Es sind die kleinen Dinge, die Ergebnisse bringen

"Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus" – und einer der mächtigsten Schatten ist, dass das Projekt einfach nicht beginnt! Die Absicht ist zwar deutlich, eine gewisse Erwartungshaltung hat sich unter den Beteiligten ausgebreitet, vielleicht wurde sogar ein Ziel angekündigt … aber es geht nicht los! Hier sind kleine Schritte gefragt, überschaubare Maßnahmen, die mit wenig Aufwand bereits deutlich sichtbare Ergebnisse erzeugen und somit das hehre Ziel greifbar machen, wenigstens in seinen Anfängen. Finden Sie Ihre Strategie, mit kleinen Schritten effektiv voranzukommen, und staunen Sie über die motivierende Psychodynamik dieser Vorgehensweise!
Wie Sie große Ziele mit kleinen Schritten angehen

Erinnern Sie sich an Hausaufgaben in der Schule, wo Sie gequält vor einem leeren Blatt saßen und einen richtig ausführlichen Aufsatz schreiben sollten? Selbst die vorgegebene Überschrift zu notieren war schon unendlich schwer, denn damit war klar, dass dieses Blatt tatsächlich dem Aufsatz gewidmet wurde. Einem ganz leeren Blatt wäre es nicht anzusehen gewesen, dass es keinen Aufsatz enthält … Ähnlich einschüchternd wirken manche großen Ziele auf diejenigen, die sie umsetzen sollen oder eigentlich auch umsetzen möchten. Gefragt ist ein leichter Einstieg, der nach wenig Einsatz schon erkennbare Befriedigung bringt.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie möchten systematische Mitarbeitergespräche in Ihrer Apotheke einführen, z. B. weil dies im Rahmen eines neu eingeführten QM-Systems so vorgesehen ist. Natürlich haben Sie auch bisher schon mit Ihrem Mitarbeiter und Ihren Mitarbeiterinnen über deren Leistung gesprochen, gelegentlich etwas kritisiert, hoffentlich auch Vorschläge und konstruktive Kritik Ihrer Mitarbeiter angenommen und sie konkret gelobt, wenn Sie zufrieden waren. Aber nun soll das endlich nach einem roten Faden ablaufen, in regelmäßigen Abständen und mit schriftlichen Notizen. Langfristig wollen Sie mit Ihrem Team auch Zielvereinbarungen aufstellen; ob eines Tages leistungsorientierte Bezahlung ein Thema wird, halten Sie sich noch offen.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind grundsätzlich aufgeschlossen und erwarten baldige Aktionen von Ihnen. Schließlich hat die Einführung des QM-Systems das Team bereits sensibilisiert, auch für Kommunikation. Bisher fanden Ihre Mitarbeitergespräche meist "zwischen Tür und Angel" statt, oft anlässlich Ihrer Kritik an der Organisation der Arbeit oder einer "typischen" Verhaltensweise, die Ihnen missfällt.

Das Team hofft, dass Sie sich in den künftigen Gesprächen Zeit nehmen, auch die Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ruhe anzuhören, und dass man auch mal eine Sache "ausdiskutieren" kann. Hier droht der erste Stolperstein: Wenn Sie diese positiven Erwartungen zu lange unerfüllt lassen, wird die anfängliche Motivation in Skepsis umschlagen, ob Sie es überhaupt ernst gemeint haben. Je länger Sie "gute Gründe" vorschieben, warum jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt ist für diese Gespräche, umso eher werden auch gewisse Teammitglieder den Gesprächen ausweichen, z. B. wenn sie konfliktscheu sind oder wenn sie mit nachteiliger Kritik rechnen. Dann brauchen Sie schließlich Ihre ganze Autorität als Führungskraft, um ein Mitarbeitergespräch anzuberaumen, was die Gesprächsatmosphäre beeinträchtigen könnte. Damit riskieren Sie unbewusst eine Abwärtsspirale sich selbst erfüllender Prophezeiungen.

Dort anfangen, wo es am leichtesten fällt

Ja: Gute, systematisierte Mitarbeitergespräche brauchen Zeit, nicht nur für das Gespräch an sich, sondern auch für die Vor- und Nachbereitung. Aber muss die erste Gesprächsrunde wirklich gleich perfekt ablaufen? Viel wichtiger ist es, dass Sie

  • Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen lassen: Sie meinen es ernst mit Ihrem Ziel;
  • erste, wenn auch kleine Verbesserungen zeitnah zur Verkündung des Ziels erreichen;
  • den Prozess kontinuierlicher Verbesserungen als normal vorleben (anstatt das Unvollständige als unzureichend darstellen).

Knüpfen Sie an Ihre bisherige Gesprächspraxis an: Kritikgespräche im Alltag wird es ja weiterhin geben. Vereinbaren Sie, dass Sie – z. B. in den nächsten vier Wochen – im Ablauf dieser Gespräche einige Kleinigkeiten ändern werden. Setzen Sie dabei an den Punkten an, die bei Ihren Mitarbeiter/innen als eine erkennbare Verbesserung gegenüber der bisherigen Praxis ankommen, z. B.:

  • Wenn Sie ein impulsiver Typ sind und Ihre bisherige "spontane" Kritik bisher auch mal verletzend ankam, so dass eine Entschuldigung erwartet wurde: Arbeiten Sie an sich selbst. Wenn es Ihnen gelingt, spontane Kritik mit einem sachlichen (!) Einleitungssatz zu beginnen, wäre schon viel gewonnen, z. B.: "Ich möchte Sie gerne auf ein Verhalten hinweisen, das mich in Ihrer Kundenberatung eben gestört hat." (Anstatt "Frau…, jetzt haben Sie schon wieder…!")
  • Wenn Ihre Mitarbeiter bisher nicht unmittelbar auf Ihre Anweisungen oder Ihr Feedback reagieren konnten oder durften, z. B. weil sich angesichts des Arbeitsdrucks niemand Zeit dafür genommen hat oder weil sie sich einfach nicht getraut haben: Statt zu versprechen, dass man das "bei Gelegenheit" mal in Ruhe bespricht, hören Sie sich ohne weitere Kommentare wenigstens an, was die betreffende Person zu sagen hat. Möglicherweise ist es sogar besser, wenn beide Seiten erst einmal für sich darüber nachdenken können, bevor man aktiv nach einer Einigung sucht. Selbst wenn Sie diesen Gesprächsanteil einleiten mit einem knappen: "Jetzt Sie!", dann aber wirklich zuhören, ist das schon ein Schritt in Richtung des großen Ziels. Beenden Sie die Szene mit "ich denke darüber nach" oder "ich habe gehört, wie Sie das sehen". Bei zurückhaltenden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern sollten Sie nach deren Kommentar aktiv fragen.
  • Wenn Ihnen wichtig ist, dass Ihre Mitarbeiter selbst öfters Vorschläge zur Optimierung Ihrer Arbeit einbringen, brauchen Sie nicht auf "offizielle" Mitarbeitergespräche zu warten: Nutzen Sie Gelegenheiten wie die Übergabe an Ihre Approbierten und alltägliche kurze Arbeitsbesprechungen mit allen Berufsgruppen Ihrer Angestellten, um am Schluss noch kurz zu fragen: "Hat jemand einen grundsätzlichen Verbesserungsvorschlag, über den wir mal reden sollten?" Zwingen Sie sich nicht, alles gleich auszudiskutieren; wichtig ist jetzt erst einmal, dass Sie zeigen, Sie wollen etwas hören, und Sie nehmen das Thema auf.

Nach einigen Wochen, spätestens nach drei Monaten wird das Team sich an Ihre neuen kleinen Schritte gewöhnt haben. Jetzt ist es Zeit, den nächsten Schritt zu tun, damit klar ist: Das große Ziel, systematische Mitarbeitergespräche einzuführen, gilt immer noch.

Mittel- und längerfristig planen

Je knapper Ihre Zeit ist, umso wichtiger ist die mittel- und längerfristige Planung für Ihre Gespräche. Wer sagt, dass alle Angestellten im selben Monat ihr Personalgespräch haben müssen? Wenn das Thema in dieser Form neu für Sie ist, verteilen Sie Ihre Gesprächstermine lieber. Planen Sie Ihre Termine in drei Stufen:

1. Drei bis sechs Monate im Voraus ankündigen, in welchem Monat Sie eine Teambesprechung planen, um bestimmte Themen aus den bis dahin geführten Gesprächen weiter zu verfolgen und gewisse grundsätzliche Verbesserungsvorschläge aufzugreifen. Noch besser, wenn Sie bereits einen konkreten Termin nennen; bestimmen Sie wenigstens, bis wann der Termin festgelegt werden wird.

2. Reihenfolge ankündigen, in der Sie die Gespräche führen. Wählen Sie eine Reihenfolge, die dem Team plausibel erscheint, z. B. nach Dienstalter (wer am längsten bei Ihnen ist, kommt zuerst) oder nach Berufsgruppen. Diese Reihenfolge muss nicht sklavisch eingehalten werden, ist aber eine ungefähre Richtschnur.

3. Mit der ersten Person schon einen Termin vereinbaren; selbstverständlich wird das Team neugierig sein, wie das Gespräch verlaufen ist, verlangen Sie also nicht Stillschweigen – überlassen Sie es den Angestellten im Einzelnen, was sie erzählen möchten, und sagen Sie ihnen das auch.

Durch diese Planung erhalten Sie die positive Erwartungshaltung Ihrer Angestellten, dass die Mitarbeitergespräche wirklich erwünscht sind und (im Rahmen Ihres QM-Systems) auch Verbesserungen bringen können; trotzdem brauchen Sie keine "Hau-Ruck"-Aktion, die innerhalb eines kurzen Zeitraums enormen Aufwand für Sie erzeugen würde.

Die Kunst der Balance

Für Perfektionisten wird es eine beträchtliche Herausforderung sein, eine gesunde Balance zu halten, wenn Sie die Methode der kleinen Schritte einsetzen: Sie leben lange mit dem Unvollständigen. Deshalb ist es wichtig, nicht nur den Blick aufs große Ziel zu bewahren, sondern auch immer wieder zu sehen, was schon erreicht worden ist.

Wer die Herausforderungen des Lebens eher entspannt annimmt und leicht "fünfe gerade sein lassen" kann, muss darauf achten, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, nachdem schon die ersten kleinen Schritte erfolgreich waren. Das Provisorium darf nicht zum Standard werden.

Sollten Sie allerdings auf dem Weg zum Ziel feststellen, dass Ihr bisheriges Ziel zu anspruchsvoll war, dass es unrealistisch ist im Bezug auf die Zeit oder den Aufwand – dann seien Sie so ehrlich und ändern Ihr Ziel!

Von einem großen Ziel abzurücken mag manchen Menschen wie eine Resignation oder gar Kapitulation erscheinen. Das hilft Ihrem Management wenig. Unterscheiden Sie zwischen Managementzielen und Ansprüchen: Halten Sie Ihre Ansprüche weiterhin hoch. Nur weil Ihre Erwartung oder Hoffnung derzeit nicht mit realistischem Aufwand zu erreichen ist, brauchen Sie Ihre Ansprüche ja nicht zurückzuschrauben. Ihr konkretes Ziel jedoch, auf das Sie mit Ihrem Team hinarbeiten, sollte umsetzbar sein.

Die Politik der kleinen Schritte trägt in jedem Fall dazu bei. Stellen Sie sich nur das Erstaunen Ihrer PKA vor, wenn Sie zum ersten Mal Ihr Feedback im Alltag einleiten, anstatt impulsiv herauszuplatzen, den Ärger einfach zu schlucken oder – womöglich noch schlimmer – ein Lob zu verschlafen: "Frau …, ich möchte Ihnen gerne etwas sagen, worüber ich mich gestern sehr gefreut habe: …".

Vera Naumann, Kommunikationsberaterin, E-Mail info@vera-naumann.de

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