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ADEXA Info
Bei Hochzeit oder Todesfall …
Nein, das ist nicht richtig. Zwar gab es bis Ende 2004 im Tarifvertrag eine Regelung, wie viele Tage Sonderurlaub jedem Mitarbeiter für bestimmte Ereignisse wie z. B. Hochzeiten oder Todesfälle zustehen. Zum 1. Januar 2005 ist diese Regelung gestrichen worden. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Angestellten jetzt keinen Anspruch mehr auf bezahlte Freistellung haben. Die Ansprüche sind im Wesentlichen die gleichen geblieben, allerdings auf einer anderen Rechtsgrundlage. Ohne die tarifliche Sonderregelung gilt hier die Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):
§ 616 BGB
Vorübergehende Verhinderung
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
Diese zugegebenermaßen etwas umständliche Formulierung im Juristendeutsch will Folgendes sagen: Wem es aus bestimmten tatsächlichen oder sittlich moralischen übergeordneten Gründen nicht zugemutet werden kann, seine Arbeitsleistung zu erbringen, hat trotzdem Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Dabei muss es sich um persönliche Hinderungsgründe handeln, also um Gründe aus der Sphäre des einzelnen Arbeitnehmers.
Auch diese Umschreibung ist natürlich so wenig konkret, dass die Arbeitsgerichte vielfach angerufen worden sind, hier Entscheidungen zu treffen. Das Ergebnis ist, dass es jetzt eine Reihe von Tatbeständen gibt, für die eine (bezahlte) Freistellung feststeht. Hier die wichtigsten Anlässe:
- Familiäre Anlässe
Zu den familiären Anlässen gehören die eigene Hochzeit, die Hochzeit eines Elternteils, die Goldene Hochzeit der Eltern, Hochzeit der Kinder, Erstkommunion und Konfirmation der Kinder sowie Begräbnisse im engen Familienkreis (Eltern, Kinder, Geschwister oder nahe Angehörige, die im selben Haushalt leben).
- Persönliche Unglücksfälle
Bei Einbruch, Überfall, Verkehrsunfall besteht ein Freistellungsanspruch.
- Arztbesuche
Ein Freistellungsanspruch besteht dann, wenn die Notwendigkeit für den Arztbesuch zu gerade diesem Termin medizinisch notwendig war. Die Regel lautet hier: Ein Arbeitnehmer muss seine Arzttermine grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit legen. Wenn dies nicht möglich ist, weil z. B. ein Spezialist aufgesucht werden muss, der nur bestimmte Sprechstunden hat oder eine Untersuchung zu einer bestimmten Uhrzeit stattfinden muss, dann muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter freistellen.
- Pflege naher Angehöriger
Eine persönliche Leistungsverhinderung besteht auch dann, wenn nahe Angehörige unerwartet erkranken und der Arbeitnehmer hier sittlich moralisch zur Pflege verpflichtet und eine andere Möglichkeit nicht realisierbar ist. Dies betrifft in erster Linie die Pflege erkrankter Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, hier ist der elterliche Einsatz zwingend geboten.
Voraussetzung ist allerdings immer, dass es sich nur um einen unerheblichen Zeitraum handelt. Auch dies ist natürlich wieder eine sehr weite Formulierung, mit der man im Einzelfall nicht viel anfangen kann. Bei den Ansprüchen, die sich aus einem bestimmten Anlass ergeben (z. B. die eigene Hochzeit) besteht der Anspruch auf die Freistellung für die unumgänglich notwendige Zeit (also bei der Hochzeit im Regelfall ein Tag für das Standesamt und ein Tag für die kirchliche Trauung).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Freistellungsanspruch nicht um Urlaubstage handelt, die man unabhängig von Arbeitszeiten erhält. Wer an einem Samstag heiratet, an dem sie/er gar nicht arbeiten muss, muss keinen zusätzlichen freien Tag als Ersatz bekommen. Auch die Goldene Hochzeit während des eigenen Osterurlaubs löst keinen Extratag aus.
Fazit: Es hat sich für beide Seiten nicht wirklich viel geändert. Der Arbeitnehmer hat weiterhin einen Anspruch darauf, für wichtige Ereignisse bei voller Bezahlung freigestellt zu werden! Im Zweifel sollten sich ADEXA-Mitglieder an die Rechtsberatung wenden.
Minou Hansen, RAin
ADEXA, Justiziariat
AusbildungsvergütungDas Bundesarbeitsgericht hat am 19. Februar über die Angemessenheit von Ausbildungsvergütungen entschieden. Im vorliegenden Fall wurde eine Auszubildende im Krankenpflegebereich ca. 35 Prozent unter Tarif bezahlt. Für die Angemessenheitskontrolle gelten die Grundsätze, die das BAG zum heutigen § 17 Abs. 1 Bundesbildungsgesetz (BBiG) entwickelt hat: Unterschreitet die vereinbarte Ausbildungsvergütung nicht tarifgebundener Parteien das Tarifniveau um mehr als 20 Prozent, ist sie nur ausnahmsweise angemessen. Ausnahmen können z. B. angenommen werden, wenn Ausbildungsplätze für Personengruppen geschaffen werden, die sonst nur unter erheblichen Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz finden könnten, und die Ausbildung teilweise oder vollständig durch öffentliche Gelder finanziert wird. Ein enges Budget kann dagegen nicht verantwortlich gemacht werden! Das BAG dazu: "Eine angemessene Ausbildungsvergütung orientiert sich nicht an einem Budget, sondern ist bei der Festlegung des Budgets zu berücksichtigen." BAG, Urteil vom 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 |
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