- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 1/2008
- Der DAX startet in ein ...
Wirtschaft
Der DAX startet in ein schwieriges Börsenjahr
Überwiegend optimistisch geben sich die Banken in Hinblick auf die Börsenentwicklung im neuen Jahr. So erwarten die Experten der Deutschen Bank im Jahresverlauf einen DAX-Stand von 8300 Punkten – und liegen damit etwa auf Augenhöhe mit der Einschätzung der Dresdner Bank. Begründung: Die Wirtschaftskrise in den USA hinließe wahrscheinlich nur eine Wachstumsdelle, der dann – dank der Zinspolitik der EZB und der amerikanischen Notenbank FED – eine deutliche Erholung folgen sollte. Allerdings sei diese Prognose hinfällig, sollte es in den USA zu einer Rezession kommen.
Optimistischer geht die DekaBank zu Werke. Sie sieht die Kreditkrise bald schon abklingen und vertraut auf den Welthandel, den deutschen Konsum und auf insgesamt wieder rückläufige Rohölnotierungen. Die Volkswirte der Bank sehen den DAX unter diesen Voraussetzungen bei 9000 Punkten.
Die Experten der Helaba sehen ebenfalls das Wachstumstief der USA bald überwunden und verweisen auf die bevorstehenden traditionell starken Börsenmonate. Zu einer DAX-Schätzung lässt sich die Bank indes nicht hinreißen.
Etwas vorsichtiger geben sich dagegen die Profis der ABN-AMRO-Bank. Sie beobachten eine abgeschwächte Wachstumsdynamik an den Aktienmärkten, nachdem die Phase der Niedrigzinspolitik nun weltweit beendet sei und die amerikanische Wirtschaft aktuell spürbar an Schwung verliert. Die Experten vertrauen aber auf weiteres Zinssenkungspotenzial und auf das Wahljahr in den USA, was sich nach ihrer Ansicht am Ende in einer Wirtschaftsbelebung widerspiegeln sollte. Auch die ABN-AMRO gibt keine DAX-Schätzung ab.
Zu den Optimisten gehören die BHF-Bank und die Commerzbank, die den DAX bei 8700 sehen bzw. ihm sogar einen Anstieg auf über 9000 Punkte zutrauen.
Relativ pessimistisch zeigt sich dagegen die Financial Times Deutschland in ihrer Prognose. Sie erwartet weitere Nachwehen von der Kreditkrise und einen inflationsbedingt nur eingeschränkten Handlungsspielraum der Notenbanken. Ihrer Einschätzung nach wird der DAX zeitweise unter 7000 Punkte fallen.
Window-Dressing zum Ausklang
Als "Window-Dressing" bezeichnet man die Kurspflegemaßnahmen der großen institutionellen Anleger kurz vor Jahresende zur Verschönerung der eigenen Depots. Dabei werden die Kursgewinner des Jahres wie die Deutsche Börse oder Volkswagen noch zugekauft und Verlierer wie die IKB oder Immobilienwerte kurzfristig verkauft. Da von den meisten Kunden ohnehin nicht so richtig verfolgt wird, wann genau solche "Anpassungen" vorgenommen wurden, weist auf diese Art jeder institutionelle Anleger am Ende nur Gewinner im Depot aus.
Die Kurse tendieren zum Jahresende fast zwangsläufig nach oben, was letztlich den niedrigen Börsenumsätzen in den letzten Handelstagen zuzuschreiben ist. Niedrige Umsätze sind gut, wenn man mit wenig Einsatz den Kurs in die Höhe treiben will – aber extrem schlecht, wenn sich ein Investmentfonds im größeren Stil von einer Aktie trennen möchte. Größere Verkäufe werden deshalb von den Institutionellen zu Zeiten getätigt, in denen die Märkte liquide sind. Alles in allem lassen solche kurzfristigen Aktionen zum Jahresende grundsätzlich keinerlei Rückschluss auf die Strategie der Profis für das neue Börsenjahr zu.
Was das Börsenjahr 2008 betrifft, stimmen einige Faktoren bedenklich. Frankfurt und New York beginnen das neue Börsenjahr nahe ihrem All-time-high. Weiter steigende Kurse würden voraussetzen, dass sich auch das fundamentale Umfeld in absehbarer Zeit entsprechend positiv entwickeln wird. Doch die Kreditklemme zieht immer weitere Kreise. Bislang warf diese Krise nur auf jene Banken ein schlechtes Licht, die Milliardenverluste mit Hypothekenprodukten erlitten hatten. Inzwischen stehen indes auch große Kreditversicherer, die Anleihen gegen Zahlungsausfälle absichern, unter Verdacht. Ihnen droht nun ebenfalls eine Herabstufung ihrer Bonität durch die großen Rating-Agenturen. Das würde das allgemeine Misstrauen nur noch verstärken und die Konsequenzen wären unabsehbar. Die Strategen von Morgan Stanley sehen darin auch das große Thema des Börsenjahres 2008.
Die Welt – unabhängiger von den USA?
Auch die Hoffnung, Zinssenkungen könnten das Schiff wieder auf Kurs bringen, erscheint wenig fundamentiert. Mit den amerikanischen Banken gerät das ganze System ins Wanken. Es war ja gerade die Niedrigzinspolitik der amerikanischen Notenbank, die unter Alan Greenspan hemmungslos den US-Konsum künstlich in die Höhe getrieben hatte – sehr zu Freuden der großen Exportnationen. Heute schulden die USA der Welt 13.000 Milliarden Dollar. Und nun soll eine neuerliche Zinssenkungsrunde die Wende zum Besseren bringen?
Nun hoffen viele Investoren darauf, dass sich die Krise auf Amerika begrenzen ließe und Europa eventuelle Ausfälle im Handel mit China kompensieren könne. Die Zeiten seien vorbei – so hört man – als der Rest der Welt unter der höchsten Grippe zu leiden hatte, während Amerika gerade mal leicht vor sich hin schnupfte. Eine gewagte Aussage, wenn man bedenkt, dass 19% der deutschen Automobilindustrie in die USA gehen. Auch für Asien befürchtet die Asian Development Bank im Falle einer US-Rezession einen deutlichen Dämpfer. 21% aller chinesischen Exporte und 22,5% aller japanischen Ausfuhren gehen in die USA. Das Investmenthaus Morgan Stanley Asia warnt deshalb, dass ein Niedergang des amerikanischen Konsumenten auch in Asien hohe Wellen schlagen werde.
Ganz entscheidend für die weitere Börsenentwicklung scheint das Vertrauen in die robuste Nachfrage aus China zu sein. Diese Ansicht liegt praktisch allen optimistischen Prognosen der maßgeblichen Bankhäuser zugrunde und führt dazu, dass sich die Weltbörsen immer noch in relativ luftigen Höhen bewegen. Sollte diese Einschätzung jedoch auch nur einem Hauch an Zweifel unterliegen, gäbe es für die Börsenkurse kein Halten mehr. Der Wahrheit am nächsten wird wahrscheinlich die Financial Times mit ihrer Prognose kommen. Mit Recht weist sie darauf hin, dass die Kreditkrise weiter ausufern, während die Bewegungsfreiheit der Notenbanken sich zunehmend verringern dürfte. Der DAX dürfte deshalb auf kurze Sicht in einen Korridor zwischen 6500 und 7000 Punkten abtauchen. Auf diesem Niveau sollte es zu einer stärkeren Erholung kommen. Der weitere Fortgang wird dann von der Stimmungslage abhängen. Dreht diese nachhaltig, sind auch 6000 Punkte kein Tabu. Auf einen DAX unter 7000 Punkte zu spekulieren und bis dahin auf Tagesgeldbasis das Pulver trocken halten – das scheint die Devise für die Börse 2008. DAX am 2. Januar 2008 (14.00 h): 8065 Punkte.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.