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DAZ aktuell
Gegen die Abwertung rezeptfreier Arzneimittel
Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz, das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, dürfen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine rezeptfreien Arzneimittel mehr zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschrieben werden. Patientinnen und Patienten müssen den größten Teil der rezeptfreien Arzneimittel – die bis zu diesem Zeitpunkt noch von der GKV erstattet wurden – nun selbst bezahlen. Die Zahl ärztlicher Verordnungen entsprechender Präparate ging infolgedessen bis heute um mehr als 50 Prozent zurück. Hinzu kommt, dass Verbraucher in einem erheblichen Umfang auf die weitere therapierelevante Verwendung dieser Arzneimittel verzichtet haben. Aktuelle Erhebungen zeigen, dass sich der geschilderte Trend fortsetzt. So war im Jahr 2007 die Zahl verordneter rezeptfreier Arzneimittel sowie der von Patienten selbst bezahlten Präparate erneut rückläufig.
Motive des Patientenverhaltens
Hintergründe und Motive dieses Patientenverhaltens waren Gegenstand umfangreicher Marktforschungsaktivitäten verschiedener Beteiligter im Gesundheitswesen. Auch die Deutsche Gesundheitshilfe führte in den Jahren 2006 und 2007 intensive Patientenbefragungen im Rahmen ihrer Beratungsleistungen durch. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Verband – auch im Hinblick auf seine bundesweiten Aufklärungsaktionen – zunehmend mit Patientenanfragen hinsichtlich Wirksamkeit und Notwendigkeit rezeptfreier Arzneimittel konfrontiert sah. Hierbei zeigte sich – und dies wird durch externe Marktforschungsergebnisse signifikant bestätigt – dass immer mehr Patienten den Nutzen rezeptfreier Arzneimittel aufgrund der Herausnahme aus der GKV-Erstattung – zum Teil erheblich in Zweifel ziehen, diese nicht verwenden und so auch auf deren nachgewiesenen therapeutischen Nutzen verzichten. Gesundheitspolitisch war diese nicht unmittelbar absehbare Folge des GKV-Modernisierungsgesetzes vermutlich so nicht gewollt.
Nur wenige Versicherte sind darüber aufgeklärt, dass der durch den Gesetzgeber vorgenommene Ausschluss apothekenpflichtiger rezeptfreier Arzneimittel aus der GKV-Erstattung ausschließlich aus Kostengründen – zur finanziellen Entlastung der Solidargemeinschaft – stattgefunden hat. Vielmehr ist in der Öffentlichkeit weitreichend der Eindruck entstanden, dass diese Arzneimittel dem Anspruch an Nutzen und Wirksamkeit nicht gerecht werden und die Herausnahme im Wesentlichen hierdurch begründet ist.
Stellenwert rezeptfreier Arzneimittel
Rezeptfreie apothekenpflichtige Arzneimittel sind jedoch grundsätzlich gemäß ihrem jeweiligen Verwendungszweck nicht weniger wirksam als verschreibungspflichtige Präparate. Sie sind allein deshalb rezeptfrei, weil ihre Anwendung in der Regel auch ohne ärztliche Verordnung und Überwachung als zuverlässig und sicher angesehen wird. Einen besonderen Stellenwert besitzt die Selbstmedikation bei der Behandlung leichterer Erkrankungen sowie im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Selbstmedikation wird vom Gesetzgeber als medizinisch und therapeutisch sinnvoll für die Fälle anerkannt, in denen eine zuverlässige Eigendiagnose des Patienten, eine laiengerechte Anwendung und eine hohe Sicherheit im Hinblick auf die Indikation sowie die arzneilich wirksamen Stoffe gegeben sind. Für den Bereich rezeptfreier Arzneimittel ist – hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen – die heute übliche kompetente Beratung in der Apotheke unverzichtbar. Doch auch der sogenannten "arztgestützten Selbstmedikation" – d. h. der ärztlichen Empfehlung zur Verwendung rezeptfreier Arzneimittel – wird eine zunehmend hohe Bedeutung beigemessen. Nicht zuletzt dokumentiert die hohe Anzahl an Verordnungen auf "Grünem Rezept" sowie auf Privatrezept die große Akzeptanz rezeptfreier Arzneimittel auch innerhalb der Ärzteschaft.
Initiative "Pro Selbstmedikation"Die Initiative "Pro Selbstmedikation" wurde am 15. August 2007 gegründet. Sie ist eine Einrichtung in der Deutschen Gesundheitshilfe e.V. und steht unter juristischer Trägerschaft dieser gemeinnützigen, bundesweit tätigen Organisation. Die Initiative möchte einen Beitrag dazu leisten, über eigenverantwortliche Selbstmedikation weitreichend aufzuklären, deren Stellenwert in der Öffentlichkeit nachhaltig zu fördern und die Position der Apotheke – als unverzichtbare, zentrale Beratungs- und Abgabestelle qualitativ hochwertiger Arzneimittel – zu stärken. Dem "schleichenden" Vertrauensverlust hinsichtlich Wirksamkeit bzw. Notwendigkeit rezeptfreier Arzneimittel soll gezielt entgegengewirkt werden. Hierfür steht den Apotheken im Rahmen der aktuellen bundesweiten Kampagne der Handzettel "Rezeptfrei aus der Apotheke heißt wirksam und gut verträglich" – nebst weiteren beratungsunterstützenden Materialien – zur Verfügung. Eine Aufstellerbox mit je 50 Exemplaren kann kostenlos bei der Deutschen Gesundheitshilfe abgerufen werden. Apotheken, die zusätzlich an der 109-teiligen Kunden-Aufklärungsreihe zu zahlreichen Selbstmedikationsthemen interessiert sind, können ausführliche Informationen anfordern. Deutsche Gesundheitshilfe – Initiative "Pro Selbstmedikation", Postfach 94 03 03, 60461 Frankfurt am Main, Tel.: 069-780042, Fax: 069-787700, E-Mail: info@gesundheitshilfe.de. |
Sicherheit in der Selbstmedikation
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit rezeptfreier Arzneimittel sind durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn geprüft und durch die amtliche Zulassung bestätigt. Auch nach der Zulassung unterliegen rezeptfreie Arzneimittel – genau wie verschreibungspflichtige Präparate – einer ständigen behördlichen Kontrolle. Die Einstufung eines Arzneimittels als "verschreibungspflichtig" oder "rezeptfrei" beruht ausschließlich auf einer Abwägung des sog. "Nutzen-Risiko-Profils". Wie bereits erwähnt, werden Medikamente, die für eine eigenverantwortliche Selbstmedikation zur Verfügung stehen, vom Gesetzgeber hinsichtlich ihrer Anwendung – auch ohne ärztliche Verordnung und laufende Überwachung – als zuverlässig und sicher angesehen. Hinzu kommt, dass in der Selbstmedikation nur solche Arzneistoffe Verwendung finden, über die schon langjährige Erfahrungswerte vorliegen.
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