- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 49/2008
- Von der Milch über den ...
Ernährung aktuell
Von der Milch über den Brei zur Familienkost
Im ersten Lebensjahr durchläuft jedes Kind eine Reihe von entscheidenden Entwicklungsschritten. Auch die Ernährung unterliegt in dieser Lebensphase sehr starken Veränderungen. So steigt der Energiebedarf um mehr als Doppelte an und auch die meisten Nährstoffe werden in größeren Mengen benötigt [1] (Tab. 1). Viele Funktionen des Verdauungs-, Stoffwechsel- und Abwehrsystems befinden sich in den ersten Lebensmonaten noch in der Entwicklung, so dass die Ernährung bereits in diesem Alter langfristig metabolische und funktionelle Wirkungen auf den Organismus hat [2]. Für die Essfertigkeiten eines Kindes ist die neuromotorische Entwicklung entscheidend. Aus lebensmittelrechtlicher Sicht sind Säuglinge und Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr zu den Personengruppen mit besonderen Ernährungserfordernissen zu zählen, die in der deutschen Diätverordnung bzw. in EG-Richtlinien berücksichtigt werden [3].
Der Ernährungsplan für das erste Lebensjahr
Der Ernährungsplan für das erste Lebensjahr wurde vom Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (www.fke-do.de) auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Daten zum Energie- und Nährstoffbedarf dieser Altergruppe entwickelt. Der Plan setzt die Erkenntnisse in lebensmittel- und mahlzeitenbezogene Empfehlungen um. Dabei werden auch die Ernährungsgewohnheiten und das Lebensmittelangebot in Deutschland berücksichtigt.
Das erste Lebensjahr wird in drei ernährungs- und entwicklungsphysiologische Altersabschnitte eingeteilt. In den ersten vier bis sechs Monaten sollten Säuglinge ausschließlich Milchernährung erhalten, zwischen dem fünften und siebenten Lebensmonat wird Beikost eingeführt und ab dem zehnten Lebensmonat kann mit der Familienkost begonnen werden. Die angegebenen Zeitspannen berücksichtigen dabei die erhebliche interindividuelle Variabilität der Entwicklung der Kinder [3; 4]. Der Ernährungsplan eignet sich nicht nur für die normale Ernährung von Säuglingen, sondern auch – mit wenigen Modifikationen – für die Ernährung bei erhöhtem Allergierisiko und bei bestehenden Lebensmittelallergien [5].
Tab. 1: Empfehlungen für die Zufuhr an Nahrungsenergie und ausgewählten Nährstoffen für Säuglinge zwischen dem 5. und 12. Lebensmonat (DACH-Referenzwerte) | |||||||||||
Säuglinge |
Kcal/kg/d
m/w*
|
Kcal/d |
Fett, % der Energie |
Protein g/kg KG |
Vit. C
mg/d
|
Vit. D
µg/d
|
Ca mg/d |
Fe
mg/d
|
Zn
mg/d
|
Wasser
Getränke
ml/d
|
Wasser feste Nahrung |
5 – < 6 Monate |
90/91 |
700 |
35 – 45 |
1,3 |
55 |
10 |
400 |
8 |
2 |
400 |
500 |
6 – < 12 Monate |
90/91 |
700 |
35 – 45 |
1,1 |
55 |
10 |
400 |
8 |
2 |
400 |
500 |
Definition und gesetzliche Einordnung von BeikostBeikost bezeichnet alle speziell für Säuglinge (und Kleinkinder) hergestellten diätetischen Lebensmittel, die frühestens ab dem 5. Lebensmonat und spätestens ab dem 7. Lebensmonat die Ernährung mit Muttermilch bzw. Muttermilchersatzprodukten ergänzen sollen. Es empfiehlt sich, Beikostprodukte, die dem Ernährungsplan des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund entsprechen, auszuwählen und in der angegebenen Reihenfolge schrittweise zu verwenden. Sowohl für Säuglingsflaschennahrungen als auch für Beikostprodukte gelten besonders strenge gesetzliche Regeln in Bezug auf die Zusammensetzung, die Verwendung von Zusatzstoffen (Farb-, Geschmacks-, Konservierungsstoffe sind verboten), die bakteriologischen Anforderungen und Grenzwerte für Rückstände und Schadstoffe, die in der europäischen Union vereinheitlicht sind. Quelle: [7]
|
Einführung der Beikost bedeutet nicht Abstillen!
Es gibt mehrere Gründe, die für die Einführung der Beikost zwischen dem fünften und siebten Lebensmonat sprechen. Zum einen vertragen Kinder ab dem vollendeten vierten Monat allmählich auch andere Lebensmittel als Muttermilch bzw. Säuglingsmilchnahrung. Zum anderen steigt aufgrund der wachsenden Mobilität der Energie- und Nährstoffbedarf [6], so dass Milch spätestens ab dem vollendeten siebten Monat alleine nicht mehr zur Bedarfsdeckung ausreicht. Auch ist die neurophysiologische Entwicklung des Säuglings im vierten bis fünften Lebensmonat so weit fortgeschritten, dass der Saugreflex allmählich erlischt und die Löffelfütterung akzeptiert wird [3]. Nicht zuletzt brechen in dieser Zeit die ersten Zähne durch, sodass mit der Einführung von fester Nahrung begonnen werden kann [6].
Wird mit der Beikosteinführung schon vor dem fünften Lebensmonat begonnen oder sofort eine zu große Lebensmittelvielfalt angeboten, besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Allergie.
Für den Beginn mit Beikost haben sich Karotten bewährt. Wird – wie vereinzelt zu beobachten ist – eine allergische Reaktion gegenüber Karotten festgestellt, kann anderes nährstoffreiches Gemüse wie Brokkoli, Kohlrabi oder Pastinaken verwendet werden. Letzteres ist auch als Monoprodukt im Handel erhältlich. Aufgrund der kritischen Eisenversorgung in diesem Alter wird als erster Brei fleischhaltige Beikost empfohlen, da Hämeisen gut resorbierbar ist. Zudem fördern Fleisch sowie das durch Saftzugabe verfügbare Vitamin C die Eisenresorption aus pflanzlichen Lebensmitteln [3].
Mit der Beikost sollte nach und nach eine Milchmahlzeit durch einen Brei ersetzt werden, bis man bei drei Beikostmahlzeiten angelangt ist [3]. Gegen Ende des ersten Lebensjahres werden diese Breimahlzeiten dann durch Mahlzeiten der Familienernährung abgelöst [5].
Der Übergang von der Milch zur Beikost ist fließend. Breigaben bedeuten nicht, dass sofort komplett mit dem Stillen aufgehört werden sollte. Vielmehr sollten die Beikostmahlzeiten anfangs durch Stillen ergänzt werden. Auch sollte weiter teilgestillt werden, wenn das Kind die Fertigkeit entwickelt hat, aus dem Becher oder der Tasse zu trinken. Erst gegen Ende des ersten oder auch im Laufe des zweiten Lebensjahres nimmt die Bedeutung von Muttermilch als Lebensmittel ab.
Da in Deutschland Beikost in vernünftiger Zusammensetzung überall verfügbar ist, wird gegen Ende des ersten Lebensjahres das Trinken an der Brust meist eher durch das Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung als durch Hunger bestimmt. Die Nationale Stillkommission erteilt derzeit keine ausdrückliche Empfehlung, wann endgültig abgestillt werden sollte, weil sich für Deutschland zu diesem Thema keine wissenschaftlich begründete Basis finden lässt [7].
Das Baukastensystem der Mahlzeiten
Wie die Übersicht über die Lebensmittel in den verschiedenen Mahlzeiten der Beikost zeigt, werden nur wenige, aber nährstoffreiche Lebensmittel in aufeinander abgestimmten Mahlzeiten benötigt (Tab. 2). Dabei ergänzen sich die unterschiedlichen Nährstoffprofile der Beikostmahlzeiten zusammen mit den verbleibenden Milchmahlzeiten wie in einem Baukastensystem, so dass insgesamt eine Nährstoffzufuhr gewährleistet wird, die den Anforderungen an den Bedarf des wachsenden Kindes entspricht.
Tab. 2: Übersicht über die Lebensmittel in den verschiedenen Mahlzeiten der Beikost bei Selbstzubereitung. | ||
Erster Brei |
Zweiter Brei |
Dritter Brei |
Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei |
Vollmich-Getreide-Brei |
Getreide-Obst-Brei |
Selbstzubereitung | ||
90–100 g Gemüse
40–60 g Kartoffeln
30–45 g Obstsaft
8–10 g Öl
|
200 ml Milch
(Vollmilch oder Säuglingsmilch) 20 g Vollkorn-
Getreideflocken 20 g Obstsaft oder Obstpüree
|
20 g Vollkorn-Getreideflocken
90 g Wasser
(aufgekocht) 100 g Obstpüree
5 g Pflanzenöl
|
Der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei ist reich an Fett (bedingt durch den Ölzusatz), an Protein (Fleisch) sowie an Eisen, Zink und Vitaminen. Der Vollmilch-Getreide-Brei liefert Protein und Calcium. Schließlich wird durch den relativ proteinarmen Getreide-Obst-Brei eine unerwünscht hohe Proteinzufuhr und somit eine renale Überlastung verhindert.
Selber machen oder Gläschen kaufen
Beikost kann grundsätzlich selbst zubereitet oder in Form von industriell hergestellter Nahrung angeboten werden. Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen von industriell hergestellter Kost ist der äußerst geringe Schadstoffgehalt zu zählen. Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder sind diätetische Lebensmittel und unterliegen damit höheren Qualitätsansprüchen als Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs. Daher wird für diätetische Lebensmittel in der Regel auch auf den Einsatz von Pflanzenschutz-, Schädlingsbekämpfungs- und Vorratsschutzmittel verzichtet. Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs, die die Basis für die Selbstherstellung der Beikost darstellen, können dagegen je nach Herkunft mehr oder weniger stark mit Schadstoffen belastet sein. Allerdings werden in Deutschland auch diese Lebensmittel kontrolliert, so dass eine Selbstzubereitung von Beikost im Haushalt ausreichend sicher und unbedenklich ist.
Ein weiterer Vorteil der Gläschenkost ist die einfache und zeitsparende Zubereitung. Der Aufwand bei der Selbstzubereitung der Beikost ist deutlich höher. Dafür kann man bei der Eigenherstellung selbst bestimmen, welche Zutaten das Kind in welcher Menge erhält und insbesondere auf die Zugabe von Salz und Zucker bewusst verzichten. Auch ist der Geschmack von selbst hergestellten Breien gegenüber Gläschennahrung oft besser [8].
Problematisch kann bei der Selbstzubereitung der Beikost die Jodzufuhr sein: Lediglich 50% der Empfehlung (80 µg/d) werden durchschnittlich erreicht. Das liegt daran, dass den für Getreidemahlzeiten in der Regel verwendeten Vollkornflocken derzeit kein Jod zugesetzt wird. Industriell hergestellte Erzeugnisse enthalten dagegen Jodzusätze, so dass mit Gläschenkostbis zu 150% der Zufuhrempfehlungen erreicht werden [3].
Für gesunde Säuglinge im Alter der Beikosteinführung wird generell eine Supplementierung von Vitamin D und Fluorid empfohlen [3].
Tab. 3: Nährstoffsupplemente für gesunde reif geborene Säuglinge ab dem 5. Lebensmonat | |
Vitamin D (Rachitis-Prophylaxe) |
400-500 I.E. Vitamin D3
ab der 2. Lebenswoche während des 1. Lebensjahres und den
Wintermonaten des 2. Lebensjahres |
Fluorid (Karies-Prophylaxe) |
0,25 mg F/d (bei Trinkwasser/Mineralwasser < 0,3 mg F/l) in den ersten 3 Lebensjahren |
Gläschenkost: Oft zu wenig Fett und zu viel Zucker
In der Dortmunder Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study (DONALD) wurde gezeigt. dass heute fast alle Säuglinge in irgendeiner Form mit kommerzieller Beikost gefüttert werden. Wie bereits erwähnt, unterliegt diese Ernährungsform der Diätverordnung und somit strengen Qualitätsansprüchen. Im Regelfall orientieren sich die Ernährungspläne der Hersteller von Säuglingsnahrung am vorgestellten "Ernährungsplan für das erste Lebensjahr", wodurch die Auswahl aus dem großen Angebot erleichtert wird. Allerdings wird auf Fertigmahlzeiten oftmals ein früheres Einsatzalter angegeben als es der Ernährungsplan vorsieht. Auch die Zusammensetzung ist nicht immer optimal. So enthalten die Fertigmahlzeiten häufig Fettgehalte, die deutlich unterhalb der Empfeh-
lungen liegen (z. B. der reine Karottenbrei). Dann ist es sinnvoll, etwa einen Teelöffel (ca. 4 g) Öl pro Mahlzeit dazu zu geben. Dabei kommt von den gängigen Speiseölen Rapsöl mit seinem hohen Anteil an Ölsäure und dem ausgewogenen Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren den aktuellen präventivmedizinischen Empfehlungen am nächsten [3]. Aus Sicherheitsgründen sollte jedoch auf nicht-raffinierte Öle verzichtet werden, denn durch die Raffination werden unerwünschte Stoffe wie Schwermetalle, Pflanzenschutzmittelrückstände und Mykotoxine entfernt. Raffinationsbedingte Nährstoffverluste sind dagegen nur geringfügig, so dass die ernährungsphysiologische Qualität nicht beeinträchtigt wird.
Teilweise enthalten kommerzielle Beikostprodukte Süßungsmittel. Dies trifft insbesondere auf die Gruppe der Milch-Getreide-Breie zu. Neben Saccharose werden auch Maltodexrin, Glucose oder Fructose dazu gegeben. Auch alternative Süßungsmittel wie Honig, Ahornsirup, Apfeldicksaft oder Rohrohrzucker haben gegenüber herkömmlichen Süßungsmitteln keine Vorteile. Insgesamt sieht der "Ernährungsplan" überhaupt keine Süßungsmittel vor, da Zuckerzusätze nicht nur die angeborene Präferenz des Kindes für Süßes fördern, sondern mit den ersten Zähnen auch die Gefahr der Kariesbildung besteht [8]. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich heute die meisten Mütter für die Verwendung kommerzieller Beikost entscheiden. Daher hat das FKE sowohl für selbst hergestellte als auch für Gläschenkost ausführliche Hinweise formuliert, die in Broschüren und auf der der FKE-Internetseite nachzulesen sind. In der DONALD-Studie konnte gezeigt werden, dass es vor allem wichtig ist zu wissen, dass kommerzielle Beikostmahlzeiten in der Praxis häufig dem "Ernährungsplan" weniger als die selbst hergestellten Mahlzeiten entsprechen. So ist die Verteilung der Makronährstoffe noch verbesserungsbedürftig, etwa die zu knappe Fettzufuhr, der Anteil an Zuckerzusätzen und die z.T. zu hohe Proteinzufuhr. In Hinblick auf Vitamine und Mineralstoffe ist die Versorgungslage aufgrund von Anreicherungen mit wenigen Ausnahmen als befriedigend anzusehen [5].
Jetzt werden Getränke wichtig
Während der ausschließlichen Milchernährung in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten benötigt ein gesundes Kind keine zusätzliche Flüssigkeit. Ausnahmen sind Grenzsituationen mit Fieber, Appetitlosigkeit und starkem Schwitzen. Wenn festere Beikost eingeführt wird, sinkt der relative Wassergehalt der Nahrung. Ab dem zehnten Monat wird laut "Ernährungsplan" eine regelmäßige zusätzliche Flüssigkeitszufuhr von etwa 200 ml/d empfohlen. Dafür eignet sich am besten Leitungswasser (Trinkwasser), auch in Form von ungesüßten Kräuter- oder Früchtetee. Laut Trinkwasserverordnung sollte der Nitratgehalt maximal bei 50 mg/l liegen. Zusätzlich sollte bei alten Wasserleitungen, vorwiegend aus der Zeit vor 1970, der Bleigehalt im Haushalt kontrolliert werden. Ebenso kann auch Mineralwasser mit der Aufschrift "Für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet" verwendet werden [3].
Hinweise zur Auswahl von industriell hergestellter BeikostDamit der Säugling auch bei Verwendung von industriell hergestellter Beikost ausgewogen ernährt wird, sollte sich die Auswahl der Fertigprodukte an den Breien der Selbstzubereitung orientieren.
Quelle: [8]
|
Vom Brei zur Familienkost
Gegen Ende des ersten Lebensjahres gehen die Brei- und Milchmahlzeiten allmählich in die Haupt- und Zwischenmahlzeiten der Familienernährung über. Doch es müssen einige Dinge beim Übergang beachtet werden: Das Kind sollte zunächst keine kleinen, festen Lebensmittel wie Nüsse, Beeren oder Karottenstücke, die verschluckt werden können, erhalten. Auch von sehr fettreichen Lebensmitteln oder Zubereitungen wird abgeraten. Schließlich sollte das Kind sehr langsam an schwerverdauliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte herangeführt werden. Weiterhin besteht keine Notwendigkeit für spezielle Kinderlebensmittel, da diese ernährungsphysiologisch keinen Nutzen bringen. Auch aus Sicht der Ernährungserziehung sind sie nicht sinnvoll, da die Teilnahme der Kinder an den Familienmahlzeiten dadurch erschwert wird. Vielmehr eignet sich das Präventionskonzept der optimierten Mischkost, das den "Ernährungsplan" nahtlos ablöst [3]. Dieses Ernährungskonzept soll Inhalt der nächsten Folge unserer Serie "Basiswissen Kinderernährung" sein.
Fragen und Antworten
Abschließend sollen einige aktuelle Fragen zur Ernährung im zweiten Lebenshalbjahr beleuchtet werden.
1. Stellen Karotten am Beginn der Beikost ein erhöhtes Allergierisiko dar?
Im Hinblick auf die Prävention von Allergien wird diskutiert, ob Karotten, die als Zutat für den Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei empfohlen werden, zu einer Sensibilisierung von Säuglingen führen können. Insgesamt kann man sagen, dass Allergien gegen Karotten selten sind. Häufig sind davon ältere Kinder oder Erwachsene, die auch gegen Kräuter und Birkenpollen reagieren, betroffen. Gekochte Karotten, wie sie für die Beikost verwendet werden, weisen zudem ein geringeres allergenes Potenzial auf als rohe Karotten. Somit sind Karotten für die Beikostfütterung zu Beginn und im weiteren Verlauf zu empfehlen. Von Vorteil ist der leicht süßliche Geschmack, den die meisten Säuglinge gut akzeptieren. Zudem ist dieses Gemüse reich an Nährstoffen, insbesondere an β-Carotin. In Form von Monogemüse in Gläschen wird neben Karotten heute auch Kürbis und Pastinake angeboten. Bei Selbstzubereitung können auch andere Gemüsesorten, etwa Fenchel, Kohlrabi, Zucchini, Blumenkohl, Brokkoli oder Spinat verwendet werden [5].
2. Wie sind die neuen Beikostprodukte auf Milchbasis zu beurteilen?
Weiterhin stellt sich die Frage, wie Beikostprodukte auf Milchbasis, z. B. mit Joghurt, Quark, bzw. Frischkäse, zu beurteilen sind. Laut FKE werden diese Produkte nicht im "Ernährungsplan" vorgesehen und sind nicht erwünscht. Grund dafür ist der hohe Proteingehalt von Quark und Frischkäse. Im Durchschnitt erhalten Säuglinge mehr von diesem Nährstoff als empfohlen wird. Dies ist problematisch, denn eine hohe Proteinzufuhr belastet die Nieren und stimuliert die Insulinproduktion. Weiterhin gibt es Hinweise, dass eine hohe Proteinzufuhr im Säuglingsalter mit einem erhöhten späteren Adipositasrisiko in Zusammenhang steht. Ebenso nachteilig ist, dass diese Mahlzeiten andere vollwertige Beikostmahlzeiten des "Ernährungsplans" verdrängt und somit die Ausgewogenheit der Ernährung beeinträchtigt wird [5].
3. Ab welchem Alter können Kinder Vollmilch erhalten?
Die Gabe von Kuhmilch im ersten Lebensjahr wird vielschichtig diskutiert. So handelt es sich bei Kuhmilch um das Lebensmittel, das im Säuglingsalter am häufigsten Allergien auslöst. Daher sollten allergiegefährdete Säuglinge im ersten Lebenshalbjahr ausschließlich gestillt werden oder eine geeignete Hydrolysatnahrung erhalten. Alle anderen nicht gestillten Säuglinge sollten eine Säuglingsmilchnahrung mit adaptiertem Kuhmilchprotein erhalten. Insgesamt ist handelsübliche Trinkmilch als Muttermilchersatz in keinem Alter geeignet. Grund dafür ist, dass nicht modifizierte Kuhmilch erhebliche Nährstoffdefizite aufweist. Beispiele sind ein hoher Proteingehalt, fehlende Fettmodifikation sowie der fehlende Zusatz von Eisen und Jod. Außerdem wird durch Milch die Bioverfügbarkeit von Eisen aus den Mahlzeiten herabgesetzt. Wenn das Kind im Rahmen der Familienernährung die Milch aus einer Tasse trinkt, eignet sich herkömmliche Trinkmilch mit 3,5% Fett. So werden zu einer Brot-Milchmahlzeit 150 g herkömmliche Trinkmilch gegeben. Im Gegenzug dazu ist dies wesentlich weniger als bei einer reinen Milchmahlzeit für Säuglinge: dafür werden 250 g Säuglingsmilch benötigt. Allerdings bestehen keine Bedenken, wenn geringe Mengen Vollmilch in der Beikost enthalten sind [5].
Literatur[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE); Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE); Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung (SGE) (Hrsg.) (2000): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt/Main 1. Auflage. [2] Koletzko, B et al. (1998): Growth, development and differentiation: a functional food science approach. Brit J Nutr 80 [suppl 1]: S5 – S45.[3] Kersting, M. (2001): Ernährung der gesunden Säuglings – Lebensmittel- und mahlzeitenbezogene Empfehlungen. Monatsschrift Kinderheilkunde, 149:4 – 10, Springer-Verlag.[4] Forschungsinstitut für Kinderernährung: www.fke-do.de [5] Kersting, M; Alexy, U.; Rothmann, N. (2003): Fakten zur Kinderernährung. Hans Marseille Verlag GmbH München.[6] Elmadfa, I, Leitzmann, C (2004): Ernährung des Menschen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 4., korrigierte und aktualisierte Auflage.[7] Nationale Stillkommission: www.bfr.bund.de[8] Alexy, U. & Kersting, M. (1999): Was Kinder essen – und was sie essen sollten. Hans Marseille Verlag GmbH München.
Anschrift der Verfasserin Katja Aue katjanaaue@gmx.de
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.