Aus Kammern und Verbänden

Verabschiedet auf der Jahrestagung vom 14. bis 17. Oktober 2007 in Regensburg

Vertraulichkeit der Beratung in der Apotheke

Die jährliche Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands (APD) fand in diesem Jahr vom 14. bis zum 17. Oktober in Regensburg statt, in einer Stadt, die als "mittelalterliches Wunder Deutschlands" (Weltkulturerbe der UNESCO seit 2006) und als moderner Wirtschafts- und Industriestandort gleichermaßen – wie die deutsche Apotheke – für Tradition und Aufbruch steht. Über 75 ehren- und hauptamtliche Pharmazieräte und Amtsapotheker aus ganz Deutschland trafen sich, um über die Vertraulichkeit der Beratung in der Apotheke zu diskutieren und sich über Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis zu informieren.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des informationellen Selbstbestimmungsrechts wurde die Forderung nach Vertraulichkeit der Beratung in der Apotheke bereits 1994 in § 4 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verankert. Als Richtschnur für die Umsetzung in der Apotheke hat die APD im Jahr 1997 entsprechende Leitsätze verabschiedet, die inzwischen in weiten Bereichen umgesetzt wurden. Dennoch gibt es weiteren Handlungsbedarf.

Voraussetzung zur Erfüllung dieses berechtigten Anspruchs der Patienten ist (neben der fachlichen Qualifikation des Apothekenpersonals) ein räumliches Umfeld, in dem die Vertraulichkeit der Beratung gewahrt ist. Die Abgabe eines Antimykotikums oder eines Mittels gegen Kopfläuse muss mit der entsprechenden Beratung so erfolgen können, dass kein Patient (wegen der möglichen Zuhörer) "rote Ohren" bekommt. Damit erlebt der Patient zugleich den "Mehrwert" der diskreten persönlichen Information und Beratung in der Apotheke im Vergleich zu anderen Vertriebsformen. Außerdem kann der Bevölkerung und der Politik vor Augen geführt werden, dass dieser "Mehrwert", d. h. eine qualifizierte Arzneimittelversorgung mit der unerlässlichen, vertraulichen Information und Beratung, nur durch eine öffentliche Apotheke vor Ort möglich ist.

Die Vertraulichkeit der Beratung war ein Schwerpunkt bei allen Referenten der Tagung. Es bestand Einvernehmen, dass sie bei jedem Gespräch und bei jeder Abgabe von Arzneimitteln gewährleistet werden muss.

Gerd Sauerbrey, Firma GS-Concept, Bergtheim/Würzburg, erläuterte anhand seiner Erfahrungen bei der Planung von Apothekeneinrichtungen die Vor- und Nachteile bestimmter Einrichtungen und zeigte konkrete Möglichkeiten auf, wie auch mit einfachen Mitteln Handverkaufstische so umgestaltet werden können, dass ein Höchstmaß an Vertraulichkeit erreicht werden kann. In der anschließenden Diskussion wurden von den Tagungsteilnehmern Mindeststandards zur Gewährleistung der Vertraulichkeit bei der Beratung erarbeitet und einstimmig beschlossen (Resolution 1).

Gespannt erwarteten die Teilnehmer den Vortrag der Leiterin des Referates "Arzneimittelzulassung und -qualität, Apothekenbetrieb" im BMG, Regierungsdirektorin Dr. Dagmar Krüger. Sie nahm erstmals an der Tagung teil und berichtete – topaktuell – über die Vorentwürfe zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung. Zugleich bat sie um Anregungen aus der Apotheken- und Überwachungspraxis. In der anschließenden lebhaften Diskussion wiesen die Tagungsteilnehmer darauf hin, dass die Regelungen in § 4 ApBetrO für einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb unverzichtbar sind. Dies gilt insbesondere für die Beschaffenheit, Größe und Einrichtung der Apothekenbetriebsräume, die Offizin, das Laboratorium, ausreichenden Lagerraum, das Nachtdienstzimmer und die geforderte Mindestgröße von 110 m². Unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung der Vertraulichkeit in der Beratung hält die APD eine Mindestgröße von 150 m² – zumindest bei Neugründungen – für erforderlich (Resolution 2 und 3).

Regierungsdirektor Gert Bernscher, Leiter des Referats "Arzneimittel, Apothekenwesen, Medizinprodukte" im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, berichtete über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe "Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen" (AATB) der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG). Als große Gefahr für die Arzneimittelsicherheit beurteilte er die Beliebigkeit von Arzneimittelabgabestellen.

Der Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, Dr. Ulrich Krötsch, referierte als Mitglied im Vorstand der Bundesapothekerkammer über die ca. 20 derzeitigen "Baustellen" der BAK. Mit Nachdruck forderte er alle Apotheker auf, mehr als bisher ihren Patienten und der Öffentlichkeit den Beruf des Apothekers als Heilberuf ins Bewusstsein zu rufen.

Der Geschäftsführer der ABDA für Apotheken-, Arzneimittel- und Berufsrecht, Lutz Tisch, beleuchtete die derzeitige Diskussion über Fremd- und Mehrbesitz aus der Sicht des Juristen. Nachdrücklich wies er auf die Garantenpflicht des Staates für die Zukunft der Apotheken hin. Im Hinblick auf das EuGH-Verfahren stellte er fest, dass nur in sechs Staaten der EU Niederlassungsfreiheit herrscht und dass Fremdbesitz in elf EU-Mitgliedstaaten verboten ist.

Über die Zukunft der Arzneimittelversorgung aus der Sicht eines Landesministeriums sprach Ministerialrat Walter Frie, Leiter des Referates "Pharmazie, Arzneimittel- und Apothekenwesen" im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen. Dabei ging er auch auf die geplante Initiative Nordrhein-Westfalens zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein. Im Gegenzug forderte er, den Heilberuf Apotheker in einer hohen Qualität in jeder Apotheke noch stärker erlebbar zu machen. Die Tagungsteilnehmer schlossen sich einstimmig seinen Forderungen an (Resolution 4).

Über Arzneimittel kritisch beraten

Neben der Vertraulichkeit der Beratung stand auch die fachliche Qualität der Beratung auf dem Programm. Prof. Dr. Theo Dingermann, Universität Frankfurt a. M., referierte über den Stellenwert pflanzlicher Arzneimittel und forderte die Apotheker auf, nur Präparate mit ausreichend hoher Qualität zu empfehlen.

Dr. Antje May-Manke, Autorin der NEM-Liste, brachte mit ihrem Vortrag mehr Klarheit in das Dickicht der Nahrungsergänzungsmittel und regte zum kritischen Umgang mit diesen Waren an.

Prof. Dr. Martin Schulz, Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis der ABDA, empfahl in seinem Vortrag "Kritische Beratung lohnt sich – Bewertung von freiverkäuflichen Arzneimitteln", Werbeaussagen kritisch zu hinterfragen. Gerade hier sei der pharmazeutische Sachverstand des Apothekers gefragt. Hilfreich bei der Bewertung seien die zehn "Indizien für Quacksalberei" (z. B. Aussagen, wie "keine Nebenwirkungen, ohne Risiken", "Erfolgsgarantie", "besser als die Schulmedizin", "wirksam – jedoch nicht als Arzneimittel zugelassen" sowie der häufige "Personenkult" in der Werbung).

Die Vorbereitung und Betreuung der Tagung lag wieder in den bewährten Händen der stellvertretenden APD-Vorsitzenden Sylvia Demelius und des Kollegen Dr. Winfried-G. Berger. Nach getaner Arbeit kam der kulturell-kulinarische Ausgleich in der UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt nicht zu kurz. Um die unverzichtbare finanzielle Basis kümmerten sich der Schatzmeister Dr. Helger Buttle und seine Frau Isolde. Allen Organisatoren sei für ihren ehrenamtlichen Einsatz herzlich gedankt. <

Christian Bauer, Vorsitzender

Sylvia Demelius, Stellv. Vorsitzende

Dr. Helger Buttle, Finanzen
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Die nächste Arbeitstagung der APD findet vom 12. bis 15. Oktober 2008 in Freiburg statt.
Resolutionen der APD
Resolution 1: Vertraulichkeit der Beratung
Nach § 20 ApBetrO muss die Abgabe von Arzneimitteln in der Apotheke mit Information und Beratung einhergehen, soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist. Die Beratung hat in einem diskreten Umfeld stattzufinden. Bezug nehmend auf § 4 (2) Satz 2 ApBetrO, § 20 (1) ApBetrO und die Leitlinien der Pharmazieräte von 1997 fordert die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands:
Die Vertraulichkeit der Beratung ist bei jedem Gespräch und bei jeder Abgabe von Arzneimitteln in der Apotheke zu gewährleisten.
Dazu sind qualitätssichernde Maßnahmen baulicher und organisatorischer Art erforderlich, beispielsweise:
  • durch voneinander getrennte Einzelbedienerplätze ist ein Abstand von Kunde zu Kunde von mindestens 2 m zu gewährleisten,
  • Abstandshalter, Markierungen am Boden und/oder Kennzeichnungen sind erste Maßnahmen,
  • Vertraulichkeitsüberbauungen, Akustikhauben und/oder seitliche Trennwände zwischen den Bedienerplätzen sind auch für bestehende Handverkaufstische schnell umzusetzende Optionen zur Erhöhung der Vertraulichkeit,
  • schallschluckende Maßnahmen wie Akustikdecken oder Teppichböden kommen als Ergänzung in Frage,
  • die Betriebsabläufe in der Apotheke sind so zu gestalten, dass ein Höchstmaß an Vertraulichkeit erreicht wird.
Welche Kombination der verschiedenen Maßnahmen für die jeweilige Apotheke sinnvoll und erforderlich ist, soll die Apothekenleiterin oder der Apothekenleiter vor der Umsetzung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde/Pharmazierat besprechen.
Abgeschirmte oder abgetrennte Bereiche oder Räume in der Offizin ersetzen nicht die erforderliche Vertraulichkeit der Beratung am Handverkaufstisch und kommen nur als Ergänzung in Betracht, beispielsweise für ausführliche Beratungsgespräche, für physiologisch-chemische Untersuchungen oder zum Anmessen von Kompressionsstrümpfen.
Die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands fordert alle Apothekenleiter auf, die vertrauliche Beratung am Handverkaufstisch noch stärker umzusetzen.
Resolution 2: Apothekenbetriebsräume
Die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands hält die Regelungen in § 4 ApBetrO zur Beschaffenheit, Größe und Einrichtung der Apothekenbetriebsräume für unverzichtbar. Dies gilt insbesondere für die Apothekenbetriebsräume, die Offizin, das Laboratorium, ausreichenden Lagerraum und das Nachtdienstzimmer sowie die Mindestgrundfläche von derzeit 110 m².
Unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung der Vertraulichkeit in der Beratung hält die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands eine Mindestgröße von 150 m² – zumindest bei Neugründungen – für erforderlich.
Resolution 3: Bedeutung von Labor und Rezeptur
Nach § 1 Absatz 1 ApoG obliegt (je-)der Apotheke die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Dazu zählt insbesondere die ordnungsgemäße Belieferung aller ärztlichen Verordnungen, z. B. mit Fertig- und Rezepturarzneimitteln. Da nach § 11 ApBetrO zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln nur Ausgangsstoffe verwendet werden dürfen, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt ist, ist ein leistungsfähiges Laboratorium in (je-)der Apotheke unverzichtbar.
Als Voraussetzung zur Erfüllung des Versorgungsauftrages nach § 1 Absatz 1 ApoG hält die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands die Herstellung von Rezepturarzneimitteln und damit das Vorhandensein von Labor und Rezeptur in jeder Apotheke für unverzichtbar. Nur so ist eine schnelle und ordnungsgemäße flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit ad hoc herzustellenden Rezepturarzneimitteln zu gewährleisten. Dies ist auch im Hinblick auf eine Notfallversorgung (z. B. Pandemie) wichtig.
Resolution 4: Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
Die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte und Amtsapotheker Deutschlands fordert aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und begrüßt hierzu ausdrücklich die entsprechende Initiative des nordrhein-westfälischen Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann.
Sylvia Demelius und Christian Bauer Der Vorsitzende der APD und seine Stellvertreterin.
Foto: APD

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