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Aus Kammern und Verbänden
Strukturveränderungen im Apothekenmarkt
MinR Michael Meier vom Bundesministerium für Gesundheit, Berlin, skizzierte zunächst die aktuellen Themen Eigentümerschaft, Status und Organisationsform der Apotheke. Fremd- und Mehrbesitzverbot stehen im Fokus der politischen Diskussion und verursachen auch die größte Unruhe in der Apothekerschaft. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Versandhandels sind für die Apotheker immer wieder Grund zur Sorge, doch werde die Bedeutung des Versandhandels überbewertet, weil er am Gesamtapothekenmarkt nur einen Anteil von weniger als 1% hat. Die Arzneimittelsicherheit sei beim legalen Versandhandel nicht dramatisch gefährdet. Andererseits habe der Versandhandel in strukturschwachen Regionen eine wichtige Aufgabe bei der Versorgung und erleichtere den Patienten den Zugang zu Arzneimitteln.
Die Angst einer Existenzgefährdung und Unterversorgung sei ebenso unbegründet wie die oft herangezogene Angst vor Fälschungen. Im legalen Versandhandel treten, so Meier, keine Fälschungen auf. Zudem wurde kürzlich das DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) beauftragt, eine öffentlich zugängliche Liste der legalen Versandhandelsapotheken zu erstellen. Zusätzliche Sicherheit biete voraussichtlich ab Januar 2009 ein Siegel auf der Homepage von Internetapotheken, die über dieses Siegel mit dem DIMDI verlinkt sind.
Europa und die Apotheke
Prof. Dr. Hilko J. Meyer, FH Frankfurt am Main, verdeutlichte, dass die EU nicht prinzipiell deregulierend wirke. Das Verfahren zur Niederlassungsfreiheit sei nicht allein aus juristischen, sondern hauptsächlich aus politischen Gründen "quasi nach Brüssel transferiert" worden. Dort werde nur eine Entscheidung zur Vereinbarkeit, nicht aber zur Definition der Gesetze ergehen. Letzteres sei Sache der Mitgliedstaaten. Diese hätten zwar viele Detailfragen schon EU-weit geregelt, eine Harmonisierung bezüglich der unmittelbaren Aufgaben der Apotheke jedoch immer abgelehnt. Aus Sicht Meyers ist dies ein Fehler, zumal auf nationaler Ebene zu viele Fragen offen seien. Die aktuelle Situation könne zum Beispiel zur Erteilung einer weiteren Apothekenbetriebserlaubnis an eine Kapitalgesellschaft wie im Saarland führen.
Einsparungen durch Arbeitsteilung
Laut Alexander Kuhlmann von der Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie, Universität Hannover, bietet die Kombination aus neuen Marktspielern und neuen Konzepten im Apothekenmarkt die Möglichkeit zur Kostensenkung – auch für die inhabergeführte Apotheke. So steigern Apothekenkooperationen wegen der besseren Belieferungskonditionen den Ertrag. Einsparungen ergeben sich unter anderem aus einer Arbeitsteilung, die wiederum eine Spezialisierung, Zentralisierung administrativer Aufgaben und eine Standardisierung ermöglicht. Kuhlmann empfahl den Apothekenleitern die Prüfung von Kooperationen und eine Differenzierung der Leistungsangebote.
Hersteller und Apothekenkooperationen
Andreas Renner, Bayer Vital, Consumer Care, legte dar, dass Apothekenkooperationen auch für OTC-Firmen immer mehr an Bedeutung gewinnen, obwohl derzeit eine abwartende Haltung vorherrsche. Den großhandelsgetriebenen Kooperationen wie MVDA/Linda, Commitment (Gehe) und Meine Apotheke (Sanacorp) geben die OTC-Firmen wegen ihrer guter Einkaufs-, Marketing- und Managementkompetenz die besten Noten. Doch generell sei der Verbesserungsbedarf erheblich.
Selbstporträts von Kooperationen und Assoziationen
Vier Vertreter verschiedener Apothekenkooperationen stellten ihre Leistungsprofile vor:
Die Pharmaunion GmbH, ein Tochterunternehmen der Pharmatechnik GmbH & Co. KG, unterstützt das Konzept der inhabergeführten Individualapotheke zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, so Mike Sabatowski. Zum Konzept, das man seit Juli 2008 allen Pharmatechnik-Kunden offeriert, gehören Lernapotheken, Personalleasing und Verbundszertifizierung.
Die 1999 gegründete Apothekenkooperation A-plus, die seit 2004 mit dem Pharma Privat Großhandel zusammenarbeitet, setzt den Fokus ebenfalls auf Individualität und Identität, so Margot Haberer. Bei dem Motto "Mehr Service, mehr Leistung, mehr Qualität!" stehe der Qualitätsgedanke an vorderster Stelle. Das Leistungsangebot umfasst die Schulung der Apothekenmitarbeiter, die Unterstützung bei der Einführung eines QMS sowie regelmäßige Kundenzufriedenheitschecks.
Das 2003 von selbstständigen Apothekern gegründete und geleitete Apothekennetzwerk a.novum in Berlin/Brandenburg setzt ebenfalls auf ein unabhängiges und inhabergeführtes Konzept, so Stefan Rudolph. Man wolle die Selbstständigkeit durch eine für alle Partner nützliche Zusammenarbeit ergänzen. Der selbstständige Apotheker vor Ort kenne seine Kunden sehr genau und könne gut auf ihre individuellen Wünsche eingehen. Einzelne Mitglieder der Kooperation halten wechselseitig Fachvorträge für Patienten.
Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der easyApotheke AG, stellte deren Discount-Markenapothekenkonzept vor. Auch er legt Wert auf gute Beratung, denn "gute Beratung bedeutet auch einen guten Verkauf". Dennoch schaffe es eine easy-Apotheke, die Personalkosten von den üblichen 12% auf 8% zu reduzieren. Zudem sei es durch einen effizienten Prozessablauf, die klare Strukturierung mit dem selbstständig agierenden Kunden "wie beim normalen Shopping" möglich, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Lohnt sich der Beitritt zu einer Kooperation?
Wie Ursula Hasan-Boehme von der Treuhand Hannover darlegte, verspricht nahezu jede Kooperation, die inhabergeführte Individualapotheke zu fördern. Daher müsse man sorgfältig prüfen, welche Konzepte wirklich dahinter stehen. Nicht jedes Leistungsangebot sei relevant für jede Apotheke. Ökonomische Aspekte des Beitritts zu einer Kooperation lassen sich vergleichsweise einfach bewerten. Schwieriger sei es, den immateriellen Nutzen abzuschätzen, der in der Regel eine Minderung des eigenen Risikos bedeutet und ein positives Gruppengefühl mit sich bringen kann. Damit das Franchising bei einem angenommenen Mehraufwand von 61.000 Euro/Jahr sich lohnt, sei ein Mehrumsatz von mindestens 400.000 Euro notwendig. Insgesamt können die direkten Einsparungen geringer sein als die direkten Kosten.
Dipl.-Betriebswirtin Verena Purrucker setzte sich mit Franchise-Konzepten im Apothekenmarkt auseinander und resümierte: Das Franchising ist aus der Sicht des Verbrauchers nur vorteilhaft, wenn gleichzeitig ein Qualitätssicherungskonzept etabliert wird, das auch dem Verbraucher zugute kommt.
Dipl.-Juristin Janna Schweim analysierte, wie sich Nutzer des Arzneimittelversandhandels in Internetforen über ihre Erfahrungen äußerten. Erwartungsgemäß lobten sie die geringeren Kosten und die – zumeist – schnelle Lieferung, klagten aber auch häufig über eine zu langsame Lieferung und die als mangelhaft empfundene Beratung.
Visionen statt Lethargie
Prof. Dr. Marion Schaefer, Leiterin des Studiengangs Consumer Health Care und Initiatorin der Jahrestagung Consumer Health Care, ging auf die weitere Differenzierung des Leistungsangebotes der traditionellen Apotheke ein und forderte zu einem Ideenwettbewerb auf. Möglicherweise werde es verschiedene, nebeneinander existierende Konzepte geben, die sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen von Verbrauchern orientieren. Die Apotheker sollten eigene Visionen für eine heilberufliche Zukunft entwickeln und umsetzen.
Katja Weber
Charité Universitätsmedizin Berlin
Studiengang Consumer Health Care
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
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