Gesundheitspolitik

Viel Unterstützung für "Stoppt die eCard"

Aktionsbündnis will die Öffentlichkeit besser über Gefahren aufklären

Berlin (ks). Zu einem Stopp des Rollouts der elektronischen Gesundheitskarte in Nordrhein sowie einer völligen Neukonzeption des gesamten Projektes hat am 23. April in Berlin das Aktionsbündnis "Stoppt die eCard" aufgerufen. Unterstützung erhielten die 47 in dem Bündnis vereinten Organisationen von den gesundheitspolitischen Sprechern der FDP- und der Links-Fraktion im Bundestag, Daniel Bahr und Frank Spieth. Zudem hat das Bündnis in Arztpraxen und online bereits mehr als 630.000 Unterschriften gegen die eCard gesammelt.

Bekanntlich sollte die elektronische Gesundheitskarte bereits 2006 eingeführt werden. Tatsächlich liefen im Dezember 2006 erste Tests in einzelnen Regionen an. Dabei zeigten sich eine ganze Reihe von Problemen. Insbesondere machte es Ärzten wie auch Versicherten Schwierigkeiten, sich ihre sechstelligen PIN-Nummern zu merken. Dennoch: Nun ist der Rollout von der Region Nordrhein aus angelaufen und es zeigen sich bereits die nächsten Probleme. Denn bevor es losgehen kann, müssen die Ärzte und Psychotherapeuten mit Lesegeräten versorgt werden – und die wollen offenbar nicht mitspielen. Von den mehr als 15.000 Ärzten in Nordrhein hätten bislang lediglich 130 die nötigen Lesegeräte installiert, erklärte die Sprecherin des Aktionsbündnisses, die Hamburger Ärztin Silke Lüder. Und das, obwohl sie für die Anschaffung und Installation der Geräte bis Ende Juli Erstattungspauschalen bekommen, die über dem tatsächlichen Beschaffungswert liegen. Dennoch geht es nur schleppend voran. Ab August sollen dann die neuen Karten an die Versicherten der Region Nordrhein ausgegeben werden. Sie werden zunächst – außer einem Lichtbild – keine weiteren Funktionen, als die bisherige bieten.

Knackpunkt: Zentrale Datenspeicherung

Im Aktionsbündnis ist man überzeugt, dass die meisten Versicherten noch gar nicht wissen, was mit der eCard auf sie zukommt. Dass sie in Umfragen immer wieder eine positive Einstellung äußern, liege daran, dass die Versicherten in der Regel gar nicht wüssten, dass ihre sensiblen Daten nicht auf der Karte selbst, sondern auf zentralen Servern abgespeichert würden, sagte der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus. Und diese zentrale Speicherung gehört zu einem der Hauptkritikpunkte der Bündnispartner. Zu groß seien die Begehrlichkeiten in der Gesundheitswirtschaft sowie die Missbrauchsgefahr, betonte Lüder. "Medizindaten gehören ausschließlich in die Hand der Versicherten mit wirklich dezentralen Lösungen", betonte die Bündnis-Sprecherin. Dies könnte etwa mit USB-Sticks geschehen, wie es auch der Deutsche Ärztetag fordert. Das Wichtigste ist aus Sicht des Bündnis nun, eine öffentliche Diskussion anzustoßen und eine Denkpause einzulegen, forderte Lüder. Die Grundstrukturen des Milliardenprojekts müssten völlig geändert werden, bevor es zu spät ist.

Bei der Opposition im Bundestag treffen die Forderungen auf offene Ohren. Die FDP hat bereits Ende 2008 einen Antrag zu einem Moratorium für die eCard gestellt. "Ein Durchpeitschen des Projektes kann auch nicht im Interesse der Befürworter sein", betonte Bahr. Die eCard könne nur dann ein Erfolg sein, wenn sie bei allen Beteiligten auf Akzeptanz treffe. Und damit das so ist, sind aus Sicht der FDP noch eine ganze Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen. Für die Linksfraktion, in der sich sowohl Gegner wie auch Befürworter der eCard finden, ist – wie auch für die Liberalen – die Freiwilligkeit der Anwendungen von höchster Bedeutung. Zudem fordert sie, eine kommerzielle Nutzung der Patientendaten durch sogenannte "Mehrwertdienste" auszuschließen. Es müsse gewährleistet sein, dass weder staatliche Stellen noch gewinnorientierte Unternehmen Zugriff auf die Gesundheitsdaten der Patienten haben, betonte Spieth. Dies funktioniere nur mit dezentralen Speichern. Die Zusage an die Ärzte, eine Lösung über USB-Stick zu testen, müsse daher dringend eingehalten werden, so Spieth.

Datenschützer warnt vor kommerziellen Angeboten

Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, bleibt in seinem vergangene Woche vorgestellten Tätigkeitsbericht 2007/2008 ebenfalls dabei, dass bei der eCard der Grundsatz "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit" gelten müsse. Er ist aber soweit zufrieden mit den sich abzeichnenden Entwicklungen. Allerdings werde "noch einige Zeit verstreichen", bis die freiwilligen Anwendungen der Karte genutzt werden können – etwa die Arzneimitteldokumentation. Jahre dürfte es laut Schaar noch dauern, bis die "Königsdisziplin" – die elektronische Patientenakte – verfügbar ist. Zugleich warnt der Datenschutzbeauftragte vor elektronischen Gesundheitsakten, die kommerzielle Konkurrenzanbieter schon jetzt auf den Markt gebracht haben. Hier sei häufig unklar, wie die hochsensiblen Gesundheitsdaten vor unberechtigten Zugriffen effektiv geschützt werden könnten.

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