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Experten warnen vor "grotesker Unterfinanzierung" der GKV

BERLIN (ks). Die Umsetzung der sogenannten Konvergenzklausel – vor allem für die CSU unabdingbare Voraussetzung für den Start des Gesundheitsfonds 2009 – bereitet offenbar erhebliche Schwierigkeiten. Ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten der Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem, Eberhard Wille und Florian Buchner kommt nach einem Bericht von "Welt online" zu dem Ergebnis, dass eine wörtliche Umsetzung der Klausel zu einer "grotesken Unterfinanzierung der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung führen" würde.

Die von der CSU durchgesetzte Konvergenzklausel soll verhindern, dass aus Bundesländern mit hohen GKV-Beitragseinnahmen, etwa Bayern und Baden-Württemberg, mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr über den Gesundheitsfonds in ärmere Länder fließen. Diese Bestimmung, mit der die Umverteilung des Fonds begrenzt werden soll, sei "keiner sinnvollen Interpretation zugänglich", heißt es in dem der "Welt-online" vorliegenden Gutachten. Ohne nachträgliche Korrekturen führe sie zu einer Umverteilung von Milliardenbeträgen, die schließlich an keiner Stelle der GKV aufgebracht werden könnten. Die Klausel sei aber auch in der Sache nicht sinnvoll. Werde sie angewendet, würden Krankenkassen mit besonders geringen Beitragssätzen Geld an Kassen mit hohen Beitragssätzen zahlen. Um die Begrenzungen einzuhalten, wären den Experten zufolge Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 474 Millionen Euro nötig, die von Versicherten in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen aufgebracht werden müssten. Von einer Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe raten die Gutachter daher ab. Im Gesundheitsministerium hieß es, es handele sich um einen ersten Gutachten-Entwurf, der noch "korrekturbedürftig" sei. Die Autoren würden derzeit Ergänzungen vornehmen – in dieser Woche soll die überarbeitete Fassung vorgelegt werden.

FDP: weitere Länder ­werden Front machen

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Daniel Bahr sieht die Kritik der Liberalen durch das Gutachten bestätigt: "Es zeigt sich immer mehr, dass der Gesundheitsfonds nichts anderes als eine gigantische Umverteilungsbehörde ist." Er rechnet damit, dass der Streit weitergehen wird. Neben Bayern und Baden-Württemberg würden nun auch weitere Bundesländer gegen den Gesundheitsfonds Front machen, so Bahr.

BKKs für Fonds-Simulation

Die Kassen forderten indessen erneut, den Fonds noch einmal zu überdenken. "Es wäre erfreulich, wenn es jetzt zur Denkpause käme und man den Gesundheitsfonds verschieben würde", sagte Robert Paquet, Berliner Büroleiter des BKK-Bundesverbands der Nachrichtenagentur AP. Die Betriebskrankenkassen plädieren dafür, in einer Übergangszeit zunächst in einer "konkreten Simulation" mit realen Daten zu rechnen, um zu sehen wie der Fonds tatsächlich wirkt und ob diese Wirkung so erwünscht sei.

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