Arzneimittel und Therapie

Chronische Hepatitis B

Hepatitis-B-Viren Das Nukleosidanalogon Telbivudin unterdrückt das Hepatitis-B-­Virus bei erwachsenen Patienten mit Nachweis der Virusreplikation schnell und tiefgreifend und führt zu einem verbesserten Krankheitsverlauf. Der Hauptwirkmechanismus beruht auf einem Kettenabbruch bei der reversen Transkription des Virus.

Frühe Virussuppression entscheidet über Therapieregime

Die chronische Hepatitis B ist noch immer eine große medizinische Herausforderung mit weltweit 400 Millionen Erkrankten und einer Million Toten pro Jahr. Eine wichtige Therapieoption sind antiviral wirksame orale Nukleosidanaloga. Aktuelle Daten weisen nun auf die Notwendigkeit einer individualisierten Therapie hin, die sich an der frühen Virussuppression orientiert. Das Nukleosidanalogon Telbivudin, das sich in der Zulassung befindet, wirkt hochselektiv bei Hepatitis-B-Infektionen und zeigt praktisch keinerlei Wirkung gegen andere Viren oder infektiöse Krankheitserreger.

In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen an einer chronischen Hepatitis B erkrankt.

Die Versorgung von Patienten mit chronischer Hepatitis B ist – nicht zuletzt wegen der vorherrschenden Ignoranz – schlecht. Nur etwa ein Fünftel der Infizierten wird überhaupt erkannt, nur knapp ein Drittel der Diagnostizierten behandelt. Fatal, denn die chronische Hepatitis B geht mit einem hohen Risiko für Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom einher. Das Risiko ist um so höher, je höher die Viruslast ist. Die gilt derzeit als wichtigster Prädiktor für die Entwicklung einer Zirrhose, unabhängig von den Serum-Transaminasen. Die Reduktion der Viruslast stellt das primäre Behandlungsziel dar, um das Risiko für Leberzirrhose und Leberkarzinom zu minimieren. Um Hepatitis-B-Infizierte früher zu identifizieren, sollte bei Patienten mit erhöhten Leberwerten immer auch die Möglichkeit einer Hepatitis-B-Infektion abgeklärt werden.

Antiviral wirksame Nukleosidanaloga sind, neben (pegylierten) Interferonen eine wichtige Therapieoption. HBeAg-positive Patienten mit deutlich erhöhten Transaminasen und einer Viruslast über 5 log10-Stufen gelten eher als Kandidaten für eine Interferontherapie. Für HBeAg-negative Patienten mit hoher Viruslast eignen sich eher orale Nukleosidanaloga. Sie haben zudem den Vorteil der weitaus besseren Verträglichkeit, müssen aber meist langfristig über Jahre eingenommen werden. Erreicht wird eine Besserung der Leberhistologie und eine Langzeitsuppression der HBV-Replikation. Als problematisch gilt die Resistenzentwicklung. Mit der noch in diesem Jahr auch in Deutschland erwarteten Zulassung von Telbivudin steht ein neues hochwirksames Nukleosidanalogon ante portas. Es ist nicht nur effektiver ist als die Standardsubstanz Lamivudin, sondern zeigt auch deutlich günstigere Resistenzdaten, wie die aktuellen Zwei-Jahres-Ergebnisse der GLOBE-Studie zeigen: Im direkten Vergleich zwischen Telbivudin und Lamivudin bei 1367 Patienten mit chronischer Hepatitis B erreichten 56% der HBeAg-positiven Patienten eine Absenkung der HBV-DNA unter die Nachweisgrenze (PCR-Negativität; < 300 Kopien/ml), dagegen nur 39% der mit Lamivudin Behandelten. Noch günstiger sind die Ergebnisse für HBeAg-Negative (82% versus 57%). Besonders interessant: der Blick auf die Resistenzdaten. Hier lag die kumulative Resistenzrate unter Telbivudin bei 18%, unter Lamivudin bei 30%.

Virussuppression als prognostischer Marker

Der Resistenzentwicklung kann jedoch nicht nur mit der Auswahl eines Nukleosidanalogons mit niedrigen Resistenzraten begegnet werden. Ebenfalls entscheidend für den Therapieerfolg ist es, die Entwicklung einer Resistenz so früh wie möglich zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Als wichtigen prognostischen Marker bestätigte die GLOBE-Studie die frühe HBV-DNA-Suppression unter Therapie. Je besser die Virussuppression nach 24 Wochen, um so höher die Wirksamkeit der Therapie und um so niedriger das Resistenzrisiko. Wird nach 24 Wochen unter Therapie mit einem Nukleosidanalogon ein komplettes Ansprechen erreicht mit einer Reduktion der HBV-DNA unter die PCR-Nachweisgrenze, kann das Regime beibehalten werden. Bei Non-Respondern (Viruslast über 1000 Kopien/ml) sollte dann mit einem zusätzlichen Nukleosidanalogon eine Kombinationstherapie durchgeführt werden. Ein Switch zu einer Monotherapie mit einem anderen Nukleosidanalogon wird dagegen nicht befürwortet, ebenso wenig wie eine initiale Kombinationstherapie. Bei partiellem Ansprechen heißt es zunächst drei Monate abzuwarten, da ein Teil der Patienten im weiteren Verlauf doch noch anspricht. Spätestens dann sollte reagiert werden. Keinesfalls aber sollte mit der Therapieumstellung abgewartet werden, bis Resistenzen auftreten.

Aktueller Stand der Zulassung von Telbivudin

Telbivudin supprimiert nachweislich und wirksam die Replikation des Hepatitis-B-Virus. Eine Behandlung mit dem Nukleosidanalogon Telbivudin ist indiziert bei der chronischen Hepatitis B erwachsener Patienten mit Nachweis einer Virusreplikation und entweder Nachweis einer persistierenden Erhöhung der Serum-Transaminasen oder einer histologisch aktiven Erkrankung. Telbivudin wird in Tablettenform angeboten, ist einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten einzunehmen. In der Schweiz ist es als Sebivo® und den USA ist es als TyzekaTM bereits zugelassen. Bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA wurde im ersten Quartal 2006 ein Zulassungsantrag eingereicht. Die Unternehmen hoffen, dass Telbivudin im zweiten Quartal dieses Jahres europaweit zugelassen wird.

Quelle

J. Petersen, Hamburg; H. Tillmann, Leipzig: Pressegespräch "Aktuelle Daten aus der Wissenschaft: Zusatznutzen neuer Nukleosidanaloga bei chronischer Hepatitis B", Göttingen, 26. Januar 2007, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH/Idenix Germany GmbH, Nürnberg.

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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