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- AZ 33/2008
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DAX: Totgesagte leben länger!
Kaum war der DAX nach sechstägigem Anstieg gefallen, läuteten die Experten vom "Handelsblatt" vor zwei Wochen schon das Aus für die "Mini-Rallye" ein. Auch die Analysten von HSBC-Trinkhaus sahen an diesem Punkt die Aufwärtskräfte beim DAX als ermattet an. Dabei wurden die "üblichen Verdächtigen" angeprangert: Die Inflation, der US-Häusermarkt und der Ölpreis, den die Strategen gerne noch tiefer gesehen hätten.
Nachdem die USA ihren Quartalsmarathon beendet hatten, konnten 70% der im S&P Index gelisteten 500 Unternehmen die Analystenschätzungen übertreffen. Dann folgten die Quartalszahlen der DAX-Werte, die, mit Ausnahme von Münchener Rück und Daimler, entgegen aller Befürchtungen gut ausfielen. Völlig überrascht wurden die Experten von dem hervorragenden Zahlenwerk von SAP. Gleich danach erwischten die guten Kennziffern von Siemens die Gurus auf dem falschen Fuß. Gute Noten bekamen schließlich unter anderem auch BASF, Bayer, Adidas und MAN. Aber auch der gut angelaufene Berichtsreigen vermochte die finsteren Mienen am Parkett nicht aufzuhellen. Die Grundstimmung sei schlecht, so ein Börsenhändler gegenüber dem "Handelsblatt", er rechne mit einem erneuten Rückfall auf 5700 DAX-Punkte. Auch als dem DAX letzte Woche erneut der Sprung über die 6500er Marke gelang, wurde das Geschehen von den Börsianern nur mit Skepsis bedacht. "Es zeigt nur, wie nervös der Markt ist", so ein Händler. So sind die deutschen Profis nun einmal: Kurzsichtig und belehrungsresistent.
Geht man nach der landläufigen Meinung, dann tröstet nicht einmal mehr der gesunkene Ölpreis. Im Gegenteil. Die niedrigeren Notierungen seien ja gerade ein Hinweis darauf, dass sich die Weltwirtschaft in der Rezession befände.
Stimmt, das ist der Ist-Zustand. Aber an der Börse wird die Zukunft gehandelt. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass die Weltbörsen dieses Szenario bereits mit Kursabschlägen von rund 25% bedacht haben. Genauso unprofessionell erscheint es, wenn Daimler wegen der Probleme bei Dollar und den Rohstoffen vom Berufshandel mit 10% Tagesverlust abgestraft werden. Damit ist das Unternehmen mit einem Börsenwert von zwischenzeitlich nur noch 36 Milliarden Euro so billig, dass es als Schnäppchen unter Großinvestoren gehandelt wird. Diese Lehre sollte man doch zumindest schon aus dem Beispiel des Reifenherstellers Continental gezogen haben.
Die Börsen befinden sich nun in einer vielversprechenden Ausgangslage. Einerseits verschafft der Ölpreis den Aktienmärkten Erleichterung. Daneben dürfte jetzt die auffällig schwache Tendenz beim Euro dazu führen, dass die Gemeinschaftswährung unterhalb der 1,55-Marke kräftig unter Druck kommen wird. Die "amerikanische Krankheit" ist nun mit der üblichen Zeitverzögerung in Europa angekommen, was Fragen hinsichtlich der viel zu hohen Euro-Bewertung aufwerfen dürfte. Das größte Ass steckt aber noch im Ärmel der Optimisten: Die institutionellen Anleger haben in jüngster Zeit der – kaum noch vorhandenen – Privatkundschaft die großen Börsenwerte fleißig zum Kauf empfohlen, sich selbst aber vornehm zurückgehalten. Sie sind völlig unterinvestiert, weisen dabei bislang eine miserable Performance auf und werden entsprechend unter Handlungsdruck kommen, wenn der Markt sich dreht. Das Lamento über die wirtschaftliche Lage dürfte dann von der Liquiditätswelle förmlich überrollt werden. Mit Blick auf die selbstherrlichen Fondsmanager könnte das einen gewissen Unterhaltungswert in sich bergen.
Rating-Agenturen: Verraten und verkauft
Die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC hat nun einen vorläufigen Schlussstrich im Verfahren gegen die führenden Rating-Agenturen S&P, Moody’s und Fitch gezogen. Die Behörde kommt zu dem Schluss, dass die Analysten der Rating-Agenturen bei der Bonitätseinstufung von durch Subprime-Kredite besicherten Hypothekenanleihen entgegen besserem Wissen Spitzenbonitätsnoten vergeben haben, um gute Kunden nicht zu verlieren. Diese falschen Angaben führten in letzter Konsequenz bei den Finanzinstituten weltweit zu Kreditausfällen und Abschreibungen von rund 500 Milliarden Dollar. Unterdessen scheinen bei den Kreditinstituten die Aufräumarbeiten vor ihrem baldigen Ende zu stehen. Die Investmentbank Merrill Lynch hat nun ihre faulen Kredite im Paket zu einem Spottpreis weiterverkauft und damit seine Positionen weitgehend bereinigt. Für 22 Cent pro 1 Dollar Nennwert verkaufte Merrill Lynch das Paket an den texanischen Investor Lone Star weiter. Diesem Beispiel dürfte nun auch die Citigroup folgen. Von den europäischen Banken ist die UBS am stärksten von der Subprime-Krise betroffen. Auch sie dürfte sich an dieser Kennziffer orientieren. Damit fände die Finanzkrise ein Ende mit Schrecken.
Strategie
Die Performance der Investmentfonds beweist, dass das Hin- und Herschieben von Aktienpositionen, von jedem Grundkonzept unbefrachtet, nur Verluste mit sich bringt. Die Widerstandsfähigkeit der deutschen Blue Chips bestätigt unterdessen die hier seit Wochen dargelegte Ansicht, dass der DAX in Richtung 6800 bis 7000 Punkte unterwegs ist. Von den empfohlenen Werten glänzten in den letzten zwei Wochen insbesondere Adidas (43,00 / +10%), SAP (37,50 / +6%) und ThyssenKrupp (35,40 / +5%). Lufthansa (15,50), Commerzbank (21,20) haben sich beide nach dem Anstieg eine Pause verdient. Allianz (113,00) liegt leicht im Plus, hier folgen demnächst Quartalszahlen. TUI (15,00) und Daimler (39,80) präsentieren sich mit leichten Abschlägen. Lediglich BASF (39,50) enttäuschen noch, die Chemiesparte war im Zuge der Branchenrotation noch nicht am Zug. Ein weiterer Ausbau der Positionen ist ratsam: Infineon (5,44) und Bayer (55,4) stehen dafür in den Startlöchern. Positionen halten, bis der DAX seinen Zielkorridor erreicht hat. DAX am 6. August (15.30 h): 6519 Punkte..
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