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Wie sich der Apothekenmarkt verändert

Peter Ditzel

Ganz unabhängig davon, wann und wie der Europäische Gerichtshof über das Fremdbesitzverbot entscheiden wird: Wer seine Augen aufmacht, sieht, dass sich der Apothekenmarkt bereits verändert hat und kontinuierlich weiter verändert. Noch vor etwa zehn Jahren sah unsere Apothekenlandschaft vollkommen anders aus. Es gab beispielsweise keinen Versandhandel mit Arzneimitteln. Seine Zulassung in Verbindung mit der Freigabe der OTC-Preise war ein Startschuss für eine Reihe von Folgeveränderungen wie Preiswettbewerb unter Apotheken und Apothekenkonzepte wie Discount-Apotheken. Erst der Versand und die frei kalkulierbaren Preise führten dazu, dass sich Drogeriemarktketten für das OTC-Geschäft interessierten. In Zusammenarbeit mit Versandapotheken versuchen sie seitdem, im OTC-Geschäft mitzumischen. Beispiele hierfür sind die Drogeriemarktkette Rossmann, die mit der "Deutschen Internet-Apotheke" kooperiert. Oder der dm-Drogeriemarkt, der seine Rezeptsammelstelle mit der niederländischen "Europa-Apotheek" in Venlo abwickelt.

Während dm nicht sonderlich erfolgreich zu sein scheint und Rossmann unlängst sogar verlauten ließ, dass man im Arzneimittelgeschäft wohl keine allzu großen Erfolge erzielt und das Arzneigeschäft eher fürs Image mitlaufen lässt, versucht nun der schwäbische Drogeriediscounter Schlecker sein Image mit Arzneimitteln aufzupolieren. Im Gegensatz zu Rossmann oder dm geht Schlecker allerdings einen anderen Weg: Das Ehinger Familienunternehmen mit mehr als 10.000 Filialen und einem Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro fackelt nicht lange und baut einen eigenen Arzneimittelgroßhandel und eine eigene Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden auf. Das hat eine andere Qualität, da steckt mehr Power dahinter. Dennoch liest man Äußerungen von Firmenchef Anton Schlecker, wonach man erst einmal "im Apothekengeschäft lernen" möchte, da der Apothekenmarkt schwierig sei. Mal vorsichtig in die Zukunft gesehen: Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass eine Schlecker-Versandapotheke das große Erfolgsmodell ist. Der Bestellvorgang per Telefon, Fax oder Internet ist umständlich. In den Filialen selbst kann, wie zu lesen war, keine Bestellung aufgegeben werden. Eine Beratung findet dort ebenfalls nicht statt, sondern nur übers Telefon. Und die OTC-Preise bei Schlecker werden wohl so überwältigend günstig nicht sein, jedenfalls nicht besser als man sie heute schon bei Versandapotheken findet.

Verändert hat sich in den letzten Jahren auch die Zusammenarbeit von Apotheken unter dem Dach von Kooperationen oder Franchise-Modellen. Mittlerweile gibt es in Deutschland nahezu 40 verschiedene Kooperationen, teils regional, teils überregional mit unterschiedlichster Ausrichtung. Während die einen nicht mehr als eine bessere Einkaufsgemeinschaft darstellen, sind die anderen bereits nahe an einer Kette dran. Dazwischen finden sich alle möglichen Spielformen. Etwa 50 bis 70 Prozent aller Apotheken, so die Schätzungen, glauben, dass sie es alleine nicht schaffen und haben sich einer Kooperation (oder sogar mehreren Kooperationen) angeschlossen.

Die nächste große Veränderung steht nun mit dem Spruch des Europäischen Gerichtshofs ins Haus, die Entscheidung zum Fremdbesitzverbot. Interessierte Kreise glauben schon heute zu wissen, wie die Entscheidung aussieht. Den Tatsachen entspricht dies nicht.

Allerdings verunsicherte in der vergangenen Woche die Meldung, dass die EU-Kommission nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat wegen des Mehrbesitzverbots. Man vermutete, dass Brüssel von interessierten Kreisen darauf aufmerksam gemacht worden war, dass beim anstehenden EuGH-Urteil nur das Fremdbesitzverbot zur Disposition steht, nicht aber das Mehrbesitzverbot. Falls die Bundesrepublik das Mehrbesitzverbot nicht im Sinne der EU-Kommission beseitigen wird, dürfte auch dieses Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Letztlich sind also Entscheidungen in Sachen Fremd- und Mehrbesitzverbot zu erwarten.

Dennoch, einen Grund, in Lethargie zu verfallen, gibt es für eine aktive Apotheke nicht. Selbst wenn Ketten zugelassen würden, bedeutete dies für Deutschland nicht, dass das Land mit Ketten überzogen wird. Meine Prognose: Kettenbetreiber kaufen einige wenige Apotheken oder gründen an lukrativen Standorten einige neue. Die meisten Apotheken allerdings würden in Kooperationen weiterarbeiten und einige, nicht zu wenige, blieben starke und große Individualapotheken. Ein Blick in unser Nachbarland Schweiz zeigt es: Dort fand vor etwa zehn Jahren ein ähnlicher Umbruch statt, wie er sich heute bei uns ereignet. Das Ergebnis in der Schweiz heute: etwa 22 Prozent der Apotheken sind in Ketten organisiert, 21 Prozent in Kooperationen und 57 Prozent sind Einzelapotheken. Der Trend: die Einzelapotheken nehmen noch leicht ab, meistens zugunsten der Kooperationen, Ketten wachsen sehr langsam.

Mein Fazit: Bleiben oder werden Sie eine aktive Apotheke! Und lassen Sie sich nicht bange machen vor den Kettenwölfen. Da wird mehr geheult als gebissen.


Peter Ditzel

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