Aus Kammern und Verbänden

Sind Kooperationen ein Zukunftskonzept?

Derzeit gibt es in Deutschland rund 40 Kooperationen mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Etwa 75% aller Apotheken sind bereits Mitglied einer Kooperation. 15% sind Mitglied zweier Kooperationen. 21% der Kooperationen sind großhandelsunabhängig, 79% großhandelsabhängig. Sind Kooperationen ein Zukunftskonzept? Die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL) diskutierte diese Frage auf einer Veranstaltung am 4. Juni 2008 in Düsseldorf.

Viele Apotheken stellen sich die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen einer Kooperation, so Dr. Heidrun Hoch, Vorsitzende der TGL, in ihrem Statement zur Eröffnung der Veranstaltung. Unter den Kooperationen werde der Preiswettbewerb zunehmend ergänzt durch den Konzeptionswettbewerb, also den Wunsch nach individuellen Konzepten, die nicht nur den kaufmännischen Bereich treffen. Grund genug für die TGL, sich mit dem Thema Kooperationen zu befassen. So muss sich der Apotheker fragen,

  • welche Leistungen er von einer Kooperation erwarten kann,
  • was er persönlich einbringen muss,
  • welches Konzept für seine Apotheke das passende ist.

Leider gebe es keinen Fragebogen, so Hoch, den man nur ausfüllen müsse und an dessen Ende dann die geeignete Kooperation erscheint. Im Detail sollte man sich zudem fragen:

  • Wie läuft die Finanzierung der Kooperation, über den Großhandel oder nur über Beiträge? Gibt es im weitesten Sinne "Sponsoren"?

  • Wer bestimmt die Inhalte und das Vorgehen? Sind es in erster Linie Kolleginnen und Kollegen oder "berufsfremde" Personen?

  • Wie groß, flexibel und kostenträchtig ist der Verwaltungsapparat?
  • Gibt es deutliche Einkaufsvorteile als Resultat gemeinsamer Verhandlungsmacht?
  • Wie wird die professionelle Unterstützung im Apotheken-Marketing gestaltet?
  • Welche Chance hat die "Marke" als Wiedererkennungsmerkmal?
  • Gibt es Eigenmarken?
  • Wie steht es mit Schulung, Fortbildung und Erfa-Gruppen?
  • Ist die Einführung eines Qualitätsmanagements verpflichtend?
  • Sind pharmazeutische Leistungen die Ziele?

Lohnt sich der Beitritt?

Das dürfte die Ausgangsfrage sein für jeden, der sich damit befasst, ob er sich mit seiner Apotheke einer Kooperation anschließt. Steuerberaterin Ursula Hasan-Boehme von der Treuhand Hannover versuchte, eine Antwort darauf zu finden. Als Grundsatzfrage sollte man überlegen, ob überhaupt Kooperationsbedarf vorhanden ist, welche Konzepte vorhanden sind, welche Vorteile sie bieten und welche Verpflichtungen man eingeht. Lohnend könnte es dann sein, wenn die Vorteile die Nachteile überwiegen. So sollte eine Kooperation Aufgaben besser bewältigen können als es alleine möglich wäre. Es sollte ein ökonomischer Vorteil erkennbar sein, außerdem ein immaterieller Nutzen, beispielsweise durch Bildung von Netzwerken, Informationsaustausch oder auch Bequemlichkeit. Kooperationen können Einkaufsvorteile bieten, durch entsprechende Maßnahmen das Verkaufspotenzial steigern und Kostenvorteile für Fertigkonzepte bieten.

Als Nachteile sieht sie eine mögliche Aufgabe der Entscheidungsfreiheit, Verträge mit nicht gewünschten Leistungen, zum Teil hohe Kosten, die Offenlegung wirtschaftlicher Daten und eine mangelnde Berücksichtigung der Individualität der Apotheke.

Eine Kosten-Nutzen-Bewertung ist problematisch. Während die Kosten meist eindeutig feststellbar sind, lassen sich Pflichten und damit verbundene Nachteile, Leistungen wie z. B. Schulungen, oder Vorteile, die möglicherweise zeitverzögert eintreten, nur schwer bewerten. Anhand von Kosten-Nutzen-Bewertungen zeigte sie, dass es nicht leicht ist, die Vorteile den Nachteilen gegenüber zu stellen: Vor- und Nachteile sind schwer messbar. An einer individuellen Bewertung für die eigene Apotheke wird man daher nicht vorbei kommen.

Rechtliche Aspekte

Mit der Frage, was Kooperationen aus wettbewerbs- und kartellrechtlicher Sicht dürfen, befasste sich Rechtsanwalt Dr. Jan Dreyer, Köln. Auch hier zeigt sich: Es ist schwierig, Pauschalempfehlungen zu geben, es kommt oft auf den Einzelfall an. Eine gemeinsame Werbung und ein gemeinsamer Einkauf von Waren können erlaubt sein. Preisabsprachen und ein klares Preisfixing sind dagegen nicht erlaubt. Jeder muss seine eigene wettbewerbliche Handlung in der Unsicherheit über die Reaktion des Wettbewerbers vornehmen.

Kooperationsbeispiele

Vier Kooperationen stellten auf der TGL-Tagung ihre Konzepte vor:

  • Partner Apotheken Netzwerk
  • Coda
  • A-plus
  • Linda

Die Präsentationen zeigten, dass hinter jeder Kooperation ein vollkommen anderes Konzept steht. Wer sich für den Eintritt in eine Kooperation interessiert, dem wird nicht erspart bleiben, sich ausführlich über die Angebote, die Leistungen, die Ausrichtung und Ziele, die Pflichten und die Kosten der potenziellen Kooperationen zu informieren.

Eine abschließende Podiumsdiskussion "Warum für welche Kooperation entscheiden" unter der Moderation von DAZ-Chefredakteur Peter Ditzel versuchte, offenen Fragen nachzugehen, und vertiefte das Thema. Kritisch wurde die Frage diskutiert, ob sich Kooperationen auch bei Verhandlungen mit Krankenkassen, z. B. zum Thema Lieferverträge, engagieren sollten. Dieses Feld sollte, so die überwiegende Meinung der Teilnehmer, doch besser den Verbänden überlassen bleiben.


diz

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