Ruhig bleiben

Die Börsen sind hin- und hergerissen zwischen Panik und neuer Hoffnung. Innerhalb von Tagen und Wochen schwanken die Aktienkurse wie sonst in Monaten oder Jahren. Da fragen sich viele, was das für die Versorgungswerke bedeutet. Kurzfristig gibt es sicher Einbußen bei den Aktien, aber das sagt noch nichts darüber aus, ob sich das Engagement letztlich lohnen wird. Abgerechnet wird am Schluss – und bei der Rente ist das für viele noch sehr lange hin. Das ist keine neue Erkenntnis. Neu ist dagegen die Wiederentdeckung des zeitweilig fast vergessenen Emittentenrisikos: Anders als noch vor einem Jahr ist es heute enorm wichtig, wer eine Schuld verbrieft, und nicht nur, welches Geschäft hinter dem Vorgang steht.

Dies stellt die Versorgungswerke vor ein großes Problem: Die Grundvoraussetzung einer langfristig erfolgreichen Kapitalanlage ist die Diversifizierung, die Streuung aller Risiken nach Anlageklassen, Ländern, Branchen und eben auch nach Emittenten. Doch scheint es nach den neuen Maßstäben kaum noch zuverlässige Emittenten zu geben, weil das Vertrauen geschwunden ist. Wie soll da Diversifizierung stattfinden? Die Beschränkung auf Staatsanleihen und Sparguthaben ist langfristig keine Lösung. Denn die Staatsverschuldung ist auch ein Risiko, der angestrebte Rechnungszins wäre so nicht zu verdienen und die Versorgungswerke würden damit letztlich überflüssig. Daher gibt es langfristig für die Versorgungswerke keine Alternative zu einer breit gestreuten Geldanlage, verbunden mit einem sorgfältigen Risikomanagement, um Abschreibungen möglichst vermeiden, notfalls aber auch verkraften zu können.

Das alles setzt allerdings ein weiterhin funktionierendes Weltfinanzsystem voraus. Gegen einen Zusammenbruch des Systems ist kein Versorgungswerk gefeit, aber auch kaum eine andere Anlage. Darum sind die jüngsten Garantien der Regierungen für den Interbankenmarkt richtig und notwendig. Sie schaffen Vertrauen und halten das System aufrecht. Dies ist zugleich die beste Altersvorsorge, die der Staat leisten kann. Die Freiberufler sollten ihre Versorgungswerke daher weiterhin als Vorteil verstehen, denn eine nur umlagefinanzierte Alterssicherung wäre in einer stark alternden Gesellschaft bestimmt keine erfolgreichere Alternative.

Thomas Müller-Bohn

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