Gesundheitspolitik

AOK-Hermann: "Wir könnten 600 Millionen einsparen"

Vorstand: Die AOK-Rabattverträge brachten in 2007 etwa 100 Millionen Euro

WIESBADEN (diz). Mit den neuen Rabattverträgen stünde der AOK ein Einsparpotenzial von rund 600 Mio. Euro zur Verfügung – wenn denn alle noch ausstehenden Rabattverträge nach den juristischen Auseinandersetzungen abgeschlossen werden könnten. Dies prognostizierte Christopher Hermann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Verhandlungsführer für die AOK-Rabattverträge, auf dem Deutschen Apothekenkongress am 29. Januar 2008 in Wiesbaden. Er hofft, dass die Verträge Ende Februar unter Dach und Fach sind.

Doch noch blockieren insgesamt neun gerichtliche Verfahren die weiteren Abschlüsse der Rabattverträge. Die Firmen kritisieren in ihrer Beschwerde die AOK-Vorgehensweise der Ausschreibung und der Zuschlagserteilung. Wie Hermann anmerkte, haben die Firmen allerdings Nachprüfverfahren nur für die Wirkstoffe angestrengt, denen die AOK keinen Zuschlag erteilt hatte – "das sagt etwas über die Hintergründe dieser Beschwerden aus", ergänzte Hermann.

"Vergaberecht light"

Vergabeverfahren sind gängige Verfahren in der Wirtschaft, damit sich das wirtschaftlichste Angebot durchsetzen kann, so Hermann. Die AOK habe dabei bisher nicht immer das allerbilligste Angebot genommen. Sollte jemand auf Seiten der Pharmaindustrie meinen, dass er in einer besseren Situation sei, wenn das Kartellvergaberecht angewendet werden müsste, der dürfte einem großen Irrtum verfallen. "Wir haben bisher eher ein ‚Vergaberecht light‘ angewandt", so Hermann. Das Vergabeverfahren, das nach EU-Recht angedacht ist, ist dagegen ein streng durchkonzipiertes Verfahren, bei dem dann nur der günstigste Preis zählt.

Und: "Wir waren höchst überrascht", so der AOK-Verhandlungsführer, "in welcher Größenordnung Rabatte offeriert wurden." Man habe sich bei den Firmen rückversichert, ob dies keine Dumping-Angebote seien. Man habe bestätigt bekommen, dass alle Angebote im grünen Bereich seien.

Auf die Frage, welche Einsparungen denn im vergangenen Jahr mit den Rabattverträgen erzielt worden seien und ob sie nicht durch die Rechtsstreitigkeiten aufgezehrt würden, nannte Hermann "rund 100 Mio. Euro an Einsparungen". Die laufenden Rechtsstreitigkeiten seien davon eine zeitlang finanzierbar.

Kassenspezifische Positivlisten

Mit den 22 Wirkstoffen, mit denen die AOK am 1. Januar 2008 starten konnte, deckt sie bereits einen Marktanteil von über 60 Prozent ab. Lieferprobleme, wie sie im vergangenen Jahr aufgetreten seien, hält Hermann vor diesem Hintergrund nicht für wahrscheinlich.

Hermann strebt ferner verstärkt auch Einsparungen im patentgeschützten Bereich an, wobei es dann nicht nur Rabattvertragsvereinbarungen geben wird, sondern andere vertragliche Vereinbarungen wie beispielsweise risk-share-Vereinbarungen. Letztlich geht Hermann davon aus, dass Rabattverträge in naher Zukunft überholt sein werden. "Wir werden zu kassenspezifischen Positivlisten kommen und zu direkten Verhandlungen zwischen Pharmaunternehmen und Krankenkassen", so Hermann.

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