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Arzneimittel und Therapie
Neues Carbapenem zur Therapie schwerer Infektionen
Die Behandlung schwerer Infektionen wird wegen der zunehmenden Resistenzlage mehr und mehr zu einer Herausforderung im Klinikalltag. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit nehmen Resistenzen bei verschiedenen Bakterien gegen unterschiedliche Antibiotika zu und immer häufiger kommt es zu Infektionen mit multiresistenten Stämmen in der Klinik. Problemkeime in dieser Hinsicht sind vor allem gramnegative Erreger wie Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumanii und Klebsiella pneumoniae.
Kommt es in der Klinik zu einer Infektion mit einem multiresistenten Keim, so kann die Situation sehr rasch eskalieren und lebensbedrohlich für den Patienten werden. Ganz unabhängig davon ist im Falle einer schweren Infektion mit einer verlängerten Verweildauer des Patienten auf der Intensivstation und allgemein in der Klinik zu rechnen und damit automatisch auch mit höheren Krankheitskosten. Bei tiefen Atemwegsinfektionen mit Problemkeimen ist zudem von einer längeren Beatmungsdauer der Patienten auszugehen.
Adäquate Initialtherapie für Prognose entscheidend
Entscheidend für die Prognose der Patienten ist bei schweren nosokomialen Infektionen eine rasch einsetzende adäquate Initialtherapie. Das zeigen vor allem Erhebungen bei der Beatmungspneumonie: Patienten, bei denen die Initialtherapie nicht greift, haben demnach mit 52% eine weitaus höhere Letalität als Patienten mit primär adäquater Behandlung, bei denen das Sterblichkeitsrisiko mit 12% deutlich geringer ist.
Eine Erweiterung der Therapiemöglichkeiten bietet sich bei schweren Infektionen nunmehr durch die Einführung des neuen Carbapenems Doripenem, das sich durch eine breite bakterizide Wirksamkeit gegen gramnegative und grampositive Erreger auszeichnet. Doripenem inaktiviert mehrere essenzielle Penicillin-bindende Proteine, was zu einer Inhibition der Zellwandsynthese mit anschließendem Zelltod führt. Der Wirkstoff ist in seiner Aktivität Meropenem und Imipenem vergleichbar mit allerdings deutlich besserer Wirksamkeit gegenüber Pseudomonas aeruginosa. Darüber hinaus besteht auch eine gute Aktivität gegen ESBL (extended spectrum beta-lactamases) und gegen Acetinobacter baumanii.
Flexibles Dosierungsschema
Vorteilhaft bei Doripenem ist die gute Stabilität des Wirkstoffs, die ein flexibles Dosierungsschema erlaubt. Dabei kann bei kritisch kranken Patienten die Infusionszeit von einer bis auf vier Stunden verlängert werden, so dass sich damit zugleich die Zeitspanne verlängert, in der die Plasmaspiegel des Antibiotikums über der minimalen Hemmkonzentration (MHK) des jeweiligen Erregers liegen.
Der bakterizide Effekt wird andererseits rasch vermittelt mit einem Abfall der Keimzahl um zwei Log-Stufen in den ersten vier Stunden. Die Halbwertszeit von Doripenem liegt bei einer Stunde, die Eiweißbindung ist gering. 75% des Wirkstoffs werden über die Nieren ausgeschieden, so dass bei schwerer Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung erforderlich ist.
Steckbrief: DoripenemHandelsname: Doribax Hersteller: Janssen-Cilag, Neuss Einführungsdatum: August 2008 Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 500 mg Doripenem als Monohydrat. Das Arzneimittel enthält keine sonstigen Bestandteile. Stoffklasse: Antibiotika/Antiinfektiva; Carbapenem. ATC-Code: J01DH04. Indikation: Für die Behandlung folgender Infektionen bei Erwachsenen: nosokomiale Pneumonie (einschließlich Beatmungspneumonie), komplizierte intraabdominelle Infektionen, komplizierte Harnwegsinfektionen. Dosierung: 500 mg alle acht Stunden als Infusion (ein bis vier Stunden Infusionszeit), Behandlungsdauer fünf bis 14 Tage. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen andere Antibiotika vom Carbapenem-Typ; schwere Überempfindlichkeit gegen Beta-Lactam-Antibiotika wie Penicilline oder Cephalosporine. Während der Schwangerschaft darf Doripenem nur unter einer strengen Risiko-Nutzen-Abwägung angewendet werden. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfschmerzen; häufig: orale Candidose, mykotische Infektion der Vulva, Phlebitis, Übelkeit, Diarrhö, Leberenzyme erhöht, Pruritus, Hautausschlag. Wechselwirkungen: Da Doripenem kaum oder gar nicht durch Cytochrom-P450 (CYP450)-Enzyme metabolisiert wird, sind keine durch CYP450 vermittelten Wechselwirkungen zu erwarten. Antibiotika vom Carbapenem-Typ können die Serumspiegel von Valproinsäure senken. Probenecid konkurriert mit Doripenem um die renale tubuläre Sekretion und vermindert die renale Clearance von Doripenem, die gleichzeitige Verabreichung wird nicht empfohlen; eine Wechselwirkung von Doripenem mit anderen Arzneimitteln, die durch renale tubuläre Elimination ausgeschieden werden, kann nicht ausgeschlossen werden. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Wenn bei Patienten früher bereits Überempfindlichkeitsreaktionen gegen andere Wirkstoffe dieser Klasse oder gegen Beta-Lactam-Antibiotika aufgetreten sind, sollte Doripenem mit Vorsicht angewendet werden; bei einer Überempfindlichkeitsreaktion muss die Therapie sofort abgebrochen werden und geeignete Maßnahmen müssen eingeleitet werden. Wie bei anderen Antibiotika geht die Verabreichung von Doripenem mit dem Auftreten und der Selektion von Stämmen mit reduzierter Empfindlichkeit einher; die längerfristige Anwendung von Doripenem sollte daher vermieden werden. |
Wirksam bei schwerer Pneumonie inklusive Beatmungspneumonie
Eine gute klinische Wirksamkeit wurde für das neue Carbapenem in zwei offenen, randomisierten multizentrischen Phase-III-Studien bei der häufigsten nosokomialen Infektion, der im Krankenhaus erworbenen Pneumonie (HAP = hospital-acquired pneumonia) dokumentiert. In der sogenannten DORI-09-Studie wurden 448 überwiegend nicht beatmete Patienten mit einer im Krankenhaus erworbenen Pneumonie oder früh einsetzender Beatmungspneumonie mit 500 mg Doripenem als einstündiger Infusion alle acht Stunden behandelt oder mit 4,5 g Piperacillin/Tazobactam alle sechs Stunden für jeweils 30 Minuten. Es zeigten sich mit 81,3% unter der Prüfmedikation und 79,8% in der Kontrollgruppe in der auf den Nachweis einer Nichtunterlegenheit angelegten Studie vergleichbare klinische Heilungsraten.
Dies war ebenso der Fall in der DORI-10-Studie, in der 531 Patienten mit Beatmungspneumonie entweder mit 500 mg Doripenem über vier Stunden alle acht Stunden behandelt wurden oder mit 500 mg Imipenem alle sechs Stunden über 30 Minuten und alternativ mit 1 g Imipenem alle acht Stunden über 60 Minuten. Die Heilungsraten waren mit 68% unter Doripenem und 65% unter Imipenem ebenfalls vergleichbar. Auffällig aber war in der DORI-10-Studie eine deutlich bessere klinische Wirksamkeit bei Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa unter Doripenem: So lag die klinische Heilungsrate unter dem neuen Carbapenem bei solchen Infektionen bei 80% gegenüber nur 43% unter Imipenem. Auch bei den mikrobiologischen Heilungsraten schnitt Doripenem mit 65% gegenüber 38% bei diesem Patientenkollektiv besser ab, wenngleich die Unterschiede wegen der geringen Fallzahl nicht das Signifikanzniveau erreichten.
Kürzere Beatmungszeit, geringere Krankenhausverweildauer
Die Daten der DORI-10-Studie sprechen auch in anderer Hinsicht für das neue Antibiotikum: So war unter diesem Regime die Beatmungszeit mit sieben gegenüber zehn Tagen in der Kontrollgruppe signifikant kürzer und die Patienten wiesen auch eine statistisch signifikant kürzere durchschnittliche Krankenhausverweildauer auf. Das impliziert ökonomische Vorteile und auch ein geringeres Risiko für die möglicherweise erneute Infektion mit einem multiresistenten Erreger in der Klinik.
Auch bei schweren intraabdominellen Infektionen wie der sekundären Peritonitis sowie bei komplizierten Harnwegsinfektionen hat das neue Carbapenem seine gute klinische Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit in kontrollierten Studien unter Beweis gestellt.
Quelle
Prof. Dr. Hartmut Lode, Berlin; Prof. Dr. Joachim Lorenz, Lüdenscheid; Priv.-Doz. Dr. Christian Eckmann, Lübeck, Priv.-Doz. Dr., Florian M. E. Wagenlehner, Gießen: Launch-Pressekonferenz "Therapie schwerer Infektionen: Anforderung an ein neues Carbapenem”, Düsseldorf, 6. August 2008, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.
Christine Vetter,
freie Medizinjournalistin
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