Gesundheitspolitik

Windel-Krieg im Saarland

Peter Ditzel

Tatort: Bundesrepublik Deutschland, Saarland, im Februar 2008. In einem der reichsten Industrieländer der Welt dürfen die Apotheken Barmer-Patienten, die an Blasenschwäche leiden, nicht mehr mit Windeln beliefern. Grund hierfür ist letztlich ein schlecht gemachtes Gesetz unserer Gesundheitspolitiker, das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz. Um den allerletzten Cent für die gesetzliche Krankenversicherung herauszuholen, sollen die Krankenkassen laut Gesetz die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln ausschreiben. Das bedeutet, Unternehmen, die das billigste Angebot zur Lieferung von Windeln abgeben, erhalten den Zuschlag. Nur von ihnen dürfen dann die Versicherten ihre Inkontinenzartikel beziehen. Das kann bedeuten: Bestellung per Post und Lieferung per Spedition. Ganz zu schweigen von der Qualität der Produkte.

Die Barmer Ersatzkasse hat nun versucht, dies umzusetzen. Sie kündigte bestehende Lieferverträge mit Apotheken – und schrieb aus. Was dabei raus kam, führte zum Windel-Krieg im Saarland. Gegen die erfolgte Ausschreibung wurden von dritter Seite rechtliche Bedenken geltend gemacht. Und das blockiert das weitere Procedere. Ein Zuschlag kann nicht erfolgen, die alten Verträge sind gekündigt, die Patienten können nicht mehr mit Windeln beliefert werden. Für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland sind dies unhaltbare Zustände. Es ist ein Skandal! Die Politik wurde bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass solche Zustände angesichts der Gesetzeslage eintreten können. Aber es geschah nichts. In solchen Fällen wünschte ich mir, dass auch Angehörige unserer Politiker, sofern sie noch in der Gesetzlichen Krankenversicherung versichert und keine Privatpatienten sind, in den "Genuss" der tollen sozialen Leistungen unserer GKV kommen und diese Zustände selbst erfahren. Würde der Vater oder die Mutter eines Gesundheitspolitikers auf einmal keine Inkontinenzartikel mehr bekommen, könnte sich möglicherweise rasch etwas ändern. Wann kapieren diese Sparfanatiker, dass Ausschreibungen im Gesundheitswesen ein untaugliches Instrument sind?

Jetzt springen die Apotheken im Saarland ein und lassen die Barmer-Versicherten nicht hängen. In der Rolle der Lückenbüßer liefern sie nun weiterhin Windeln und Hilfsmittel und rechnen zu den bundesweit geltenden Festbeträgen ab. Verdient ist an diesen Produkten schon lange nichts mehr. In einer Anzeige in der "Bild"-Zeitung machen die saarländischen Apothekerinnen und Apotheker auf diese unhaltbaren Zustände aufmerksam. Hoffentlich lesen das viele Gesundheitspolitiker. Sie alle sollten endlich verstehen, dass es ohne die Apotheke vor Ort nicht geht.


Peter Ditzel

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