Zeckengefahr 2008: Versicherer zahlen für Folgen

(bü). Auch für das Jahr 2008 sagen Experten voraus, dass die Anzahl der Patienten, die mit einem Zeckenstich (und den Folgen) eine Arztpraxis aufsuchen müssen, hoch sein wird. Durch Zecken übertragbare Erkrankungen wie beispielsweise Hirnhautentzündung oder Borreliose können lebensgefährlich sein. Für die Behandlung der Folgen eines Zeckenstiches kommt die (private oder gesetzliche) Krankenversicherung auf. Doch kann ein Zeckenstich ein Dienstunfall sein? Und haben Zeckenopfer Anspruch auf Leistung aus der privaten Unfallversicherung? Gerichte haben diese Fragen geklärt:
Förster sind auch gesetzlich geschützt / Zeckenstiche aus dem Blickwinkel von Justitia

So hatte das Bayerische Landessozialgericht einen Fall zu entscheiden, in dem eine Frau gegen die gesetzliche Unfallversicherung um Hinterbliebenenrente kämpfte, nachdem sie ihren Ehemann an den Folgen eines Zeckenstiches verloren hatte. Die Witwe gab an, dass sie ihrem Mann kurz vor seinem Tod eine Zecke entfernt habe, die sich während seiner Beschäftigung – beim Entladen eines Lkws in einem Waldstück – an ihm "festgebissen" habe. Sie konnte ihre Version jedoch nicht mit Indizien untermauern, so dass das Gericht nicht von einem Arbeitsunfall ausging. Außerdem hatten Zeugen ausgesagt, dass der Mann davon gesprochen habe, sich die Zecke in seiner Freizeit "beim Pilze suchen eingefangen" zu haben. (Az.: L 3 U 49/04)

Um die Anerkennung eines Zeckenstichs als Arbeits- oder Dienstunfall wird am häufigsten – und mit verschiedenen Ergebnissen – gestritten.

So urteilte das Verwaltungsgericht Stade , dass es zwar nicht ausgeschlossen sei, einen Zeckenstich als "Dienstunfall" mit daraus folgenden Leistungsansprüchen vom Dienstherrn anzuerkennen. Allerdings muss der Beamte dann zeitnah nachweisen, dass seine Krankheit (hier: Borreliose) auf die Zecke zurückzuführen ist und sich das "Ereignis" während der Dienstzeit zugetragen hat. Zumindest müsse dies "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" festgestellt worden sein – auch wenn das bei Zeckenstichen (weil sie kaum spürbar sind) schwer falle. Eine beamtete Praxislehrerin für Hauswirtschaft ging leer aus, weil sie erst vier Jahre nach – insgesamt sechs, zu unterschiedlichen Zeiten erlittenen, Zeckenstichen – deren Folgen anerkannt haben wollte. Das Gericht folgte der Frau nicht, die sich die Krankheit – nach eigener Aussage – im dienstlichen "Hausgarten" zugezogen habe. (Az.: 3 A 1932/05)

Anders das Verwaltungsgericht Braunschweig: Bei einem Forstbeamten, der regelmäßig im Außendienst tätig ist, sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls bei einer durch den Stich einer Zecke ausgelösten Borreliose, die zu den "von Tieren auf Menschen übertragbaren Krankheiten" zählt, erfüllt. Deswegen sei die Erkrankung als Dienstunfall nach der Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen – auch dann, wenn der Förster den Zeitpunkt und den Ort nicht genau angeben konnte, an dem er von der Zecke heimgesucht wurde. Es sei "aber sehr wahrscheinlich", dass der Förster den Stich der Zecke während seines Dienstes erlitten habe, da er der Gefahr "besonders ausgesetzt" gewesen sei. (Az.: 7 A 356/06)

Am fehlenden Nachweis über den Zeitpunkt eines Zeckenstiches scheiterte allerdings eine Lehrerin aus Niedersachsen. Sie hatte angegeben, während einer Klassenfahrt von einer Zecke gestochen worden zu sein und sich anschließend mit einer heftigen fiebrigen Infektion herumgeschlagen zu haben. Die Pädagogin wollte erreichen, dass der Stich als Dienstunfall anerkannt wurde – ohne Erfolg. Ihr gelang es nicht, den genauen Zeitpunkt des "Zeckenangriffs" zu benennen, weil sie die Attacke zunächst selber nicht bemerkt hatte und erst die Untersuchung durch einen Arzt den Plagegeist ans Tageslicht brachte. Vor dem Verwaltungsgericht Hannover hatte die Lehrerin dann angegeben, dass das Insekt in der Zeit des Ausflugs "auf sie herab gefallen" sein musste. Weil es aber bei einem Zeckenstich keinen natürlichen Geschehensablauf gibt, aufgrund dessen rekonstruiert werden könne, zu welchem Zeitpunkt die "Tat geschah" (eine Zecke "sucht" bis zu zwei Stunden den Körper des Befallenen ab, ehe sie die "richtige Stelle" gefunden hat), war eine Anerkennung als Dienstunfall ausgeschlossen. (Az.: 2 A 1143/05)

Mit der gleichen Argumentation wurde ein Polizeibeamter zurückgewiesen, der behauptete, dass die Zecke, die er nach dem Zurücklegen seines Arbeitsweges durch einen Wald mit dem Fahrrad unterhalb seines Rippenbogens entdeckte, auf diesem Weg "aufgesprungen" sein musste. Auch der Polizist konnte seine Darstellung nicht hinreichend belegen und bekam einen Dienstunfall ebenfalls nicht anerkannt. Das Verwaltungsgericht Trier urteilte "nach der allgemeinen Lebenserfahrung, nach der es ebenso gut möglich erscheint, dass die Zecke bereits vor Antritt der Fahrt an den Körper des Polizisten geraten ist". (Az.: 1 K 409/06)

Auch Private Unfallversicherer "springen auf"

Üblicherweise werden die aus einem Zeckenstich resultierenden Infektionen von den privaten Unfallversicherern nicht als Unfall eingestuft. Die ersten Versicherer haben nun allerdings ihren Leistungskatalog dahingehend wegen des steigenden Invaliditäts-Risikos bei Borreliose erweitert. Weil die Infektion auch noch Jahre nach dem Zeckenbiss – also dem eigentlichen Unfallereignis – auftreten kann, wird der Beginn der Frist, innerhalb der Invalidität festgestellt werden muss, verschoben. Sie beginnt dann zu laufen, wenn ein Arzt die (erstmalige) Diagnose der Infektion stellt. .

Robert Koch Institut, 13302 Berlin www.rki.de -> Infektionskrankheiten
Borreliose und FSME-Bund Deutschland e. V., Patientenorganisation, 64354 Reinheim www.borreliose-bund.de
Bundesverband Zecken-Krankheiten e. V., 71088 Holzgerlingen www.bundesverband-zeckenkrankheiten.de
www.zeckeninfo.de (Novartis)

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