Feuilleton

Klinische Pharmazie in Lahore

Als Krankenhausapotheker im aktiven Ruhestand erhielt ich vom SES, dem Senior Experten Service, eine Anfrage, ob ich ein paar Wochen lang in einer Klinikapotheke in Pakistan mitarbeiten wolle. Ich wollte. Bald darauf schickte mich der SES in die Millionenstadt Lahore in der Provinz Punjab zum Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital and Research Centre (SKMCH & RC).

Das SKMCH & RC ist 1994 eröffnet worden und hat sich auf die Behandlung von Krebspatienten spezialisiert. Das private, durch Spenden finanzierte Krankenhaus verfügt über 66 Betten für stationäre Patienten sowie weitere Betten für ambulante Patienten und Notfälle. Menschen aus allen Provinzen des Landes bringen ihre an Krebs erkrankten Angehörigen dorthin. Die Klinik behandelt mehr als 70 Prozent der Kranken kostenlos.

Jeden Tag voller Einsatz

Die Apotheke des SKMCH & RC ist ein dynamischer, sehr aktiver Dienstleistungsbetrieb. Sie versorgt täglich rund 200 Patienten an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr. Das qualifizierte und hoch motivierte pharmazeutische Personal gibt die Fertigpräparate Patienten-individuell nach dem Unit-dose-System ab. In den Sterillabors werden Zytostatika und individuelle Mischungen zur parenteralen Ernährung zubereitet. Die Klinischen Pharmazeuten nehmen regelmäßig an den Visiten teil, um Fragen der Ärzte und des Pflegepersonals beantworten zu können. Dabei zeigt sich ihr hohes fachliches Niveau.

Meine Aufgabe war es, die Apotheker fortzubilden und Vorschläge zu unterbreiten, um die Arbeitsabläufe zu optimieren. Verbesserungsmöglichkeiten sah ich u. a. bei der aseptischen Zubereitung in den Sterillabors. Die Reinraumbedingungen wurden nicht kontinuierlich überwacht und dokumentiert. Auch wurde das Personal, das die Zytostatika zubereitet, nicht betriebsärztlich untersucht. Meine diesbezüglichen Verbesserungsvorschläge wurden vom Chefapotheker und vom Ärztlichen Direktor akzeptiert, ihre zügige Umsetzung beschlossen.


Senior Experten


Seit 1983 leistet der Senior Experten Service (SES) mit aus dem Berufsleben ausgeschiedenen, ehrenamtlichen Fachleuten Hilfe zur Selbsthilfe in kleinen und mittleren Unternehmen – schnell und pragmatisch, aber nachhaltig. Der SES ist die Stiftung der deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit, eine gemeinnützige GmbH. Senior Expertinnen und Experten sind hauptsächlich in Entwicklungs- und Schwellenländern tätig, helfen aber auch in Deutschland, wenn sie angefordert werden. Der SES bietet nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe, vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch öffentlichen Institutionen, Kommunen und Einrichtungen der beruflichen Ausbildung.

Info: www.ses-bonn.de

Herstellung von Zytostatika und Parenteralia

Großes Interesse fand die konsequent standardisierte parenterale Ernährung, die ein Team von medizinischem, pflegerischem und pharmazeutischem Personal mit dem Klinischen Labor und der EDV-Abteilung an den SLK-Kliniken Heilbronn entwickelt hat. Die pakistanischen Apotheker luden mich ein, auf ihrem Jahreskongress einen Vortrag zu diesem Thema zu halten.

Außerdem führte ich auf diesem Kongress mit zwei Kollegen vom SKMCH & RC ein Seminar über "Klinische Pharmazie" durch, das sehr gut besucht war. Daraufhin bat mich die Leitung des großen Kinderkrankenhauses von Lahore, über das Thema "Standardisierte parenterale Ernährung für Früh- und Neugeborene sowie ältere Kinder" zu referieren. Meinem Vortrag folgte eine lange und intensive Diskussion über dieses Thema und über den Mangel an speziellen Medikamenten für Kinder.

… eine wahre Freude

Während der fünf Wochen im SKMCH & RC war ich für die Fort- und Weiterbildung des pharmazeutischen Personals verantwortlich. Der Unterricht für diese hoch motivierten und engagierten jungen Kolleginnen und Kollegen war eine wahre Freude.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Zusammenarbeit mit dem pharmazeutischen, pflegerischen und ärztlichen Personal der Klinik ausgesprochen kollegial war. Alle meine Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge wurden nach Diskussion mit sämtlichen Beteiligten von den Pharmazeuten und den Pharmazeutisch-Technischen Assistenten angenommen. Es war für mich eine wertvolle Zeit.

Über das Internet stehe ich weiterhin mit der Apotheke des SKMCH & RC in Verbindung, um bei wichtigen Arzneimittelfragen zu beraten und praktische Erfahrungen auszutauschen.


Dr. Rüdiger Kilian, Heilbronn r.kilian@dgkpha.de

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