Nahrungsergänzungsmittel

NEM: sinnvoll – unsinnig – gefährlich?

Der Markt für biogene Nahrungsergänzungsmittel wird immer unüberschaubarer. Von Hans Peter Hanssen, Angelika Koch und Rita Richter
Etwa 128 Millionen Packungen Nahrungsergänzungsmittel (NEM) haben die deutschen Apotheken im Jahr 2006 verkauft und dabei einen Umsatz von 766 Mio. Euro erzielt. Das waren etwa 55% des Gesamtumsatzes an NEM, die restlichen 45% entfielen auf Drogerien und Verbrauchermärkte. Der Markt boomt, und bei ihrer Suche nach neuartigen Produkten werden die Hersteller in immer exotischeren Quellen fündig. Vor allem Pflanzen, die in der traditionellen Ernährung und Volksmedizin unterschiedlichster Völker eine Rolle spielen oder gespielt haben, sind in das Visier kommerziellen Interesses gerückt. Eine Beurteilung des gesundheitlichen Nutzens derartiger Produkte, aber auch der Gefährdungen, die von ihnen ausgehen können, wird immer schwieriger.

"Lasset die Nahrung eure Medizin sein – und Medizin eure Nahrung" – dieser Ausspruch, der so oder ähnlich Hippokrates (ca. 460 – 370 v. Chr.) zugeschrieben wird, zeigt, dass der Zusammenhang zwischen der Ernährung und dem Gesundheitszustand und – damit verbunden – der möglichen Behandlung von Krankheiten bereits früh erkannt wurde.

 

Die Idee, Krankheiten durch eine heilkräftige Ernährung zu lindern oder ihnen vorzubeugen, propagieren heutzutage die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Allerdings handelt es sich bei den NEM nicht um Speisen im Sinne von Hippokrates, sondern um industriell hergestellte Präparate, die Extrakte aus Nahrungspflanzen oder synthetisch hergestellte naturidentische Stoffe enthalten.

 

Die Erfolgsgeschichteder Nahrungsergänzungsmittel

"Nahrungsergänzungsmittel" in ihrer ursprünglichen Form wurden zunächst als Supplemente für (vermeintliche) Defizite in der Ernährung – insbesondere Vitamin- und Mineralstoffmangel – angeboten. Verschiedene Gründe haben in der Folgezeit dazu beigetragen, dass der Markt für NEM heute kaum noch zu überschauen ist. Dies betrifft sowohl die Zahl der Hersteller als auch den Gehalt an unterschiedlichen Komponenten und Gemischen in den Produkten. Zum einen wurden die Entwicklungen in den letzten 30 Jahren durch die sich ändernde Gesetzgebung und die damit wiederum verbundenen Änderungen im Arzneimittelmarkt beeinflusst [1]. Besonders auffällig ist, dass Supplemente, die eigentlich den Lebensmittelbereich betreffen, zunehmend von Unternehmen angeboten wurden, die eher dem Arzneimittelbereich zuzuordnen sind. Zugleich wurden im Lebensmittelbereich Produkte in arzneitypischer Form und Aufmachung (z. B. als Kapseln) entwickelt und auf den Markt gebracht.

 

Andererseits hat sich gezeigt, dass bestimmte "Tendenzen" die Vielfalt eines sich stetig verändernden NEM-Marktes in erheblicher Weise beeinflussen [1]. Vor dem Hintergrund einer – im Vergleich zum Arzneimittel – rasch realisierbaren und weniger kostenintensiven Einführung neuer Produkte in den Markt haben solche Produkte kaum eine Chance auf längerfristige Exklusivität. Denn fast immer findet man schon bald nach der Einführung eines innovativen Produktkonzeptes gleiche oder minimal abgewandelte Präparate, die aber oft nur kurzlebig sind.

 

Neben den Phänomenen "Produktkopien" und "Produktkurzlebigkeit" sind weitere Tendenzen erkennbar, z. B. die Einführung von Produkten mit immer höheren Dosierungen. Hierdurch soll der Eindruck qualitativ besonders wertvoller Formulierungen erweckt werden, obwohl diesen Produkten zumeist der Nachweis eines zusätzlichen Nutzens fehlt und die Risiken einer Höherdosierung zumeist nicht hinreichend geklärt sind. Das Krankheitswerbeverbot (§ 18 LFGB, früher: LMBG) hat weiterhin dazu geführt, bestimmte Produkte "funktionsbezogen" zu bewerben, d. h. im Hinblick auf bestimmte Körperfunktionen des gesunden Menschen. So finden sich zunehmend Präparate, die "gesunde Haut, Haare oder Nägel", "gesunde Knochen" oder gar "geistige Vitalität" versprechen.

 

Als hilfreich bei der Produktvermarktung hat sich der Hinweis "in Studien überprüft" erwiesen, der deshalb zunehmend Verwendung findet. Damit soll der Eindruck einer besonderen Seriosität des Nahrungsergänzungsmittels mit einer wissenschaftlichen (und rechtlichen) Absicherung erzielt werden. Die zitierten "Studien" erfüllen aber in der Regel nicht die Standards klinischer Studien, die der Verbraucher als qualifizierendes Merkmal vor Augen haben soll.

 

Eine weitere Tendenz ist eine Bewerbung, die auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zielt, d. h. bestimmte Produkte sollen besonders wertvoll für "Frauen (in den Wechseljahren)", für "Schwangere" oder etwa "für Männer (in den besten Jahren)" sein.

 

Aus dem Bereich der Pflanzenextrakte und Pflanzeninhaltsstoffe sind im Folgenden einige Beispiele angeführt, die von ganz unterschiedlichen Ausgangspunkten zu (erfolgreich vermarkteten) Produkten im Nahrungsergänzungsmittelmarkt geführt haben.

 

Acerola – die "Vitaminbombe"

Acerola (Malpighia glabra), auch "Kirsche der Antillen” genannt, wird vor allem in Zentralamerika und – z. T. in kontrolliertem Anbau – in Brasilien angebaut. Die gelbroten oder roten Früchte haben einen Durchmesser von etwa 1 bis 3 cm und sind besonders reich an Vitamin C (ca. 3000 mg/ 100 g Fruchtfleisch). Auch andere Vitamine und Mineralstoffe sind enthalten [2]. Die Verzehrempfehlungen der Hersteller liegen zwar meist deutlich über den empfohlenen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die genannte Verzehrempfehlung "zur Vitamin C-Versorgung, v. a. bei erhöhtem Bedarf (Stress, Rauchen)" ist aber zweifelsohne korrekt. Beim Verkauf dieser Produkte sollte der Kunde allerdings darauf aufmerksam gemacht werden, dass es Hinweise auf eine Kreuzallergie mit Naturlatex gibt.

 

Pflanzliche Produkte zur Nahrungsergänzung mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren

Linolsäure und α-Linolensäure zählen zu den essenziellen Fettsäuren; diese ω-6- und ω-3-Fettsäuren können vom menschlichen Organismus nicht synthetisiert werden, sondern müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Eine Versorgung mit ω-3-Fettsäuren ist aber in Deutschland – trotz zu hohen Fettkonsums – nicht immer gesichert [1]. Essenzielle Fettsäuren finden sich in zahlreichen Meerestieren und Algen, aber auch in einer Vielzahl höherer Pflanzen und ihren Produkten, z. B. im Nachtkerzen-, Lein-, Schwarzkümmel- oder schwarzen Johannisbeer(samen)öl [2]. Es wird davon ausgegangen, dass ein optimales Verhältnis von ω-6- und ω-3-Fettsäuren bei etwa 5:1 liegt. Im Allgemeinen sollte man daher Pflanzenöle bevorzugen, die bereits beide Fettsäurereihen in einem ausgewogenen Verhältnis enthalten.

 

Es ist zu erwarten, dass in naher Zukunft auch eine Vielzahl von neuen Produkten pflanzlicher Herkunft mit ungewöhnlichen Fettsäuremustern als Nahrungsergänzungsmittel angeboten wird; ein aktuelles Beispiel ist die Einführung von Präparaten, die das Öl der Inka-Nuss (Plukenetia volubilis) enthalten.

 

Tomate als Nahrungsergänzungsmittel?

Zu den als besonders wertvoll bezeichneten Nährstoffen zählt das Lycopin, das zur Gruppe der fettlöslichen Carotinoide gehört. Den Carotinoiden und vor allem dem Lycopin wird eine antioxidative Aktivität zugeschrieben, die zur Prävention und Risikosenkung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen soll. Ein besonders hoher Lycopingehalt findet sich in Tomaten.

 

Laut NemV sollen die NEM Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten. Das macht Sinn, wenn man dies, wie ursprünglich vorgesehen, auf Vitamine und Mineralstoffe bezieht. Bei "sonstigen Stoffen" lässt sich die Formulierung "Konzentrat" jedoch nicht immer anwenden, denn als ein Konzentrat der Tomate wird im Lebensmittelbereich das eingedampfte Püree verstanden, wodurch sich der Lycopingehalt zwar nicht vermehrt, aber in höheren Prozentzahlen bezogen auf das Trockengewicht ausdrücken lässt. Das Interesse der Lebensmittelforschung (im engeren Sinne) richtet sich weniger auf die Entwicklung von NEM mit ihrer arzneitypischen Darreichungsform als vielmehr auf die Entwicklung neuer Produkte für die Küche. Dabei untersucht und bewertet sie die Einflüsse von Wetterbedingungen, Bodenbeschaffenheit, Sortenwahl und Anbaumethoden, die sich auf die Gehalte an Lycopin und anderen Antioxidanzien in frischen Tomaten auswirken, denn es ist sicher, dass Verarbeitungs- und Lagerbedingungen den Lycopingehalt und die Bioverfügbarkeit im Endprodukt beeinflussen. Der Lycopingehalt der reifen Tomate wird mit 3,9 bis 5,6 mg/100 g angegeben, der von Tomatenpulver, das aufgrund des Wasserentzugs als "Konzentrat" anzusehen ist, mit 46,3 mg/100 g.

 

Wenn nun ein NEM mit 10 mg Lycopin pro Kapsel angeboten wird, kommt der Verdacht auf, dass ein anderes "Konzentrierungsverfahren" als der Wasserentzug des Ausgangsproduktes eingesetzt wurde. Es könnte reines Lycopin zugefügt worden sein, oder das Lycopin könnte durch einen Extraktionsprozess angereichert worden sein. Im ersten Fall wäre Lycopin für das NEM ein nicht zugelassener Zusatzstoff, im zweiten Fall würde es sich bei dem Tomaten-"Extrakt" um ein neuartiges Lebensmittel handeln, das unter die Verordnung (EG) 258/97 fällt.

 

Da für Lycopin als "Nährstoff" keine Tagesdosis bestimmt ist, ist es für die Vermarktung als NEM auch unerheblich, wie viel – oder besser: wie wenig – in einer Kapsel enthalten ist. Steigert man die Menge auf Werte, die durchaus gesundheitliche Auswirkungen haben, wird man diese auch gerne erwähnen wollen. Das "darf" man (rechtlich) aber nur, wenn man das Produkt als diätetisches Lebensmittel – oder als Novel Food (Neuartiges Lebensmittel) betrachtet.

 

Definition: Ein Konzentrat kann ein Pulver oder eine Flüssigkeit sein und enthält einen Stoff ohne oder mit einem geringen Anteil von zusätzlichen Füllstoffen, falls flüssig, von Lösungsmitteln. Vor einer Verwendung des Konzentrates wird dann das ursprüngliche Volumen durch erneute Zugabe des Füllstoffes bzw. des Lösungsmittels wieder hergestellt.

 

Johanniskraut – ein altes Phytotherapeutikum zeigt Wirkung

Johanniskraut (Hypericum perforatum) wurde bereits im Mittelalter gegen Melancholie und zur Abwehr böser Geister verwendet. Heute wird es bei psychovegetativen Störungen, depressiven Verstimmungen, Angstzuständen und nervöser Unruhe, vor allem in der Menopause, verwendet. Als Inhaltsstoffe wurden Hypericine (Naphthobianthrone), Hyperforin (ein Phloroglucinderivat), Flavonoide, Biflavonoide, Gerbstoffe und wenig ätherisches Öl isoliert. Würde man Verbraucher nach der Verkehrsauffassung von Johanniskrauttabletten fragen, so würde die überwiegende Mehrheit sicher mit "Arzneimittel" antworten. Die Tatsache, dass zahlreiche Johanniskraut-Produkte als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden, hängt auch damit zusammen, dass es in den USA so gut wie keine pflanzlichen Arzneimittel gibt und die "Herbals" als Food Supplements eingestuft werden.

 

In vielen EU-Staaten war die Situation vor dem Erlass der Richtlinien 2001/83/EG und 2004/24/EG (traditionelle pflanzliche AM) bzw. 2004/27/EG (pflanzliche AM des well-established medicinal use) ähnlich wie in den USA, nicht aber in Deutschland. Für die auf dem deutschen Markt befindlichen Arzneimittel (!) aus Johanniskraut gelten die Vorgaben des Arzneimittelrechts und damit auch des Arzneibuches. Stammpflanze, verwendeter Pflanzenteil, Erntezeitpunkt, Extraktionsmittel und Posologie müssen dem rechtlichen Rahmen entsprechen. Da der Gesamtextrakt als Wirkstoff angesehen wird, ist eine gleichmäßige, definierte Zusammensetzung wichtig, um Nebenwirkungen und Interaktionen einschätzen zu können. Von einigen Inhaltsstoffen (z. B. Hyperforin) ist eine Induktion des CYP450-Isoenzyms CYP3A4 bekannt, sodass eine Wechselwirkung mit anderen Arzneimitteln, die von demselben Enzym metabolisiert werden, anzunehmen ist. Dies sollte der Verbraucher wissen, um eventuell die Einnahme von Johanniskraut-Präparaten mit seinem Arzt hinsichtlich der Dosierung abzustimmen.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen sind Bestandteil des Beipackzettels eines Arzneimittels. Ein solcher ist für ein Nahrungsergänzungsmittel nicht erforderlich, sodass bei dem Verbraucher der falsche Eindruck entstehen könnte, nur die Arzneimittel seien gefährlich. Es sind aber die Nahrungsergänzungsmittel, die für negative Schlagzeilen gesorgt haben, da sie häufig aus nicht mit dem AMG konformen Pflanzen und Pflanzenteilen hergestellt werden und zu niedrige oder zu hohe Dosierungen empfohlen werden.

 

Fazit: Johanniskraut ist nicht dazu geeignet, in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet zu werden.

 

Hoodia – von der Ethnomedizin zur Skandalpflanze

Noch Anfang des Jahrtausends als "der innovative Appetitzügler auf pflanzlicher Basis" gefeiert, ist der Hoodia-"Kaktus" zwischenzeitlich vor allem durch negative Schlagzeilen bekannt geworden. Hoodia gordonii ist eine sukkulente Pflanze, die zu den Apocynaceae gehört und im südlichen Afrika, vor allem in der namibischen Kalahari-Wüste, vorkommt. Die Äste haben röhrenförmige Stacheln, und wegen der nach verwesendem Fleisch riechenden, großen, meist lachsfarbenen Blüten wird die Pflanze auch "Aasblume" genannt. Die einheimischen Buschmänner (Khoi-San) schätzten die appetit- und dursthemmenden Eigenschaften von Hoodia. Die Pflanze soll aber traditionell auch gegen Husten und Erkältungskrankheiten und wohl auch als Aphrodisiakum Verwendung gefunden haben. Die appetithemmenden Eigenschaften wurden erst Anfang der 60er-Jahre bekannt, als südafrikanischen Soldaten im Angola-Krieg auffiel, dass Buschmänner, die als Fährtenleser eingesetzt waren, unterwegs fast ohne Verpflegung auskamen.

 

Mitte der 90er-Jahre wurde dann ein Wirkstoffextrakt (P57AS3 = P57) isoliert, der im Tierversuch eine appetitzügelnde Wirkung zeigte. Als eigentlicher Wirkstoff wurde ein Steroidglykosid isoliert, das offensichtlich dem Gehirn einen schon ausreichend hohen Blutzuckerspiegel signalisiert. Die Lizenzrechte für die Vermarktung wurden zunächst an Phytopharm verkauft und später von Pfizer übernommen, das diese jedoch im Jahre 2004 an Phytopharm zurückgab. Im selben Jahr schloss Phytopharm dann einen Lizenzvertrag und einen Vertrag zur gemeinsamen Erforschung der Hoodia-Pflanze mit dem niederländisch-britischen Konsumgüterkonzern Unilever ab. Phytopharm gab vor Kurzem bekannt, dass der Hoodia-Extrakt etwa Ende 2009 der FDA zur Prüfung vorgelegt werden soll.

 

Das Interesse an Hoodia ließ die Bestände in Südafrika massiv schwinden; als Folge wurde H. gordonii unter Naturschutz gestellt, nachfolgend die ganze Gattung international unter Artenschutz. Kultivierungsversuche waren bislang nicht zufriedenstellend. Zwischenzeitlich wurden auch den Khoi-San gerichtlich geringe Gewinnanteile bei der Vermarktung von Hoodia-Produkten zugestanden. Vor Präparaten, die kein Hoodia enthalten und über das Internet vertrieben werden, wurde in der Vergangenheit vom FDA gewarnt.

 

Wie auch immer: Die Anwendung als Appetitzügler steht einer Einstufung als Nahrungsergänzungsmittel entgegen.

 

Zimt – vom Gewürz zum NEM

Im Jahr 2003 war eine umstrittene Studie zur blutzuckersenkenden Wirkung von Zimt bei Diabetes mellitus von Khan und Mitarbeitern 2003 in "Diabetes Care" erschienen, und schon zwei Jahre später war eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, die der "besonderen Ernährung im Rahmen eines Diätplanes" dienen sollten. Diese Angabe ist für solche diätetischen Lebensmittel, abweichend vom Krankheitswerbeverbot in § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, explizit erlaubt [2]. Schon zu Beginn der Vermarktung zeigte sich allerdings, dass die Zimt-Kapseln hinsichtlich der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung sehr unterschiedlich waren. So wurden Zimtextrakte und Zimtpulver verschiedener botanischer Spezies eingesetzt, und auch die Dosierungen variierten erheblich.

 

Die Anwendung von Zimtextrakten zur Therapie des Diabetes mellitus wird weitgehend kritisch beurteilt und z. B. durch die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) abgelehnt: Weder Wirkstoff noch Wirkmechanismus sind eindeutig geklärt, und kein Präparat ist als Arzneimittel zugelassen. Zwar können Zimtpräparate die Blutglucosespiegel von Typ-2-Diabetikern etwas senken, jedoch nicht normalisieren. Nach einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Minden sind Zimtkapseln, denen eine blutzuckersenkende Wirkung zugeschrieben wird, Arzneimittel. Mit der Entscheidung setzt sich die uneinheitliche Rechtsprechung zu der Frage, ob Kapseln mit Zimtextrakt als Arzneimittel oder als diätetisches Lebensmittel einzustufen sind, fort (siehe AZ 21/2008, S. 3). Als Nahrungsergänzungsmittel sind die Zimt-Kapseln mit der beworbenen Wirkung äußerst fragwürdig. Ceylon-Zimt (Cinnamomum verum) wird zudem häufig durch Cassia-Zimt (C. aromaticum), der das hepatotoxische Cumarin in größeren Mengen enthält, ersetzt.

 

Wie wird sich der NEM-Markt entwickeln?

Alle diese Beispiele zeigen, dass – neben sinnvollen Produkten – auch künftig mit einer Vielzahl von immer neuen "Pseudoprodukten", möglicherweise aber auch gesundheitlich bedenklichen Präparaten im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel zu rechnen ist. Diese Entwicklung wird durch eine unsichere Rechtslage, vor allem aber durch international uneinheitliche Rechtsauffassungen wohl eher unterstützt.

Literaturtipp

Nahrung sinnvoll ergänzen!

 

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Hanssen, Hans-Peter/ Koch, Angelika/Richter, Rita

Biogene Nahrungsergänzungsmittel

315 S., 111 farb. Abb., 8 farb. Tab., Flex. 29,– Euro

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008 ISBN 978-3-8047-2391-7

Dieses Buch können Sie einfach und schnell bestellen unter der Postadresse:

Deutscher Apotheker Verlag Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart

 

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oder per Telefon unter: (07 11) 25 82 - 3 41 oder - 3 42

Literatur

[1] A. Hahn: Nahrungsergänzungsmittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2006.

[2] H.-P. Hanssen, A. Koch, R. Richter: Biogene Nahrungsergänzungsmittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008. 

Das vollständige Literaturverzeichnis kann bei den Verfassern angefordert werden.

 

 


Anschriften der Verfasser:

Dr. Hans-Peter Hanssen

Universität Hamburg

Institut für Pharm. Biologie und Mikrobiologie

Bundesstraße 45, 20146 Hamburg

hans-peter.hanssen@hamburg.de

 


Dr. Angelika Koch, MDRA

Frohme-Apotheke

Frohmestraße 14, 22457 Hamburg

koch@frohme-apotheke.de

 


Dr. Rita Richter

Övelgönner Str. 7, 20257 Hamburg

RiRichter@gmx.de

 

 

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