Aus Kammern und Verbänden

Apothekerkammer Westfalen-Lippe

"Rezepte gehören in die Apotheke – nicht an den Kiosk"

Die 121 Delegierten des westfälisch-lippischen Apothekerparlaments kritisieren die jüngsten Auswüchse des Arzneimittelversandhandels. In einer Resolution, die sie am 21. November auf ihrer Herbstsitzung verabschiedeten, fordern sie die Mitglieder des nordrhein-westfälischen Landtages auf, den Weg für die Versandhandelsinitiative von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann freizumachen.

Laumann beabsichtigt, den im Jahr 2004 zugelassenen Arzneimittelversandhandel zukünftig auf das freiverkäufliche Sortiment zu beschränken. "Wir müssen leider feststellen, dass im Windschatten der Zulassung von Versandapotheken sämtliche Regeln des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes mit Füßen getreten werden", sagte Kammerpräsident Hans-Günter Friese. Die Apothekenbetriebsordnung fungiere als Verbraucherschutzgesetz, doch mit der Einführung des Versandhandels werde es interessierten Kreisen ermöglicht, auch bei der Versorgung vor Ort die Apothekenbetriebsordnung zu umgehen. Derzeit werden bereits Rezepte in Drogeriemärkten eingesammelt und sollen zukünftig auch an sogenannten E-Kiosken an Bahnhöfen eingescannt und per Paketdienst beliefert werden. Die Apotheker fordern daher, die Gesetzeslücke im Sinne der Gesundheit aller Verbraucher schnellstmöglich zu schließen, denn "Rezepte gehören einzig und allein in die Hand des Apothekers".

"Arzneimittel in der legalen deutschen Verteilerkette – vom Hersteller über den pharmazeutischen Großhandel in die Apotheke – sind hochwertig und absolut sicher", stellt Dr. Mona Tawab vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) klar. Die Qualitätsprüfung in den deutschen Apotheken führt zu 6000 bis 7000 Beanstandungen im Jahr.

Ganz ohne Netz und doppelten Boden müssen Kunden dagegen bei Bestellungen über das Internet auskommen: Ein Test des ZL führte zu haarsträubenden Ergebnissen: Es hatte bei 19 verschiedenen Anbietern ein bestimmtes Haarwuchsmittel bestellt. In 14 Fällen wurde das Arzneimittel tatsächlich ausgeliefert, doch in sechs Fällen war es gefälscht – vier Präparate enthielten keinen Wirkstoff, zwei Präparate zu wenig Wirkstoff. Die Fälschungen waren optisch kaum vom Originalpräparat zu unterscheiden. Auch beim Preis hatten die Verbraucher das Nachsehen: "Während die öffentliche Apotheke dieses Arzneimittel für 60 Euro abgibt, verlangten die Internethändler zwischen 60 und 110 Euro sowie zusätzlich sieben bis 15 Euro Versandkosten."

Jede neunte Apotheke ist eine Filiale

Die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe blieb im bisherigen Jahresverlauf nahezu unverändert bei 2244, berichtete Kammergeschäftsführer Dr. Andreas Walter. Den 36 Schließungen standen 37 Neueröffnungen gegenüber, darunter 24 Filialen. Zudem wurden 44 bestehende Apotheken in Filialen umgewandelt. In Westfalen-Lippe gibt es derzeit 258 Filialen – das ist mehr als jede neunte Apotheke.

Haushalt 2008 verabschiedet

Der von der Kammerversammlung verabschiedete Haushalt 2008 hat ein Volumen von 4,6 Millionen Euro. Die geplanten Einnahmen und Ausgaben liegen um 2,5 Prozent über den Zahlen für das Jahr 2007 – bei unveränderten Beitragssätzen für die Apotheker. "Auch 2008 werden wir unsere pharmazeutische Offensive fortsetzen. Wir investieren weiterhin in die Aus-, Fort- und Weiterbildung, in die Optimierung der apothekerlichen Beratung und in Qualitätsmanagementsysteme für die Apotheken", so Dr. Walter.

AKWL/cae
"Wir warten nur noch darauf, dass die ersten Pommes- und Dönerbuden Rezepte einwerben. "

Hans-Günter Friese
Resolution
Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe sieht mit großer Sorge die jüngsten Ausfransungen als Folge der Zulassung des Arzneimittelversandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Nach der Rezeptsammlung in dm-Drogeriemärkten sollen jetzt Rezepte an Online-Terminals (sog. Kiosk-Lösung) eingescannt und per Paketdienst beliefert werden. Im Windschatten der Zulassung von Versandapotheken wird so der Gesundheits- und Verbraucherschutz mit Füßen getreten. Die Kammerversammlung appelliert daher an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers, die Versandhandelsinitiative seines Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann in den Bundesrat einzubringen. Ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist der einzige Weg, um die gravierenden Sicherheitslücken wieder zu schließen. Das ist gelebter Verbraucherschutz.
Nur die Apotheke schützt den Verbraucher vor Arzneimittelfälschungen Dr. Mona Tawab und Hans-Günter Friese.
Foto: AKWL

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