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Politik und Arzneiverbrauch sind größte Kostentreiber
Die Zahlen im Einzelnen: Im Jahr 2007 haben die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) 28,0 Milliarden Euro für Fertigarzneimittel und Impfstoffe ausgegeben. Das waren 1,6 Milliarden Euro oder 6,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Einen großen Teil davon machte mit 0,7 Milliarden Euro die erhöhte Mehrwertsteuer aus. Als wichtige Ausgabenbremse hat sich insbesondere die Senkung der Arzneimittelpreise erwiesen, die aufgrund des intensivierten Wettbewerbs zu Ausgabenminderungen von 205 Millionen Euro geführt haben.
Ein Treiber der Ausgabensteigerung liegt in der Mengenzunahme der verordneten Arzneimittel: 2007 verschrieben die Ärzte rund 35 Milliarden Tagesdosen (DDD), 5,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Vor allem im Bereich der großen Volkskrankheiten wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde mehr verordnet.
Wie Professor Bertram Häussler vom IGES-Institut ausführte, wären die Ausgabensteigerungen im vergangenen Jahr ohne die Erhöhung der Mehrwertsteuer eher unterdurchschnittlich. Als wichtigsten Treiber für die Ausgaben nannte er den Arzneimittelverbrauch, der in 2007 weiter angestiegen sei. Verbrauchsbestimmend seien dabei die Demographie (immer mehr ältere Menschen), die gestiegene Morbidität (vor allem aufgrund von Fettleibigkeit) und die Arbeitslosenquote.
Starke Preisreduktionen von Seiten der Industrie und Einsparungen durch die Ärzte hätten das Ergebnis jedoch deutlich verbessert, wobei allerdings Rabattverträge kaum dazu beigetragen hätten. Sehr große Ausgabenunterschiede zwischen Kassenarten seien überwiegend durch Altersunterschiede der Versicherten bedingt. Unterschiede in der Morbidität deuten sich an.
Unterschiedliche Steuerungsansätze führen offensichtlich, so Häussler, zu Unterschieden bei der Inanspruchnahme innovativer Produkte zwischen Kassenarten.
VFA-Hauptgeschäftsführerin Corne-lia Yzer sah allerdings auch die Politik selbst als Hauptkostentreiber bei den Arzneimittelausgaben. Nahezu die Hälfte der Steigerungen im letzten Jahr ging auf das Konto der Mehrwertsteuererhöhung. Aber auch die Arbeitslosigkeit – so lässt sich aus dem Arzneimittel-Atlas 2008 ablesen – ist ein weiterer Kostentreiber bei den Arzneimittelausgaben. Die Regionen in Deutschland, die unter hoher Arbeitslosigkeit leiden, sind, so Yzer, die Regionen mit den höchsten Arzneimittelausgaben pro Kopf. Die
Korrelation zwischen hoher Arbeitslosigkeit, Fettleibigkeit und dem Verbrauch von Lipidsenkern und Antidiabetika stelle der Arzneimittel-Atlas anschaulich dar. Die IGES-Untersuchung belege erneut, dass die Ausgabensteigerungen für Arzneimittel neben den politischen Vorgaben einzig der medizinischen Notwendigkeit in einer älter werdenden Gesellschaft folgen. Er widerlege die oft kolportierte These, die Ärzte in Deutschland würden zu teure oder unnütze Medikamente verschreiben. Konkret wies Yzer darauf hin, dass Deutschland heute in Europa fast das Schlusslicht beim Einsatz von Medikamenten ist, die jünger als fünf Jahre sind. Wörtlich: "Nur 5,2 Prozent der Ausgaben entfielen 2006 auf Innovationen, die in den letzten fünf Jahren auf den Markt gekommen sind. Zum Vergleich: In Schweden sind es über 18%, in Belgien 17, in Frankreich und Italien mehr als 13%."
Auf der Grundlage einer differenzierten Analyse von über 300 Indikationsgruppen hat IGES die voraussichtliche Ausgabensteigerung 2008 auf 5,5 Prozent beziffert. Damit ist eine fast punktgenaue Übereinstimmung der Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 SGB V mit der tatsächlichen Ausgabenentwicklung gegeben. "Somit besteht für Interventionen im Arzneimittelsektor keine Grundlage", erklärte Yzer.
Sie wies deutlich darauf hin, dass aktuell bei offiziellen Zahlen zur Ausgabenentwicklung im Arzneimittelsektor die Einsparungen durch einzelvertragliche Regelungen wie Rabattverträge noch nicht berücksichtigt sind. Nach Schätzungen von IGES seien 2007 durch Rabattverträge gerade einmal 89 Millionen Euro bei einem Gesamtmarkt von 28 Milliarden Euro eingespart worden. Yzer: "Hier bewahrheitet sich unsere Befürchtung, dass dieses Instrumentarium nur schleppend in Gang kommt, weil der Gesetzgeber versäumt hat, wichtige Rahmenbedingungen zu setzen."
Der Arzneimittelatlas, erstellt vom IGES-Institut im Auftrag des VFA, untersucht jährlich die Ausgabenentwicklung und die Einflussfaktoren der Ausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Er ist mit der Ausgabe in diesem Jahr bereits zum dritten Mal erschienen. Der Arzneimittel-Atlas wurde von den Forschenden Unternehmen initiiert als Antwort auf den von den Krankenkassen herausgegebenen "Arzneimittel-Report". .
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