Arzneimittel und Therapie

Protease-Inhibitor Nelfinavir steht wieder zur Verfügung

Die europäische Zulassungsbehörde EMEA hat dem HIV-Medikament Nelfinavir (Viracept®) wieder die Zulassung erteilt. Aufgrund von Verunreinigungen einiger Chargen mit einer möglicherweise genotoxischen Substanz war Nelfinavir im Juni 2007 zurückgerufen worden und die Zulassung war im August ausgesetzt worden. Nun wurde der Herstellungsprozess verändert und diese Änderung wurde am 30. Januar 2008 von der Europäischen Kommission genehmigt, wie Roche mitteilte.

Ursache für den Rückruf war die Beimischung von Ethylmethansulfonat (EMS) bzw. Methansulfonsäureethylester, der mutagene Wirkungen aufweist. Da für die toxischen Wirkungen von Methansulfonsäureethylester beim Menschen nur ungenügende Daten verfügbar sind, hatte die EMEA die Firma Roche Registration Limited aufgefordert, tierexperimentelle Studien hierzu nachzureichen. Bisher war es nicht möglich, einen Grenzwert anzugeben, ab welchem die Exposition mit Methansulfonsäureethylester ein Risiko darstellt, oder welche Organe betroffen sein können. Nelfinavir wurde häufig in der Behandlung von HIV in der Schwangerschaft angewendet. Ferner hat die EMEA die Firma Roche Registration Limited um Benennung der Patienten gebeten, die die betreffenden kontaminierten Chargen von Nelfinavir angewendet hatten, um eine Folgeüberwachung dieser Patienten sicherzustellen. Hierbei sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand die Patienten betroffen, die hohen Mengen von Methansulfonsäureethylester in Nelfinavir-Chargen ab März 2007 ausgesetzt waren.

Studien zu EMS und Patientenregister

Roche führt derzeit Studien an Tiermodellen durch, um das mögliche Risiko für Patienten durch Methansulfonsäureethylester zu ermitteln. Eine der Studien ist bereits abgeschlossen und die Daten der zweiten Studie werden im Laufe des Jahres 2008 zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wurden in der Einführung von Patientenregistern erste Schritte veranlasst, in denen Patienten nachverfolgt werden, die Nelfinavir bekommen hatten. Jedoch werden Roche und die EMEA den Nutzen dieser Register erneut bewerten, sobald die Ergebnisse aus den Tierstudien bekannt sind.

Kaum Resistenzbildung

Nelfinavir ist ein Protease-Inhibitor zur Behandlung von HIV-1-infizierten Patienten mit fortgeschrittener oder fortschreitender Immunschwäche in Kombination mit anderen antiretroviralen Substanzen. Es kann direkt zu den Mahlzeiten eingenommen werden. Die Hauptnebenwirkung ist Durchfall, der bei einem Viertel aller Patienten auftritt. Für Kombinationen von Nelfinavir mit antiretroviralen Nukleosidanaloga konnte eine Reduktion der Viruslast im Serum und eine Erhöhung der Zellzahl zirkulierender CD4-Lymphozyten gezeigt werden. Bei Kombination mit Nukleosidanaloga oder dem Proteasehemmer Saquinavir ist bei der Mehrzahl der Patienten mit herkömmlichen Nachweismethoden kein Virus mehr nachweisbar. Die bei anderen Proteasehemmern auftretenden Mutationen des HI-Virus wurden mit Nelfinavir entweder nicht oder nur selten beobachtet. Eine Kreuzresistenz zwischen Nelfinavir und Reverse-Transkriptase-Hemmern ist unwahrscheinlich, weil ihre Zielenzyme nicht identisch sind. Auch zu den anderen Proteasehemmern Saquinavir, Ritonavir und Indinavir konnten keine Kreuzresistenzen nachgewiesen werden. HIV-Isolate, die gegen Nukleosidanaloga und nicht nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer resistent sind, blieben in vitro gegen Nelfinavir empfindlich.

Ein weiterer praktischer Vorteil von Nelfinavir: Es ist hitzestabil und muss nicht gekühlt werden, was insbesondere für viele Entwicklungsländer von Bedeutung ist.

 

Quelle

Pressemitteilung der Roche Pharma AG vom 10. April 2008.

 


ck

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