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OLG Frankfurt hält Bonus-Taler für wettbewerbswidrig
Bereits 2005 hatte der 6. Senat des OLG Frankfurt in seinem Urteil zu den sogenannten "Family-Talern" (Urteil vom 20. Oktober 2005, Az.: 6 U 201/04) einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung erkannt. Ebenso beurteilte derselbe Senat Ende 2007 das Bonussystem der niederländischen Europa Apotheek (siehe AZ Nr. 15, 2008, S. 1). Im nun entschiedenen Fall bekamen Kunden in der Apotheke der Beklagten bei Testkäufen "Engel-Taler" ausgehändigt. Nach Aussage der Beklagten wurden diese allein deshalb ausgegeben, weil die Kunden länger als fünf Minuten hätten warten müssen. Darüber hinaus war aber auch die Bewerbung des Prämiensystems in einem Prospekt Gegenstand der Klage. Darin wurden die besagten Taler auch für den Fall ausgelobt, "wenn Sie uns als Kunde besuchen und wir Sie bedienen dürfen". Ein einzelner Taler hat einen Wert von rund 40 Cent, mehrere Taler können gegen unterschiedliche Prämien oder Einkaufsgutscheine eingetauscht werden. Dies ist auch bei Partnerunternehmen der Beklagten möglich – so war etwa ein Espresso in einem Café für drei Taler, eine Mini-Kreuzfahrt von Amsterdam nach Newcastle für 100 Taler zu haben. Das Landgericht Darmstadt hatte das Prämiensystem bereits in der Vorinstanz als wettbewerbswidrig erachtet. Die dagegen eingelegte Berufung blieb nun ebenfalls ohne Erfolg.
Das OLG hält einen Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen die Arzneimittelpreisverordnung nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG, 1, 3 AMPreisV für gegeben. In ihrem Urteil betonen die Richter erneut ausdrücklich, dass sie nicht der Auffassung des OLG Hamburg folgen, wonach die Arzneimittelpreisverordnung und § 78 AMG keine eigenständige Verbotsnorm bezüglich der Gewährung von Rabatten enthielten und insoweit ausschließlich § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) einschlägig sei. Der Frankfurter Senat hält vielmehr beide Regelungen für nebeneinander anwendbar. Während § 7 HWG die Fälle unzulässiger, weil den Abnehmer unsachlich beeinflussender und eine mittelbare Gesundheitsgefährdung auslösender Wertreklame regele, ziele § 78 AMG darauf, bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf der letzten Handelsstufe einen Preiswettbewerb auszuschließen.
Unter Bezugnahme auf sein "Family-Taler"-Urteil führt der Senat aus, dass ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung nicht nur dann vorliege, "wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt; vielmehr werden die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen". Die Beklagte habe vorliegend ein attraktives Prämiensystem geschaffen, welches dem Kunden die Möglichkeit eröffnet, die Taler entweder bei der Beklagten selbst oder bei Partnerunternehmen einzutauschen. In diesem Zusammenhang sei nicht nur auf den Wert des einzelnen Bonus-Talers abzustellen, sondern auf den Wert, den die Summe der Taler beim Einlösen der jeweiligen Prämie hat. Denn der von der Arzneimittelpreisverordnung nicht gewünschte Preiswettbewerb bei preisgebundenen Arzneimitteln werde gerade durch die in Aussicht gestellten Prämien beeinflusst. Diese seien das Kriterium für die Entscheidung des Kunden, die Apotheke der Beklagten oder eine andere Apotheke aufzusuchen. Daher, so das Gericht, seien die in Aussicht gestellten Vorteile auch nicht mit einer geringwertigen Sachbeigabe, die im Rahmen von § 7 HWG erlaubt wäre, vergleichbar. Aus diesem Grunde könne die Frage offen bleiben, ob dieser von § 7 HWG gesetzte Maßstab bei Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung überhaupt zum Tragen kommen kann, oder ob hier nicht jeder Vorteil, der den Erwerb eines preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt, verboten ist.
Kundensicht entscheidet
Die Richter führen weiterhin aus, dass für die Beurteilung, ob die Taler "für den Erwerb preisgebundener Arzneimittel" ausgegeben werden, die Sicht des Kunden und nicht die Intention der Beklagten maßgeblich ist. So könne bereits fraglich sein, wie die Test-Kunden die Aushändigung der Taler verstanden haben. Dies müsse letztlich aber nicht entschieden werden, weil die Beklagte vor allem mit ihrem Prämienprospekt gegen die Arzneimittelpreisverordnung verstoßen habe. Danach erhält jeder Kunde, der die Beklagte besucht und den die Beklagte bedienen darf – das heißt also: der bei der Beklagten Ware erwirbt – einen Engel-Taler. Das bedeute, dass auch diejenigen Kunden, die bei der Beklagten preisgebundene Arzneimittel kaufen, einen Taler eben für diesen Einkauf bekommen – und eben dies sei mit der Arzneimittelpreisverordnung nicht vereinbar.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Wegen der abweichenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Rostock, Naumburg und Hamburg hat das OLG Frankfurt zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision beim BGH zugelassen..
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