Arzneimittel und Therapie

Interleukin-5-Hemmer Mepolizumab

In einer Phase-III-Studie konnte durch den monoklonalen Antikörper Mepolizumab (BosatriaTM) das hypereosinophile Syndrom signifikant besser kontrolliert werden als unter einer Placebogabe. Darüber hinaus wurde in vielen Fällen der Corticoidbedarf der Patienten gesenkt. Mepolizumab hat in Europa und in den USA den Orphan-drug-Status erhalten. Der Zulassungsantrag für diesen Wirkstoff soll in Europa bis Ende 2008 bei den Behörden eingereicht werden.

Unter der Bezeichnung hypereosinophiles Syndrom (HES) werden verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, die durch eine anhaltende Eosinophilie im Blut und dadurch hervorgerufenen organischen Schäden charakterisiert sind (s. Kasten). Da die Ursache unbekannt ist, ist auch keine kausale Therapie möglich. Die derzeitige Standardtherapie besteht in der langfristigen Gabe von Glucocorticoiden. Um die Nebenwirkungen einer Dauertherapie mit Corticoiden zu vermeiden, wird nach anderen therapeutischen Alternativen gesucht. Eine Möglichkeit ist die Unterdrückung der Interleukin-5-Bildung, da dieses Zytokin eine zentrale Rolle bei der Ausbildung eosinophiler Leukozyten spielt. Zur Hemmung der Interleukin-5-Produktion wurde der monoklonale Antikörper Mepolizumab (BosatriaTM, GlaxoSmithKline) entwickelt. Dabei handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper gegen Interleukin 5, der eine Halbwertszeit von etwa 19 Tagen aufweist, und der freies Interleukin 5 bindet. Mepolizumab soll die Anhäufung und Aktivierung eosinophiler Leukozyten im Blut und in den Zielorganen Haut, Lunge, Herz und Leber verhindern.

Hypereosinophiles Syndrom

Das idiopathische hypereosinophile Syndrom (HES) ist eine extrem seltene heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine ausgeprägte und länger als sechs Monate andauernde Eosinophilie des peripheren Blutes charakterisiert ist. Die Zahl eosinophiler Leukozyten liegt über 1500 pro Mikroliter (der Normalwert liegt zwischen 0 und 600/μl). Hinzu kommen eosinophile Organschäden. Häufig sind Haut, Herz, Lunge und zentrales und peripheres Nervensystem beteiligt. Ferner können Hepato- und/oder Splenomegalie, eosinophile Gastroenterititis und Gerinnungsstörungen auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium drohen tödliche Komplikationen. Die Diagnosestellung erfolgt häufig von Hämatologen oder Dermatologen, da die Patienten unter Hautödemen und Juckreiz leiden.

Die Prävalenz der Erkrankung ist nicht genau bekannt. Man schätzt, dass in Deutschland wenige hundert Patienten an HES leiden. Neue Untersuchungen haben für die HES zwei pathogenetische Mechanismen aufgedeckt. Der erste betrifft eine Reifungsstörung myeloischer Zellen als Folge einer interstitiellen Deletion 4q12 mit Bildung des Fusionsgens FIP1L1-PDGFRA (Variante F/P+). Der zweite Mechanismus betrifft eine vermehrte Produktion von Interleukin 5 durch eine klonal expandierte Population von T-Lymphozyten, am häufigsten mit CD3-CD4+-Phänotyp. Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und nach der pathogenetischen Einordnung. Für F/P+-Patienten ist Imatinib die Therapie der ersten Wahl. Die anderen Patienten erhalten in der Regel zuerst Corticosteroide, bei Corticosteroid-resistenten Fällen oder zur Einsparung von Steroiden folgen Hydroxycarbamid, Interferon-alpha oder Imatinib. Neuere Befunde lassen vermuten, dass durch den monoklonalen Antikörper Mepolizumab in F/P-negative Fällen Glucocorticoide eingespart werden können.


[Quelle: www.orpha.net]

Studie mit Mepolizumab

In einer randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie wurde Mepolizumab in 26 Zentren bei erwachsenen Patienten mit HES eingesetzt. Die Probanden trugen kein Fusionsgen FIP1L1-PDGFRA und wiesen eine Eosinophilie von mehr als 1500/μl sowie Organschäden auf. Zwischen März 2004 und März 2006 erhielten 43 Studienteilnehmer alle vier Wochen Mepolizumab und 42 Patienten ein Placebo. Die Therapie wurde 36 Wochen lang durchgeführt. Primärer Studienendpunkt war die Reduktion des Prednison-Äquivalents auf 10 mg oder weniger über mindestes acht Wochen. Dieser Endpunkt wurde von 84% der Patienten in der Verumgruppe und von 43% in der Vergleichsgruppe erreicht. Durch die Gabe von Mepolizumab wurde die Eosinophilenzahl bei 95% der Patienten auf unter 600/μl gesenkt. In der Placebogruppe wurde dies nur bei 45% der Probanden erreicht. In der Verumgruppe wurden 14 Komplikationen (u. a. Ermüdung, Juckreiz, Kopf- und Gelenkschmerzen) registriert, in der Vergleichsgruppe sieben. Die Autoren der Studie relativieren dieses Verhältnis, da in der Placebogruppe jeder zweite Patient die Studie aufgrund schlechter Wirksamkeit abbrach. Ein Patient der Verumgruppe verstarb nach einem Herzversagen, das aber den Autoren zufolge nicht mit der Behandlung in Verbindung gebracht werden kann.


Quelle

Rothenberg M., et al.: Treatment of patients with the hypereosinophilic syndrome with mepolizumab. N Engl J Med 358, 1215-1228 (2008).

Wechsler M.: Combating the eosinophil with anti-interleukin-5 therapy. N Engl J Med 358, 1293-1294 (2008).


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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