Gesundheitspolitik

Ringen um Aut-idem-Regelung

Herstellerverbände gegen extensive Auslegung

Berlin (ks). Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will im Rahmen der Aut-idem-Substitution die größtmögliche Austauschbarkeit bei wirkstoffgleichen Arzneimitteln gewährleisten. In einem Musterschreiben zum Anwendungsbereich der Aut-idem-Regelung vertritt es die Auffassung, dass ein Arzneimittel immer dann gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel mit unterschiedlichen Anwendungsgebieten austauschbar ist, wenn eines seiner Anwendungsgebiete dem gemeinsamen Indikationsbereich angehört.

Die vier großen Pharmaverbände – BAH, BPI, VFA und Pro Generika – sprechen sich dagegen strikt gegen eine derart extensive Auslegung aus. Das BMG hat den GKV-Spitzenverband und den Deutschen Apothekerverband (DAV) dazu aufgefordert, den Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V in seinem Sinne zu modifizieren. Die Pharmaverbände schlagen nun Alarm und bitten den Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder in einem gemeinsamen Schreiben, darauf hinzuwirken, dass die arzneimittel- und sozialrechtlichen Vorgaben bei der laufenden Überarbeitung des Rahmenvertrages strikt beachtet werden.

In ihrem Schreiben vom 10. März führen die Verbände aus, dass das Tatbestandsmerkmal „Indikationsbereich“ in § 129 Abs. 1 Satz 2 SGB V deckungsgleich mit dem arzneimittelrechtlichen Terminus „Anwendungsgebiet“ in § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 lit. a) AMG sei und damit kein Anknüpfungspunkt für die differenzierende Betrachtung des BMG biete. Nach Auffassung der Verbände ist die sozialrechtlich geregelte Austauschbarkeit nur in dem Rahmen zulässig, den die arzneimittelrechtliche Zulassung absteckt. Sie weisen darauf hin, dass eine flexiblere Austauschpraxis unter Beachtung des Kriteriums „gleicher Indikationsbereich“ nur dann möglich wäre, wenn der Apotheke die Diagnose/Indikationsstellung des Arztes bekannt sei. Doch über diese Information verfüge die Apotheke nicht.

Haftungsprobleme für Arzt und Apotheker

Der Austausch eines Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel, das für eine geringere Anzahl von Anwendungsgebieten zugelassen sei als das zu substituierende Arzneimittel, könne ferner auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum legalen Off-Label-Use gestützt werden. Darüber hinaus verstoße die BMG-Auffassung gegen wesentliche Eckpunkte des Unterlagenschutzes bzw. des Patentschutzes. Nicht zuletzt führe sie zu gravierenden haftungsrechtlichen Problemen für Ärzte und Apotheker.

Der GKV-Spitzenverband und der DAV haben das gemeinsame Verbändeschreiben zur Kenntnis erhalten. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob und gegebenenfalls wie die Vertragspartner die rahmenvertraglichen Bestimmungen zur Aut-idem-Regelung ändern werden. Hiervon hänge das weitere Vorgehen der Arzneimittel-Hersteller ab, hieß es beim BAH.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.