassen. Die Kosten des Projektes bewegten sich in einer "nicht alarmierenden Größenordnung".
Erzieherische Effekte
EVITA-Mitentwickler Prof. Bernd Mühlbauer, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte, hofft überdies auf eine "erzieherische Wirkung" des neuen Instruments: Die Entwicklungsabteilungen der Arzneimittelhersteller sollten schon bei der Anlage ihrer Studien vermehrt darauf aus sein, den Zusatznutzen zu belegen.
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