Management

Emotionales Führungsmanagement in der Apotheke

Führen mit Herz und Verstand – mit Emotionen und Werten

Der Apotheker und sein Team sollen den gesamten Kundenbetreuungsprozess emotionalisieren, den Kunden begeistern, ihn emotional bewegen. Angesichts der derzeitigen Krisenstimmung kein leichtes Unterfangen. Damit die Mitarbeiter zu diesem Emotionalisierungsprozess in der Lage sind, ist es notwendig, dass der Apotheker mit Herz und Verstand, mit Emotionen und Sachargumenten führt und seine Führungsarbeit mit einem Wertemanagement begleitet.

Die Stimmung nähert sich dem Gefrierpunkt, die Arbeitsplätze sind gefährdet, die Kunden in der Apotheke mies gelaunt – und dann soll das Apothekenteam die Freude und die Motivation aufbringen, den Kunden in der Beratung nicht nur zu überzeugen, sondern überdies zu begeistern. So mancher fühlt sich vielleicht an einen deftigen Ausspruch erinnert, der Martin Luther zugeschrieben wird – der Reformator soll gesagt haben: "Aus einem traurigen Arsch fährt nie ein fröhlicher Furz." Wie soll ein gestresster und in Sorgen versinkender Mitarbeiter Kunden begeistern?

Führen mit Herzblut

Was heißt das für die Mitarbeiterführung? Der Apotheker baut nach wie vor eine Zielvereinbarungskultur auf, legt mit den Mitarbeitern im Konsens konkrete Ziele fest und leitet daraus Aktivitäten ab, die der Zielerreichung dienen. Und er überprüft die Zieleinhaltung. Er soll und muss mit Verstand führen – aber zudem mit Herzblut, mit Gefühlen, mit Emotionen. Denn Menschen engagieren sich mehr, wenn sie die Sinnhaftigkeit dessen, was sie tun, einsehen und wenn sie etwas mit Spaß und Freude ausführen können. Die Führungskunst besteht darin, die Mitarbeiter von lediglich Betroffenen zu emotional Beteiligten zu entwickeln.

Also: Ob Teammeeting oder Mitarbeitergespräch – der Apotheker stellt den Zusammenhang her zwischen Mitarbeiteraufgabe und Apothekenvision, weiß er doch, dass die Mitarbeiter motivierter zu Werke gehen, wenn sie wissen, dass ihre Tätigkeit durch einen übergeordneten und fundamentalen Zweck einen tieferen Sinn erhält. Wer im Dienste der Verwirklichung einer Vision arbeitet, lässt sich auch beim zehnten Kunden hintereinander, der sich im Frei- und Sichtwahlbereich alles ausführlich zeigen und erläutern lässt, aber dennoch nichts kauft, keinesfalls entmutigen. Und wenn auf diese Weise auch noch Arbeitsplatz und Gehalt erhalten werden: umso besser!

Rosarote Wahrnehmungsbrille absetzen

"Wenn wir alle die Ärmel hochkrempeln und jeder seine Aufgaben bestmöglich erfüllt, dann bauen wir strategische Wettbewerbsvorteile auf und stellen unsere Kunden zufrieden. Und unsere Apotheke steht in zwei Jahren glänzend dar, nämlich …" Der Apotheker sollte sich nicht scheuen, die Zukunft der Apotheke in leuchtenden Farben zu malen, in einer bildhaft-eingängigen Sprache zu visualisieren und im Kopf der Mitarbeiter einen emotionalen Kinofilm zu starten.

Allerdings: Dies darf kein Aufruf zur Wahrnehmung der Realität durch die rosarote Brille sein. Denn natürlich muss eine ausformulierte und glaubwürdige Apothekenvision vorliegen, das ist Voraussetzung. Und diese Vision muss durch die Realität abgedeckt sein. Denn ansonsten handelt es sich um eine Utopie, die die Mitarbeiter – und den Apotheker – nur blendet und täuscht.

Keine Angst vor großen Gefühlen

Emotionales Führungsmanagement: Dies widerspricht dem Selbstverständnis vieler Führungskräfte, denen es unangemessen erscheint, Gefühle gegenüber den Mitarbeitern zu zeigen oder bei ihnen Emotionen zu wecken. Gerade wenn dies der Fall ist, sollte der Apotheker folgende Hinweise beherzigen:

  • Tipp 1: Keine Zielvereinbarung ohne emotionale Verknüpfung. Der Apotheker führt mit Zielen, Zahlen, Daten, Fakten – und mit Herz und Emotionen. Es geht nicht darum, eine Zielvereinbarung mit Gefühlen zu überzuckern und in Watte zu verpacken. Jedoch: Er berücksichtigt das emotionale Warum und erarbeitet mit dem Mitarbeiter die Konsequenzen einer Zielerreichung – auf der beruflichen und auf der privat-persönlichen Ebene.
  • Tipp 2: Seele statt Packeis. Der Apotheker betrachtet den Mitarbeiter nicht als Rädchen im Getriebe, das zu funktionieren hat, sondern als eigenständiges Individuum. Er begegnet ihm als Vorgesetzter – aber auf Augenhöhe, wenn es um die Festlegung von Zielen und Aktivitäten geht. Er räumt ihm wo immer möglich ein Mitspracherecht ein.
  • Tipp 3: Ziel ist es, die Zustimmung des Mitarbeiters zu erhalten und eine persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen: "Wie haben Sie sich beim letzten Kundengespräch gefühlt?", "Wie ist das Kundengespräch abgelaufen? Welche Konflikte gab es?" Und: "Wie haben Sie es geschafft, diesen schwierigen Kunden zu überzeugen?" Möglich sind an dieser Stelle auch Fragen, die das Privat-Persönliche berühren.
  • Tipp 4: Der Apotheker berücksichtigt bei seiner Führungsarbeit das emotionale So-Sein seiner Mitarbeiter: Der dominante Feuerkopf will anders geführt, motiviert und kritisiert werden als der scheu-schüchterne Beziehungsmanager oder der intellektuell angehauchte Sachtyp. Er führt also strikt mitarbeiterbezogen und stimmt die Emotionalisierung der Mitarbeiter auf den jeweiligen Mitarbeitertypus ab.
  • Tipp 5: Der Apotheker nutzt die "Was wäre, wenn …"-Frage: "Was wäre, wenn Ihr größter (beruflicher) Wunsch in Erfüllung ginge? Beschreiben Sie das bitte einmal." Jetzt kann er Themen zur Sprache bringen, von denen er weiß, dass sie seitens des Mitarbeiters emotional besetzt sind und ihn begeistern.

Natürlich muss der Apotheker immer wieder den Sprung zurück ins sachlichere Fahrwasser schaffen. Die Emotionalisierung dient der Verstärkung des Engagements und der Motivation des Mitarbeiters, seinem emotionalen Beteiligtsein. Die so entfachte Begeisterung mündet jedoch immer in die Festlegung und Vereinbarung konkreter Aktivitäten ein.

Führen mit Werten

Natürlich ist für jeden Mitarbeiter – und für den Apotheker – auch wichtig, was am Ende des Tages finanziell übrig bleibt. Der materielle Aspekt muss stimmen. Die meisten Menschen aber sind leistungsfähiger und vor allem leistungsbereiter, wenn sie spüren und wissen, dass der Chef sie ernst nimmt, respektiert, wertschätzt und ihnen vertraut. Und darum sollte der Apotheker etwa bei der Mitarbeiterbewertung nicht nur quantitative, sondern zugleich qualitative Aspekte berücksichtigen und mit Werten wie eben Wertschätzung und Vertrauen führen.

Ein Beispiel: Welcher Mitarbeiter ist schätzenswerter? Derjenige, der immer Topp-Ergebnisse bringt, aber das "Geheimnis des Erfolgs" für sich behält? Oder der, der sein Wissen ans Team weitergibt, jedoch nicht kontinuierlich die besten Ergebnisse aufzuweisen hat? Zumindest sollte der Apotheker bei seiner Führungsarbeit beide Seiten der Medaille beachten und die Mitarbeiter auch darüber informieren, dass es ihm nicht allein um die Erreichung quantitativer Ziele geht.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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