Arzneimittel und Therapie

Lacosamid – neue Option bei fokalen Anfällen

Durch den Wirkstoff Lacosamid (Vimpat®) haben sich die Behandlungsmöglichkeiten bei Epilepsiepatienten erweitert. Lacosamid moduliert Natriumkanäle und ist zugelassen für die Zusatztherapie von fokalen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung für Patienten ab 16 Jahre zugelassen. Es hat seine klinische Wirksamkeit in drei Phase-III-Studien unter Beweis gestellt und steht nun zur Verfügung.
Lacosamid

Mit Lacosamid steht bei der Behandlung der Epilepsie eine neue Wirkstoffklasse zur Verfügung. Denn die Substanz unterscheidet sich in ihrem Wirkmechanismus deutlich von bisherigen Antiepileptika: Sie verstärkt selektiv die langsame Deaktivierung von Natriumkanälen und soll so selektiv die überschießenden, pathologischen Nervenreaktionen reduzieren, ohne dabei die normale Kommunikation der Nervenzellen zu beeinflussen. Außerdem interagiert Lacosamid mit CRMP-2 (collapsin-response mediator protein 2), einem Protein, das vor allem in Neuronen exprimiert wird und die neuronale Differenzierung und das Axon-Wachstum steuert.

Hohe Retentionsrate

Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Lacosamid, das als Zusatztherapie bei therapieresistenten fokalen Epilepsien zugelassen ist, wurde in drei randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studien bei insgesamt rund 1300 Patienten belegt. Diese nahmen bereits ein bis drei Antiepileptika ein, ohne anfallsfrei zu werden. Sie hatten zuvor im Mittel sieben verschiedene Antiepileptika erprobt. In den drei klinischen Studien, die zum Teil in den USA und zum Teil in Europa und Australien durchgeführt wurden, erhielten sie Dosierungen von 200, 400 oder 600 mg/Tag des neuen Wirkstoffs, der mit 100-mg-Schritten pro Woche auftitriert wurde.

Nach Erreichen der Zieldosis wurden die Studienteilnehmer für zwölf Wochen mit dem Wirkstoff behandelt. Anschließend wurde ihnen angeboten, die neue Substanz im Rahmen einer offenen Folgestudie weiter einzunehmen. Mehr als 90% der Epilepsie-Patienten nahmen dieses Angebot an mit einer Retentionsrate von 61% nach zwei Jahren. Die Retentionsrate, also die Rate der Patienten, die die Behandlung über einen bestimmten Zeitraum beibehält, gilt dabei als Maß für den Erfolg der Therapie.

Deutliche Anfallsreduktion

Knapp die Hälfte der Studienteilnehmer erreichte in den Studien eine Anfallsreduktion um 50% und mehr, rund 5% wurden anfallsfrei. 12% erzielten zumindest eine deutliche Zunahme der anfallsfreien Tage.

Die günstigen Effekte von Lacosamid belegen als Beispiel unter anderem zwölf in Deutschland im Rahmen der Studien behandelte Patienten. Sie litten an angeborenen Fehlbildungen wie einer fokalen kortikalen Dysplasie oder hatten die Epilepsie aufgrund einer perinatalen Schädigung oder einer Meningo-Enzephalitis erworben. In vier Fällen war bereits Epilepsie-chirurgisch behandelt worden. Bei elf der zwölf Patienten wurde im Verlaufe der Studie eine mittlere Anfallsreduktion von 40% erreicht, wobei sich in fünf Fällen auch eine Reduktion der Anfallsschwere ergab.

Die hohe Retentionsrate unterstreicht nicht nur die Wirksamkeit sondern auch die gute Verträglichkeit des neuen Antiepileptikums. Als häufigste Nebenwirkungen wurden dabei Schwindel sowie Übelkeit genannt. Ein Einfluss der Medikation auf die Laborwerte oder auf Vitalparameter wurde nicht gesehen, die Wirkung wird zudem gewichtsneutral vermittelt.

Lacosamid, das in verschiedenen Darreichungsformen (Infusionslösung, Sirup, Tabletten) verfügbar ist, kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden und wird nach oraler Gabe vollständig resorbiert. Der Wirkstoff wird nur wenig an Plasmaeiweiß gebunden und nur teilweise metabolisiert. Er bedingt keine aktiven Wechselwirkungen und der Anteil im Blut wird durch stark enzyminduzierende Antiepileptika nur um etwa ein Viertel reduziert. Die Halbwertszeit liegt bei 13 Stunden, so dass eine zweimal tägliche Einnahme ausreichend ist.

Es könnten sich zudem neben der Epilepsie möglicherweise künftig weitere Indikationsbereiche für Lacosamid eröffnen. Denn es gibt Hinweise auf eine klinische Wirksamkeit der neuen Substanz auch bei der Fibromyalgie, bei der Osteoarthritis und bei der Migräneprophylaxe.

 

Quelle
Prof. Dr. Christian E. Elger, Bonn; Dr. Stephan Arnold, München; Dr. Günter Krämer, Zürich: "Epilepsiemanagement 2008”, Köln, 5. September 2008, veranstaltet von der UCB GmbH, Monheim.

 


 

Christine Vetter,
 freie Medizinjournalistin

 

 

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