- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 48/2007
- Ehrung von J. B. ...
Feuilleton
Ehrung von J. B. Trommsdorff
Zwei Bettstellen, eine feierliche Seelenmesse sowie eine Spende Fleisch, Semmeln und Wein stiftete die Innung der Bader und Barbiere Ende 1482 für das große Hospital in Erfurt. Die Betten waren für kranke Innungsangehörige bestimmt.
Bis in das ausgehende Mittelalter dienten Stiftungen vorrangig dem Seelenheil. Die Interessen von Zünften und Verbänden mögen unterschiedlich gewesen sein. Übergeordnetes Ziel aller Stadtbewohner war jedoch stets die ewige Seligkeit. So auch in Erfurt, zur damaligen Zeit ein bedeutendes Handelszentrum.
742 n. Chr. durch den Missionar Bonifatius erstmals als "urbs Erphesfurt" urkundlich erwähnt, wurde die Stadt auf dessen Bitte durch Papst Zacharias zum Bischofssitz erhoben. Zwar ging das Bistum bald wieder ein – zugunsten des Erzbistums Mainz –, doch Erfurt entwickelte sich zu einer blühenden Stadt, die trotz mehrfacher Pestepidemien und Krisen prosperierte. Im Spätmittelalter gab es in Erfurt 37 Klöster und Kirchen.
Ein lebendiges Bild des städtischen Lebens im späten 13. Jahrhundert vermittelt das "Carmen Satiricum" von Nicolaus von Bibra: Unter dem Pseudonym "Occultus Erfordensis" schilderte der Jurist, Theologe und Lehrer in über zweitausend Versen detailliert den Alltag. Zudem kritisierte er hochgestellte Persönlichkeiten und den allgemeinen Sittenverfall.
Vom sündigen Leben zur ewigen Seligkeit
Trotz frühkapitalistischer Auswüchse strebte die "sakrale Gemeinschaft" der Bürger nach einem gottgefälligen Leben. Die sieben Todsünden Stolz, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Unmäßigkeit, Zorn und religiös-sittliche Trägheit galten als Ursprung todeswürdiger Verbrechen. Durch die entsprechende Bestrafung der sündigen Menschen wollte man ihre Seelen vor der ewigen Verdammnis bewahren. So versteht sich der Sinn einer Inschrift, die in die Klinge eines Erfurter Richtschwertes eingraviert ist: "Wan ich das Schwert thue aufheben, so wünsche ich dem armen Sünder das ewige Leben".
Nicht in jedem Fall war die Todesstrafe erforderlich, oft genügten körperliche Züchtigungen. So spiegeln in der Ausstellung zwei abgehackte Hände das mittelalterliche Rechtsverständnis wider.
Zunehmender Wohlstand führte dazu, dass man sich die ewige Seligkeit zu erkaufen versuchte. Man stiftete für kirchliche Feiern wie Prozessionen, zeigte sich aber auch bei privaten Feiern großzügig. Exzesse und hohe Verschuldungen veranlassten den Erfurter Magistrat zu einer Verordnung, dass man "zu Hochzeiten nicht mehr als 32 Schüsseln" (für 32 Gäste) haben solle.
Am Vorabend zur Neuzeit stieg das Interesse an der Erkenntnis der Welt. Das jahrhundertelang in den Klöstern bewahrte Wissen der Antike wurde nun mehr und mehr der Allgemeinheit zugänglich, wie die Gründung der ersten Universitäten beweist.
Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern vereinfachte die Verbreitung von Wissen. Die Ausstellung zeigt als frühestes Dokument dieser technischen Revolution das einzige erhaltene Exemplar des "Missale speciale abbreviatum" aus der Werkstatt Johannes Gutenbergs, das um 1450 – noch vor den Bibeldrucken – gedruckt wurde.
Arzneien gegen die Pest
Der Kollegiat Hermann Unbehouwen aus Rheinsberg befasste sich mit der antiken Medizin, wie seine im Jahr 1468 beendete Abschrift der "Aphorismen des Hippokrates" zeigt; typisch für seine Zeit (und später) ist die Diagnose von Krankheiten mit Hilfe der Uroskopie (s. Abb.).
Eine "Kurtze wolgemeinte Erinnerung" vom 10. Oktober 1625 gilt als älteste amtliche Pest-Verordnung des Erfurter Rats. Sie beweist, dass man den Schutz vor Epidemien nicht länger allein der Fürbitte Heiliger überlassen wollte, und gibt der Bevölkerung ausführliche, "die Arzneyen betreffende" Empfehlungen zur Vorbeugung. Zudem wurde angeordnet, dass die Apotheken neun innerliche und vier äußerliche Präservativ-Remedia bereithalten mussten. Die Bevölkerung wurde angehalten, mit den Arzneien bestimmungsgemäß umzugehen, sodass weder gegen das fünfte Gebot gehandelt noch die Gesundheit "freventlich" verscherzt wurde. Ein weiteres Dokument der medizinischen Vorsorge ist eine im Jahr 1666 von dem Erfurter Medizinprofessor Eccardus Leichner publizierte Pestschrift.
Schutzheilige
Der Nutzen von Wissenschaft und Medizin ist beschränkt, und so suchte der Mensch immer wieder Trost in der Religion. Von vielen Schutzheiligen erhoffte man sich Hilfe bei bestimmten Krankheiten. Sankt Sebastian, der mit einer Statue aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert in der Ausstellung vertreten ist, galt als Patron gegen die Pest. Ein Reliquienschrein aus Heiligenstadt wurde im 17. Jahrhundert für die Verehrung von Soldaten der legendären Thebäischen Legion angefertigt, die im späten 3. Jahrhundert in der Schweiz den Märtyrertod erlitten haben sollen.
Reinhard WylegallaTrommsdorff (1770–1837) gehörte zu den herausragenden Apothekerpersönlichkeiten in Deutschland und wurde schon zu Lebzeiten hoch geehrt. Nun ist eine weitere öffentlichkeitswirksame Ehrung hinzugekommen.
Am 9. Oktober 2007 wurde am Turm des Hauptpostgebäudes auf dem Erfurter Anger, also just da, wo einst die von Trommsdorff geleitete Schwanring-Apotheke stand, ein Trommsdorff-Medaillon enthüllt. Vorbild für das Medaillon, das von dem Bildhauer Christian Paschold geschaffen wurde, war eine Medaille aus dem Jahre 1834.
Zur öffentlichen Einweihung waren zahlreiche Besucher und Ehrengäste erschienen, u. a. Prof. Peter Trommsdorff aus Grenoble und der Pharmaziehistoriker und Trommsdorff-Experte Dr. Wolfgang Götz.
Apothekerin Gisela Ronneberger und Bürgermeisterin Tamara Thierbach würdigten Trommsdorffs Lebenswerk bzw. sein Wirken als Erfurter Bürger. Im Namen der DGGP dankte Antje Mannetstätter Frau Ronneberger und ihrem Gatten für ihren unermüdlichen Einsatz, ebenso allen Sponsoren wie Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Noweda und Phoenix sowie allen persönlichen Spendern.
am/cae
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.