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Biosimilars: Mehr Regulierung erwünscht

BERLIN (ks). Biopharmazeutika halten seit den 80er Jahren Einzug in die Arzneimittelversorgung. Derzeit befinden sich 74 dieser biotechnologisch hergestellten Proteine auf dem Markt. Darunter beispielsweise rekombinantes Insulin, Interferone und Erythropoietin (Epo) sowie einige Präparate gegen seltene Erkrankungen. Das Problem: Diese Arzneimittel sind sehr teuer. Nun sind die ersten Patente abgelaufen und Nachahmerprodukte erhältlich. Doch die sogenannten Biosimilars haben es nicht leicht, sich auf dem ärztlichen Rezeptblock durchzusetzen. Und so werden bereits Forderungen laut, den Wettbewerb mithilfe gesetzlicher Maßnahmen in Gang zu bringen.

Die Hersteller von Biosimilars tun derzeit einiges dafür, den Nutzen und die Einsparpotenziale ihrer neuen Präparate bekannt zu machen. So hat der Biosimilar-Pionier Sandoz das Berliner IGES-Institut beauftragt, eine Studie zur "Rolle der Biosimilars im Wettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt" zu erstellen. Denn dass auf die Krankenkassen angesichts der vollen Pipeline der Biopharmazeutika-Hersteller stark steigende Arzneimittelausgaben zukommen, ist kaum von der Hand zu weisen. Die IGES-Studie, die am 27. November in Berlin vorgestellt wurde, geht davon aus, dass die GKV-Ausgaben für Biopharmazeutika – ohne Impfstoffe – von rund vier Mrd. Euro im Jahr 2008 auf ca. zehn Mrd. Euro im Jahr 2020 ansteigen werden. Ihr Anteil an den gesamten GKV-Arzneimittelausgaben werde damit von heute 13 Prozent auf 21 Prozent 2020 wachsen, erklärte IGES-Chef Bertram Häussler. Doch es gibt ein Mittel gegen diese Kostentreiber: Biosimilars – vorausgesetzt die Ärzte sind bereit, diese auch zu verordnen. Denn aut idem ist im Bereich der Biopharmazeutika kein Thema – und im Bundesgesundheitsministerium denkt man nicht daran, dies zu ändern. In Frage kommen Biosimilars in erster Linie für Patienten, die erstmalig mit diesen Präparaten behandelt werden. Die IGES-Studie zeigt, dass die Präparate Probleme haben, sich gegen die Originale durchzusetzen. So gibt es etwa auf dem Epo-Markt seit Oktober 2007 Konkurrenz für das Originalprodukt. Doch von den 23 Millionen Epo-Tagesdosen (DDD), die jährlich verordnet werden, sind auch nach einem Jahr Wettbewerb nur zwei Millionen Biosimilars. Und das, obwohl die Nachahmerpräparate um ein Drittel billiger sind. Immerhin hat auch schon die Übernahme dieses vergleichsweise geringen Anteils im Epo-Markt für sinkende Preise beim Original gesorgt. Kostete eine DDD noch knapp 15 Euro, als die Konkurrenz nicht vorhanden war, so liegt der Preis bei den Originatoren nunmehr bei 12,58 Euro, das Biosimilar ist dagegen für zehn Euro am Tag zu haben. Insgesamt konnte so bereits eine Ausgabenreduktion um 17,3 Prozent erreicht werden, rechnet Häussler vor. Das Potenzial sieht er jedoch bei 25 Prozent liegen. Was den Gesamtmarkt betrifft, könnten die gesetzlichen Krankenkassen laut IGES-Prognose in den kommenden zwölf Jahren rund acht Mrd. Euro durch Biosimilars einsparen.

Territoriums-Kämpfe

"Dies wird aber nur dann gelingen, wenn Biosimilars entsprechend faire Chancen haben, in den Markt zu kommen", erklärte Hannes Teissl, Head Global Biopharmaceutical Business Unit, Sandoz. Er hat bereits wenig erfreuliche Erfahrungen gesammelt als Sandoz mit seinen ersten Biosimilars – dem Wachstumshormon Omnitrope und dem Epo-Präparat Binocrit – in den Markt eintreten wollte. "Wir wurden nicht mit offenen Armen empfangen", berichtete Teissl, die Erstanbieter verteidigten ihr Territorium vehement. Doch mittlerweile hat Sandoz vom Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) die dritte "positive opinion" für ein Biosimilar erhalten (Filgrastim). Die Zulassung wird für Anfang nächsten Jahres erwartet. Auch wenn der Weg steinig und die Entwicklungskosten hoch sind – Sandoz setzt auch weiterhin auf Biosimilars. Dabei ist es sicherlich von Nutzen, dass Sandoz dieselben Anlagen nutzen kann wie das Mutterunternehmen Novartis und der Kreis der Anbieter von Biosimilars noch übersichtlich ist.

Neue Regulierungen als Lösung?

Auch die IGES-Studie trägt zusammen, mit welchen Strategien die Biosimilar-Hersteller behindert werden: So unterschreiten Erstanbieter, die ihre eigenen Entwicklungskosten bereits refinanziert haben, das Preisniveau, bei dem der Biosimilar-Hersteller seine Investition nicht finanzieren kann. Andere Erstanbieter schließen vor Patentablauf exklusive Rabattverträge mit Krankenkassen, sodass Biosimilars außen vor bleiben. Auch die Einführung von Festbeträgen wäre für die Biosimilar-Hersteller ein Dämpfer, da sie zu einer Angleichung der Preise von Originalpräparaten und Biosimilars führen. All diese Hürden würden den wirtschaftlichen Anreiz mindern, Biosimilars zu entwickeln, betonte Häussler. Obwohl die Pharmaindustrie seit Langem die Regelungswut des Gesetzgebers im Arzneimittelbereich beklagt, sieht der IGES-Chef bei den Biosimilars eine andere Ausgangsposition, die durchaus "differenzierte Maßnahmen" vertragen könnte. Konkret schlägt er vor, Exklusiv-Verträge zwischen Erstanbietern mit Krankenkassen vor Patentablauf zu untersagen. Biosimilar-Hersteller sollen ebenfalls vor Patentablauf Verträge abschließen können, solange diese nicht exklusiv sind. Überdies sollten die Vorschriften über Festbeträge über eine längere Schutzfrist nicht angewandt werden. Nicht zuletzt soll es den Biosimilar-Herstellern offen stehen, beim Bundeskartellamt die Anwendung des Kartellrechts einzufordern, wenn den Originatoren eine missbräuchliche Preisbildung oder die Schaffung von Markteintrittsbarrieren vorzuwerfen ist. Kurzfristig müsse man gewisse Marktpraktiken gesetzlich unterbinden dürfen, meint Häussler. Anderenfalls sieht er kaum eine Chance, dass die Biosimilars ihr Einsparpotenzial für die Kassen voll entfalten können – mit der Folge, dass sich die Hersteller eines Tages nicht mehr die Mühe machen werden, hochpreisige Biopharmazeutika nachzuahmen. Ein weiteres – in der Studie nicht angesprochenes – Instrument zur Förderung von Biosimilars wäre die Festlegung einer Quote, wie man sie bereits im Bereich der Importe kennt. Auch eine solche könnte man sich bei Sandoz gut vorstellen.

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