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Durchsichtige PR-Gags

Jetzt hat er aber übertrieben, der DocMorris-Chef Ralf Däinghaus, mit seinem zweifelhaften PR-Gag von letzter Woche. Ließ er doch per dpa-Meldung verbreiten, der deutsche Apothekenmarkt sei im Vergleich zu anderen Ländern noch ein Entwicklungsland. "Die Strukturen sind schlecht, es gibt auf dem Land eine Unterversorgung", bindet er der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX auf die Nase. Im gleichen Atemzug erwähnt er den (dreimal dürfen Sie raten) liberalisierten Markt in Norwegen, der gegenüber Deutschland so viele Vorteile habe. (Für den Hintergrund: Däinghaus’ Arbeitgeber Celesio betreibt in Norwegen eine der drei großen Apothekenketten.) Der Gesetzgeber habe dort die Kettenbetreiber verpflichtet, auch die ländlichen Gebiete zu versorgen. Mal Spaß beiseite, Herr Däinghaus, das wollen Sie doch nicht wirklich als Vorteil verkaufen? Mittlerweile ist es doch gut kommuniziert, dass im apothekenkettenfreien Land Deutschland die Versorgung der ländlichen Gebiete auch ohne zwangsverpflichtete Kettenapotheken hervorragend funktioniert! Ja, man muss sagen – wenn man die Berichte aus Norwegen hört und liest – sogar wesentlich besser als dort, wo es Ketten gibt.

Däinghaus dreht sichtlich gerne seine kostenlose PR-Maschinerie: Immer im Gespräch bleiben, zitiert werden mit Behauptungen, die von den Medien aufgenommen werden, und sich selbst und sein Unternehmen als potenzielles Kettenunternehmen in der Diskussion halten. Und vor allem mit der Behauptung hausieren gehen, dass Kettenunternehmen die Lösung für Probleme in Deutschland seien (… für Probleme, die wir gar nicht haben).

Nein, so einfach geht es denn doch nicht. Dass wir in Deutschland eine Unterversorgung mit Apotheken haben, dürfte ihm selbst Otto Normalverbraucher nicht abnehmen, dem die roten Apotheken-A-Schilder in den Städten und auf dem Land überall ins Auge springen.

Wie sich der DocMorris-Chef seinen neuen Markt nach einer möglichen Liberalisierung vorstellt, verkündet er bereits. Er will zweigleisig fahren: Aufbau einer Kette durch Zukauf von Apotheken (im ersten Jahr 30 bis 50) und parallel dazu Ausbau seiner bestehenden Franchisenehmer-Apotheken – bisher sollen es etwa 150 Apotheken sein und innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre 500 neue Franchisenehmer.

Zur Strategie von DocMorris gehört es, den Medien allzu gerne Selbstverständlichkeiten als besondere Leistungen anzudrehen. Fielen anfangs noch einige Nachrichtenagenturen drauf rein, passen die meisten heute schon auf und drucken nicht mehr alles ab, was aus der DocMorris-Zentrale lanciert wird. Noch vor Kurzem verkaufte die holländische Versandapotheke den Medien die Überprüfung eingegangener Rezepte auf Interaktionen als besonderen Service. Brav veröffentlichten Agenturen, die Versandapotheke könne sogar die verordneten Arzneimittel auf mögliche Unverträglichkeiten checken. Die Bequemlichkeit bei der Arzneimittelbestellung, die Beratungsmöglichkeit, der Check auf Wechselwirkungen, die Möglichkeit, in der Versandapotheke anrufen zu können – das sind Selbstverständlichkeiten für eine Präsenzapotheke, die DocMorris der Öffentlichkeit gerne als Innovationen verkauft. Noch heute wird auf den Internetseiten herausgestellt, die Versandapotheke erstelle für den Kunden ein Medikationsprofil, betreibe einen Erinnerungsservice oder liste die Zuzahlungsnachweise für den Kunden auf. Das machen Präsenzapotheken schon lange. Der neueste Marketinggag, mit dem die Celesio-Tochter auf sich aufmerksam machen möchte: DocMorris gibt eine eigene Kundenzeitschrift heraus, die über die DocMorris-Apotheken vertrieben wird. Als ob es in Deutschland nicht schon lange beispielsweise die Apotheken-Umschau, die Neue Apotheken Illustrierte und andere Kundenmagazine gäbe.

Was zeigt uns das? Die Werbe- und PR-Maschinerie des Unternehmens mit dem grünen Kreuz ist aktiv! Kammern, Verbände und die ABDA sollten deshalb nicht nachlassen, die hervorragenden Leistungen der deutschen Präsenzapotheke herauszustellen: der Kunde erhält eine gute Beratung, Verordnungen werden auf Wechselwirkungen geprüft, Apotheken sind flächendeckend vertreten und leicht erreichbar, unterversorgte Gebiete gibt es nicht, der Kunde kann seine Arzneimittel in aller Regel sofort mitnehmen oder er bekommt sie am gleichen Tag nach Hause geliefert, man kann auch anrufen und in den meisten Apotheken gibt es eine Kundenzeitschrift. Und das Wichtigste: der Kunde kann mit seiner Apothekerin oder seinem Apotheker von Angesicht zu Angesicht sprechen, jederzeit, ohne Voranmeldung. Wozu sollte er erst einen Briefkasten suchen?


Peter Ditzel

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