Fortbildungskongress

Für jeden Schmerz das richtige Mittel

"Triptane haben die Migränetherapie revolutioniert", sagte Prof. Dr. Burkhard Hinz, Rostock. Er erklärte die Unterschiede der verschiedenen Substanzen und zeigte, dass auch Acetylsalicylsäure und Paracetamol bei Migränekopfschmerzen helfen können. Neu sind Pestwurz und Mutterkraut als pflanzliche Prophylaktika.

6 bis 8% aller Männer und 12 bis 14% aller Frauen im Erwachsenenalter leiden an Migräne, das sind allein in Deutschland 8 Millionen Patienten. 44% von ihnen sind nicht diagnostiziert und werden auch nicht ausreichend behandelt. Zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr sind Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer.

Verstärkung durch körperliche Aktivität

Migräneattacken können durch unterschiedliche Stimuli ausgelöst werden. Dazu gehören Licht, Lärm, Stress, Nahrungs- und Genussmittel. Eine Migräneattacke dauert meistens etwa einen Tag.

80 bis 90% der Betroffenen leiden unter der einfachen Migräne. Der Schmerz ist einseitig und wird im Gegensatz zum Spannungskopfschmerz durch körperliche Aktivität verstärkt, die Patienten sind licht- und geräuschempfindlich.

Bei etwa 15% der Patienten kündigt sich der Migräneanfall mit einer Aura an, bei der es zu visuellen Ausfallerscheinungen, beispielsweise Lichtblitzen, kommt. Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle.

Triptane sind Mittel der ersten Wahl

Der Schmerz entsteht durch eine Reizung des trigemino-vaskulären Systems, bei der Substanz P als Transmitter ausgeschüttet wird und zu einer neurogenen Entzündung führt. Ein initialer Stimulus bei der Aktivierung des trigeminalen Systems ist Serotonin. Triptane richten sich gegen die verstärkte Serotonin-Ausschüttung. Sie hemmen über die Aktivierung von 5-HT1D-Rezeptoren die Neuropeptidfreisetzung aus trigeminalen Fasern und induzieren über eine Aktivierung von 5-HT1B-Rezeptoren eine Kontraktion meningealer Gefäße.

Triptane gelten heute bei akuten Migräneattacken nach den aktuellen Richtlinien der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft als Mittel der ersten Wahl. Bei Beachtung der Kontraindikationen kardiale Ischämien und unkontrollierter arterieller Hypertension stellen sie eine verhältnismäßig nebenwirkungsarme Behandlungsoption dar.

1992 kam Sumatriptan auf den Markt. Dieses Triptan besitzt eine schlechte orale Bioverfügbarkeit und penetriert die Blut-Hirn-Schranke nur unzureichend. Deshalb wurden weitere Triptane mit verbesserten pharmakokinetischen Eigenschaften entwickelt. Heute sind sechs weitere Triptane auf dem Markt: Zolmitriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Almotriptan, Eletriptan und Frovatriptan. Sumatriptan steht als Generikum zur Verfügung, Naratriptan kann rezeptfrei zur Selbstmedikation verwendet werden.


Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) unter www.dmkg.de sowie der Migräne-Liga unter migraeneliga-deutschland.de.

Unterschiedliche Eigenschaften

Die einzelnen Triptane unterscheiden sich in Pharmakokinetik und auch in ihrer klinischen Wirkung. Am schnellsten wirken Sublingualtabletten oder ein Nasenspray. Zu beachten ist der Abbau in der Leber, der über verschiedene Enzymsysteme erfolgt und zu unterschiedlichen Wechselwirkungen führen kann.

Sumatriptan ist schnell und stark wirksam, hat allerdings nur eine kurze Wirkungsdauer und zahlreiche Nebenwirkungen. Dagegen hat Naratriptan eine anhaltende Wirkung bei wenig Nebenwirkungen, dafür aber einen langsamen Wirkungseintritt.

Analgetika als Alternative

Eine Alternative zu den Triptanen sind Schmerzmittel wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Ibuprofen, aber auch Naproxen und Metamizol. Wichtig ist, dass diese Mittel ausreichend hoch dosiert werden, bei Acetylsalicylsäure und Paracetamol sind Einzeldosen von 1 g notwendig. Jetzt wurde auch eine Kombination von Sumatriptan und Naproxen von der US-amerikanischen Behörde FDA zugelassen.

Die Kombination von Analgetika mit Coffein empfiehlt Hinz nicht, da hier die Gefahr der Suchtentwicklung erhöht ist, bei nur geringem analgetischem Wirkvorteil.

Generell besteht bei allen nichtsteroidalen Analgetika die – nach Hinz – unterschätzte Gefahr von gastrointestinalen Blutungen: "Jährlich sterben 2000 Patienten an gastrointestinalen Nebenwirkungen dieser Mittel", sagte Hinz.

Prophylaxe mit Phytotherapeutika

Zur Prophylaxe von Migräneattacken werden jetzt neu neben Betablockern und Calciumantagonisten auch pflanzliche Arzneimittel eingesetzt. Zum Einsatz von Pestwurz und Mutterkraut liegen bereits klinische Studien vor, die einen Rückgang der Attacken um etwa 50% zeigen.


hel

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