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Fortbildungskongress
Jedes Jahr ist ein Influenza-Jahr mit Pandemiegefahr
Für die Vermehrung von Influenzaviren sind die Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase von entscheidender Bedeutung. Das Hämagglutinin ermöglicht es den Viren, an die Wirtszelle anzudocken und damit in die Zelle zu gelangen. Damit die in der Zelle neu gebildeten Viren diese wieder verlassen können, ist die Neuraminidase notwendig. Aufgrund von Punktmutationen unterliegen die Antigene ständig kleineren Veränderungen (Antigendrift), die zum Verlust einer schon erworbenen Immunität führen können. Die Entstehung eines völlig neuen Subtyps, der durch Austausch von genetischem Material beispielsweise eines menschlichen Influenza-Virus mit einem Vogelgrippevirus entsteht (Reassortment), bezeichnet man als Antigenshift.
Voraussetzung für die Entstehung einer Influenza-Pandemie ist das Vorliegen einen neuen Subtyps, der leicht von Mensch zu Mensch übertragen wird und gegen den keinerlei Immunität vorliegt. Zwei Voraussetzungen für eine neue Pandemie sind schon erfüllt: ein neuer Subtyp in Form des Vogelgrippe-Virus H5N1 ist schon da. Dagegen besitzen wir keine Immunität. Was uns bislang vor einer Pandemie geschützt hat, so Weinke, ist die schlechte Übertragbarkeit dieses Virus auf den Menschen.
So viele Tote wie im Straßenverkehr
Doch auch normale, durch Antigendrift ausgelöste Grippewellen sind nicht harmlos. In Deutschland versterben daran etwa 5000 bis 10.000 Menschen pro Jahr. Damit liegt die Zahl der Todesfälle in der gleichen Größenordnung wie die der Menschen, die im Straßenverkehr umkommen. Ob eine durch Influenzaviren ausgelöste Grippe tödlich verläuft, hängt entscheidend von der Komorbidität und dem Alter der Patienten ab. In der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen versterben etwa 9% der Patienten, bei den 71- bis 79-Jährigen überlebt etwa ein Viertel der Betroffenen die Erkrankung nicht, bei den über 80-Jährigen endet jede zweite Influenza-Infektion tödlich. Da eine Impfung gegen Influenza den besten Schutz bietet, sollten alle über 60-Jährigen geimpft werden, darüber hinaus alle chronisch Kranken und Personen mit erhöhter Gefährdung, zu denen medizinisches Personal und Personen in Einrichtungen mit hohem Publikumsverkehr zählen. Geimpft wird einmal pro Jahr, bevorzugt in den Monaten September, Oktober und November. Mit einem Impfschutz ist etwa 14 Tage nach der Impfung zu rechnen. Er hält etwa ein halbes Jahr an. Wer sich jedes Jahr impfen lässt, scheint durch einen Boostereffekt von einem verbesserten Impfschutz zu profitieren.
Mit den antiviralen Wirkstoffen Oseltamivir und Zanamivir kann nach erfolgter Infektion versucht werden, den Vermehrungszyklus der Viren zu stoppen. Beide Substanzen hemmen die für den Austritt der Viren notwendige Neuraminidase und sind so in der Lage, den Erkrankungsverlauf zu mildern. Das gelingt jedoch nur, wenn sie innerhalb der ersten 48 Stunden nach Symptombeginn eingesetzt werden.
Resistenzen gegen Oseltamivir
Zwar scheinen Resistenzbildungen gegen die Neuraminidasehemmer seltener zu sein als gegen Amantadin und Rimantadin, doch sind sie nicht auszuschließen. Überwacht wird die Resistenzentwicklung in Europa von dem Europäischen Zentrum für Krankheitsprävention und Kontrolle ECDC. Es verzeichnet für die aktuelle Saison 2007/2008 einen auffallend hohen, von Land zu Land jedoch unterschiedlichen Anteil von Influenza H1N1-Viren, die aufgrund einer genetischen Mutation resistent gegen Oseltamivir sein können. In Norwegen wiesen 12 von 16 Proben (75%) der aktuell zirkulierenden Influenzaviren diese Mutation auf, in Deutschland sieben von 52 Proben (13%) (Stand 30.1.2008). Das Robert Koch-Institut verweist darauf, dass diese Varianten sehr gut von dem derzeitigen Impfstoff erfasst werden und empfindlich gegenüber Amantadin und Zanamivir sind.
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