Arzneimittel und Therapie

Psoriasis: Gefährdungspotenzial für Herz und Gefäße

Die Zeiten, in denen eine Plaque-Psoriasis in erster Linie symptomatisch bei Auftreten von akuten Schüben behandelt wurde, sollten der Vergangenheit angehören. Dafür plädieren sowohl Immunologen als auch Dermatologen. Inzwischen gilt es als unstrittig, dass auch die Psoriasis – ähnlich wie die rheumatoide Arthritis und andere Autoimmunerkrankungen – eine systemische Entzündungserkrankung ist. Dass sich die Krankheitssymptome keineswegs nur auf die Haut als Zielorgan beschränken, wird nicht zuletzt an der erhöhten kardiovaskulären Mortalität von Psoriasis-Patienten deutlich

Insbesondere die Entwicklung einer ganzen Reihe von immunmodulatorisch wirksamen Substanzen hat Bewegung in das Verständnis von offensichtlich chronisch entzündlichen Erkrankungen gebracht. So ist allen Autoimmunerkrankungen gemeinsam, dass autoreaktive T-Lymphozyten vermittelt über proinflammatorische Zytokine körpereigenes Gewebe angreifen. Auch in Psoriasis-Plaques lässt sich eine hohe Konzentration aktivierter T-Lymphozyten nachweisen. Die Präsenz von Entzündungszellen in verschiedenen Lokalisationen der Haut verweist darüber hinaus auf ein ubiquitäres inflammatorisches Geschehen, zumal auch einige Barrieren wie zum Beispiel Gefäßendothelien überwunden werden müssen. Erhöhte CRP-Werte und proinflammatorische Zytokine wie TNF-alfa und IL-6 sind in diesem Zusammenhang als Faktoren einzustufen, die eine chronische subklinische Entzündung der Gefäßendothelien triggern können. Insofern begünstigt die Psoriasis die Entstehung und das Fortschreiten atherosklerotischer Prozesse. Auch das gehäufte Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse bei Psoriasis-Patienten lässt sich aus der gesteigerten inflammatorischen Aktivität erklären. So führen proinflammatorische Zytokine zu einer vermehrten Expression von Adhäsionsmolekülen auf den Thrombozyten und steigern somit die Gefahr akuter atherothrombotischer Ereignisse.

Bewerkstelligt wird der Mehrfachangriff des Immunsystems durch ein komplexes Zusammenspiel von antigenpräsentierenden Zellen, proinflammatorischen Botenstoffen, B-Gedächtniszellen und aktivierten T-Lymphozyten. All dies macht deutlich, dass eine chronische Entzündung Folgeerkrankungen hervorruft und dass nur eine systemische Langzeitbehandlung das Risiko hierfür senken kann. Ob es sich bei Autoimmunerkrankungen wie der Psoriasis hauptsächlich um ein "Zuviel" an natürlicher Autoimmunität im Sinne einer Hypersensitivität handelt oder aber um ein "Zuwenig" an regulatorischer Aktivität im Sinne eines Immunmangels, bedarf allerdings noch eingehender Erforschung.

Aktivierung von T-Lymphozyten verhindern

Als wirksam in der Behandlung der Plaque-Psoriasis hat sich der T-Zell-Modulator Efalizumab (Raptiva®) herausgestellt. Efalizumab ist ein rekombinanter, humanisierter monoklonaler Antikörper vom IgG1-Subtyp, der gegen die humane CD11a-Untereinheit des LFA-1 (Lymphocyte Function-associated Antigen-1) gerichtet ist. Mit dieser Wirkung greift Efalizumab in einen wichtigen pathogenetischen Schritt der Psoriasis vulgaris ein, z. B. in die T-Zellaktivierung und T-Zellmigration. Speziell auf die Immunpathologie der Psoriasis zugeschnitten, schränkt die Substanz darüber hinaus auch die Migration von Entzündungszellen aus der Blutbahn in die Haut wesentlich ein. Vor dem Hintergrund, dass ein 30-jähriger Patient mit schwerer Psoriasis aufgrund der systemischen Inflammation ein dreifach erhöhtes Risiko hat, einen Herzinfarkt zu entwickeln, sollte eine grundlegende und nicht nur symptomorientierte Therapie in Angriff genommen werden.

 

Quelle

Priv.-Doz. Dr. Sigbert Jahn, Darmstadt; Prof. Dr. Kristian Reich, Hamburg: "Pathomechanismen bei Autoimmunerkrankungen: Mehrfachangriff des Immunsystems", Hamburg, 4. März 2008, veranstaltet von Merck Serono GmbH, Darmstadt.

 


Martin Wiehl,
freier Medizinjournalist

 

 

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