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Mehr Arzneimittelsicherheit …
Mehr Arzneimittelsicherheit I: Stellen Sie sich vor, ein Kunde kommt in Ihre Apotheke und verlangt ein Präparat gegen Durchfall: Er hätte gern ein Loperamid-Präparat. Ach ja, und dann wolle er auch gleich noch etwas für nächtliche Wadenkrämpfe mitnehmen – er verlangt Limptar. Sind diese Wünsche an OTC-Arzneimitteln so in Ordnung? Geben Sie die Präparate ohne Zögern ab oder klingeln im Hintergrund Alarmglöckchen? Wenn Sie den Beitrag in unserer letzten DAZ-Ausgabe (DAZ 4, S. 32) zum Thema Loperamid-Missbrauch gelesen haben, sind Sie wachsam, Sie schauen sich Ihren Kunden genauer an und hinterfragen seine Wünsche. Denn: Loperamid kann in Verbindung mit bestimmten Arzneimitteln, u. a. Chinin-haltigen, die Blut-Hirn-Schranke überwinden und Opioid-Wirkung und Rauschzustände entfalten. In bestimmten Kreisen wird es bereits missbräuchlich angewendet. Im Internet kursieren Empfehlungen, mit welchen anderen Arzneimitteln Loperamid seine "besten" Wirkungen zeigt, sprich: am meisten wie ein Opioid wirkt.
Jetzt heißt es also, verstärkt wachsam sein. Jetzt kommt es darauf an, dass Sie einen solchen Missbrauch erkennen und geeignet reagieren. Ich könnte mir gut vorstellen, dass schon bald Testkäufer die Probe aufs Exempel machen und Apotheken testen, ob sie ohne zu zögern beide Präparate über den HV-Tisch reichen oder bei einem der beiden Präparate dringend zu einem Präparat mit einem anderen Wirkstoff raten. Gerade im Handverkauf gehört es zu den Pflichten des Apothekers, auf solche Gefahren zu achten und sich im Zweifelsfall zu vergewissern oder auch die Abgabe zu verweigern. Natürlich kann sich derjenige, der Arzneimittel missbrauchen möchte, die Präparate in verschiedenen Apotheken besorgen – aber dann kann man uns mit unserer Beratungs- und Sorgfaltspflicht keinen Vorwurf machen.
Wenn dann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu der Auffassung gelangt, dass aufgrund der Verdachtsmomente ein häufiger Missbrauch vorliegt, wird dieses Institut handeln müssen und Loperamid unter die Verschreibungspflicht stellen.
Aber wir müssen und können hier zeigen, wie wichtig die Apotheke und die Apothekenpflicht ist. Dies umso mehr vor dem Hintergrund europäischer Tendenzen, OTC-Arzneimittel auch zum Verkauf in Supermärkten oder anderen Verkaufsstätten freizugeben. In einem US-amerikanischen Drugstore würde den Apothekerinnen und Apothekern bzw. den Assistenten ein gehäufter Kauf von Loperamid- und Chinin-haltigen Präparaten wohl nicht auffallen – solche Präparate liegen in der Freiwahl, nur die Kassierer an der Kasse ziehen die Packungen am Scanner vorbei – ohne Beratung.
Mehr Arzneimittelsicherheit II: Die in der letzten Woche in Kraft getretene EU-Verordnung zu Kinderarzneimitteln wird für einen Meilenstein in der Arzneitherapie für Kinder sorgen. Sie war längst überfällig. Schon lange wissen wir, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, und eine Arzneidosis nicht einfach auf ein niedrigeres Körpergewicht heruntergerechnet werden kann. Ganz abgesehen davon, dass viele Stoffe für die Anwendung an Kindern schlichtweg nicht geeignet sind.
Aber dies war bisher nicht so konsequent geregelt. Nur lapidare Hinweise, Arzneimittel beispielsweise erst ab sechs oder zwölf Jahren anzuwenden, tauchten mangels besseren Wissens in Packungsbeilagen auf. Weil man auf Nummer sicher ging. An Kindern getestet waren die Arzneimittel nicht. Das wird sich jetzt ändern. Die Pharmahersteller begrüßen die neue EU-Verordnung, die künftig auch klare Aussagen fordert, ob und unter welchen Bedingungen ein Arzneimittel für Kinder geeignet ist. "Ein guter Tag für die Kindermedizin", lässt der Verband Forschender Arzneimittelhersteller wissen, die Arzneiforschung für Kinder bekomme jetzt richtig Schub. Pharmahersteller werden nun verpflichtet, alle in Entwicklung befindlichen Arzneimittel auch für Kinder und Jugendliche zu prüfen und zur Zulassung einzureichen, sofern sie für diese Altersgruppen in Betracht kommen. Schon in drei Jahren, so die Prognosen, wird es Arzneimittelpackungen geben, auf denen bereits ein Symbol kenntlich macht, dass dieses Arzneimittel auch für Kinder zugelassen ist. Die neue EU-Verordnung für Kinderarzneimittel bedeutet aber, dass Studien mit Kindern durchgeführt werden müssen. Hier könnten Schwierigkeiten auf die Pharmaindustrie zukommen, ausreichend Probanden zu rekrutieren. Ob Eltern bereitwillig zustimmen, dass ihr Kind an einer Arzneimittelstudie teilnehmen soll? Wie von Experten zu erfahren war, darf es solche Studien nicht mit gesunden Kindern geben, sondern nur an kranken Kindern. Und die Eltern werden darauf hingewiesen, dass ihr Kind eine besonders intensive Betreuung und Überwachung erfährt.
Unser Titelbeitrag befasst sich mit den Besonderheiten der Arzneitherapie von Kindern. Ein Interview mit einem Experten erklärt Einzelheiten zur neuen EU-Verordnung.
Beide Themen, Missbrauch von Loperamid und Zulassung von Kinderarzneimitteln handeln von Arzneimittelsicherheit – unsere Politiker sollten einsehen, dass sie nicht teilbar ist. Und dass der Apotheker unverzichtbar dazugehört.
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