Langsam reicht‘s

Träumen Sie schon von den Rabattverträgen? Von den schier unendlichen Querelen in Kundengesprächen und "Die-letzte-Packung-sah-aber-anders-aus"-Dialogen? Von den Vertröstungen der Kunden, dass das für diese Kasse abzugebende Arzneimittel erst bestellt werden muss (obwohl drei Alternativ-Präparate daneben liegen)? Von der ansteigenden Zahl der Nachlieferungen oder Botenfahrten? Und von der Angst vor Retaxationen und Auseinandersetzungen mit Kassen, wenn man aus pharmazeutischen Gründen doch etwas anderes abgegeben hat? Wenn man nur wüsste, wofür dieser ganze Ärger gut sein soll. Man redet sich in der Apotheke den Mund fusselig und versucht den lieben Patienten zu erklären, dass dieses Arzneimittel im Prinzip doch genau gleich ist wie noch das vor Kurzem verordnete und jetzt aufgrund eines Rabattvertrags nur noch das andere abgegeben werden darf. Man zahlt eine Softwareaktualisierung nach der anderen, finanziert zusätzliche Botendienste, investiert Zeit für Telefonate mit Großhandlungen und Ärzten und die Krankenkassen legen noch nicht einmal Zahlen auf den Tisch, ob sich das Rabattkasperletheater überhaupt lohnt, ob es zu nennenswerten Einsparungen führt.

Bis heute sind sich nicht einmal die Gerichte einig, wer denn in Rechtsstreitigkeiten um die Ausschreibungen und die Vergabepraxis der Rabattverträge zuständig ist. Einem jüngst veröffentlichten Beschluss zufolge sollen es die Zivilgerichte sein, nicht die Sozialgerichte. Doch sollte ein Sozialgericht einen anderen Rechtsweg für zulässig halten, seien andere Gericht wiederum daran gebunden. Alles klar? Erst Anfang August hatte die Vergabekammer des Bundes einen Rabattvertrag der AOK Baden-Württemberg für nichtig erklärt – es ging um ein Epo-Präparat von Roche –, da die Ausschreibung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Zuvor hatte in diesem Fall bereits ein anderes Gericht gegenteilig entschieden.

Tut mir leid, ich halte das Tingeltangel um Rabattverträge, angefangen bei den rechtsunsicheren Ausschreibungen bis hin zu den belastenden Patientendiskussionen in den Apotheken für eine Zumutung. Hinzu kommt, dass der Industrieverband BAH noch mit Rechtsgutachten und seichten Argumenten auf die von den Apothekern favorisierte Alternative der Zielpreisvereinbarungen schießt.

Ich kann nachfühlen, wenn sich mehr und mehr Apotheker Preisverhandlungen zwischen Industrie und Kassen vor der Zulassung wünschen – oder eine Positivliste: Was drin steht, wird bezahlt. Basta.

Peter Ditzel

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